«Wenn es um Geldwäscherei geht, wird in der Schweiz stets nur das absolute Minimum umgesetzt, das man aufgrund von Druck aus dem Ausland zwingend machen muss», sagte der frühere Leiter der Schweizer Meldestelle für Geldwäscherei(MROS) in einem Interview in den Tamedia-Zeitungen von Montag. Für einen Autokraten, der die Rechtshilfe unterbinden könne, sei die Schweiz eines der sichersten Länder für sein Geld. Denn ohne Rechtshilfe eines Staates könne die Schweiz keine Gelder einziehen.

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Ein Regime kontrolliere auch das Justizsystem. Es werde nicht mögliche Beweise für Korruption in die Schweiz schicken, wenn eigene Leute in den Fall verwickelt seien. «Aber ohne Beweise können die Schweizer Staatsanwälte die Geldwäscherei nicht verfolgen. Der Fall wird eingestellt.» Bei Verurteilungen wegen Geldwäscherei handle es sich vor allem um Kleinstfälle. «Die grossen Geldwäscher bleiben häufig unangetastet», sagte Thelesklaf.

Der Bund und die drei Kantone Zürich, Genf und Tessin hätten 2015 zusammen 190 Millionen Franken beschlagnahmt. Im selben Jahr meldeten die Banken aber 25-mal mehr verdächtige Vermögen, nämlich 4,8 Milliarden Franken, so Thelesklaf. Seit 2016 meldeten sie sogar zwölf bis 17 Milliarden Franken pro Jahr. "Die Schweizer Behörden können also nur einen winzigen Bruchteil der gemeldeten Gelder einziehen."

Beweislastumkehr gefordert

Thelesklaf fordert daher eine Beweislastumkehr. «Wenn der Sohn eines Ministers aus einem korrupten Land 50 Millionen in die Schweiz bringt, und das auch noch versteckt hinter Offshore-Firmen, dann müssen wir sagen können: Bitte beweis uns, dass du dieses Geld legal erworben hast.»

Und wenn er den Beweis nicht erbringen könne, «müssen wir das Geld einziehen und ein Geldwäschereiverfahren führen können - auch ohne vorherige Verurteilung wegen einer kriminellen Vortat.» Grossbritannien und Deutschland etwa setzten dieses Instrument bereits ein, sagte Thelesklaf.

Die Kurse fallen

Die Medienberichte haben die Deutsche Bank und andere grosse Institute in Europa und den USA unter Druck gesetzt. Die Aktien der Geldhäuser verloren am Montag an den Börsen von Hongkong bis New York deutlich an Wert. Auch die Aktien von UBS und CS gerieten ins Taumeln.

Anleger fürchten sich vor weiteren Geldbussen und einem Imageverlust für die ohnehin durch die Corona-Krise stark gebeutelten Banken. Die Deutsche Bank wies den Vorwurf zurück, Vorstandschef Christian Sewing habe eine Verantwortung für die Vorgänge. Ein Recherche-Netzwerk unter Führung des Online-Magazins «BuzzFeed» berichtete unter Berufung auf umfangreiche Datensätze aus dem US-Finanzministerium, Banken aus aller Welt hätten jahrelang trotz strenger Vorschriften Risikokunden aus dem kriminellen Milieu akzeptiert und für sie Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt.

Die Aktien der Deutschen Bank waren mit einem Minus von gut acht Prozent größter Verlierer im Leitindex Dax. Die Titel von HSBC und Standard Chartered rutschten in London und Hongkong auf den tiefsten Stand seit zwei Jahrzehnten. An der Wall Street verloren JPMorgan und Bank of New York Mellon im vorbörslichen Handel jeweils rund drei Prozent. Die Institute gehören zu den Banken, deren Namen häufig in den «FinCEN-Files» genannten Dokumenten auftaucht, die «BuzzFeed» nach eigenen Angaben zugespielt wurden.

«Der Gestank von Korruption und Geldwäsche wird noch lange Zeit über den grössten Banken schweben», sagte Chefanalyst Neil Wilson vom Brokerhaus markets.com. Noch sei unklar, inwieweit die Vorwürfe neu seien und ob sie durch bereits erfolgte Strafen der Aufsichtsbehörden abgedeckt seien.

Diese Berichte könnten zu einer Flut von Rechtsansprüchen gegen Banken führen, sagte der für Wirtschaftskriminalität zuständige Anwalt Sam Tate von der Kanzlei RPC. Auch das Vertrauen zu den Aufsichtsbehörden sei untergraben worden. Aktienspezialist Robert Halver von der Baader Bank sagte, wichtig sei nun rasche Aufklärung. «Skandale bei Banken sind immer negativ, gerade für deutsche Banken, die generell im Wettbewerb nicht gerade gut dastehen.»

Falsch sagt die Deutsche Bank

Die Deutsche Bank wies den Vorwurf zurück, Sewing sei für die späte Aufdeckung der in den Berichten genannten Geschäfte verantwortlich. «Diese Andeutung ist konstruiert und falsch», sagte Banksprecher Jörg Eigendorf zu Reuters TV. «Sewing war weder an der Prüfung damals indirekt oder direkt beteiligt.» In seiner Zeit in der Konzernrevision, für die er vor seiner Berufung zum Vorstandschef im April 2018 jahrelang verantwortlich war, habe er die Abteilung neu aufgestellt und auch mit dem Aufbau dieser begonnen. Zudem habe die Bank viel Geld in den Ausbau interner Kontrollen zur Vermeidung von Geldwäsche investiert.

Die Mitarbeiterzahl sei seit 2013 um 1000 auf 1500 erhöht worden. «Wir nehmen den Kampf gegen Geldwäsche und natürlich auch gegen Kapitalflucht sehr, sehr ernst.» Die gemachten Vorwürfe seien nicht neu und der Bank und den Aufsehern bekannt. Das Institut hat bereits mehrere hundert Millionen Dollar an Strafen für Verfehlungen im Kampf gegen Geldwäsche gezahlt.

Auch die Commerzbank wies die Berichte zurück. Laut «BuzzFeed News Deutschland» seien in den Dokumenten insgesamt rund zwei Milliarden Euro verdächtiger Zahlungen der Commerzbank zu finden. Die genannten Themen seien bekannt und beruhten auf Verdachtsmeldungen, die die Commerzbank überwiegend im Zeitraum 2010 bis 2016 an die Aufsichtsbehörden getätigt habe, erklärte das Frankfurter Institut. Seit 2015 sei das globale Compliance Management personell verstärkt worden und die Bank habe mehr als 800 Millionen Euro investiert.

Die in der britischen Finanzmetropole London ansässige Bank HSBC teilte mit, die Vorgänge seien bekannt und das Institut konzentriere sich seit Jahren auf den Kampf gegen Finanzbetrug. Die ebenfalls in London beheimatete Standard Chartered teilte mit, umfangreiche Maßnahmen ergriffen zu haben. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin und die Europäische Zentralbank (EZB) wollten sich nicht äussern.

(awp/reuters/tdr)