Es muss ärgerlich für ihn sein. Der Kurs der Lufthansa ist seit Jahresbeginn um 20 Prozent gesunken. Gleichzeitig hören die Negativschlagzeilen rund um den ehemaligen deutschen Vorzeigekonzern Lufthansa Group nicht auf.
Investor Klaus-Michael Kühne, 87 Jahre alt, ist mit einem Anteil von 20 Prozent einer der grössten Aktionäre. Und not very amused, um es verhalten zu formulieren. Der gebürtige Hamburger, wohnhaft in Schindellegi, zählt mit einem Vermögen von geschätzten 35 Milliarden zu den Reichsten der Schweiz – und gehört zu jenen Aktionären, die ihren Unmut auch offen kundtun. Wie vergangenes Wochenende in einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».
«Der Komfort und der Standard bei der Swiss sind gesunken», sagt er. Zudem beanstandet er, dass die Swiss oft keine eigenen Maschinen einsetzt, sondern mit Air Baltic fliegt. «Die haben zwar moderne Flugzeuge, aber das ist ein ganz anderes Produkt.» Zudem stütze sich die Swiss auch auf Helvetic Airways. «Die haben sehr enge Flugzeuge. Ich musste damit mehrfach nach Hamburg fliegen. Das war sehr mühsam.»
Beinfreiheit von einem Meter – oder 84 oder 76 Zentimetern
In der Tat gibt es in Sachen Sitzplatzkomfort dieser drei Airlines riesige Unterschiede. Bei der Swiss hat der 1,80 Meter grosse Klaus-Michael Kühne noch Glück. Diese hat auch für Kurzstreckenflüge ein Business-Class-Angebot. Bei der Helvetic und Air Baltic hingegen gibt es keine Business-Class.
Die einzige Chance für mehr Platz, um die Beine zu versorgen, ist «Premium Economy». Bei der Swiss beträgt der Sitzabstand in der «Premium Economy» fast einen Meter. Man hat also deutlich mehr Platz als in der regulären Economy. Bei der Air Baltic ist es nur noch ein Sitzabstand von etwa 84 Zentimer, bei der Helvetic 76 und 81 Zentimeter.
«Kernmarke vernachlässigt»
Auch für die Lufthansa findet Klaus-Michael Kühne deutliche Worte: «Man hat die Kernmarke vernachlässigt, sie steht nicht mehr in der ersten Reihe mit Fluggesellschaften wie Emirates und den Fernost-Airlines. Dass man es so weit hat kommen lassen, bei aller deutschen Gründlichkeit und Perfektion, das wundert mich sehr.»
Zudem sei die Strategie der Lufthansa angreifbar. «Sie hat sich total verzettelt mit wahnsinnig vielen Nebenprodukten und Airlines unter ganz verschiedenen Namen.» Das finde er nicht gut. Er sei ein Freund von einfachen und übersichtlichen Strukturen. Und er stellt klar: «Bei einer überzeugenderen Geschäftspolitik wäre der Aktienkurs höher.»
Aktuell möchte Klaus-Michael Kühne seinen Anteil an der Lufthansa nicht weiter erhöhen. Mit seinem 20-Prozent-Anteil kratze er bereits an der Hauptversammlungsmehrheit, da nur 40 Prozent der Aktionäre zur Hauptversammlung kämen. Er habe damit einen Hebel in der Hand. Wenn es hart auf hart käme, würde er darüber nachdenken, diesen Hebel zu nutzen.
Bisher habe man die Geschäftspolitik nicht geändert: «Je nachdem, wie das weitergeht, müssen wir uns stärker artikulieren.» Aber man wolle auch keinen Fehler machen und nicht unnötig Streit vom Zaun brechen.