«Ein Stück vom Glück», so heisst der aktuelle Werbeslogan des Luzerner Architekturbüros Romano & Christen, der seit einigen Tagen von diversen Plakatwänden für «Wohnträume der Innerschweiz» (Zitat) wirbt. Beispielsweise rund um den Zürcher Hauptbahnhof und unmittelbar nach der Autobahnausfahrt Zürich-Hardturm – gut sichtbar für Tausende von Pendlern auf dem Weg zur Arbeit.
Soweit noch nicht aussergewöhnlich, aber ins Auge sticht das Angebot einer 10-prozentigen Startfinanzierung. Was prompt die Kritiker auf den Plan gerufen hat. Bei einem solchen Angebot werde er «hellhörig», wird Adrian Wenger, Hypothekenexperte des VZ Vermögenszentrums, in einem Bericht des «Tages-Anzeigers» zitiert. «Das ist kaum eine nachhaltige Strategie», resümierte Ansgar Gmür, Präsident des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes.
Rückzahlungspflichtige Darlehen sind kein Eigenkapital
Stein des Anstosses ist die Tatsache, dass die Werbeoffensive just in eine Phase fällt, in der man der Überhitzung im Schweizer Immobilienmarkt beikommen will. So hat die Schweizerische Bankiervereinigung eine Selbstregulierung erlassen, wonach Banken nur dann Hypothekarkredite gewähren sollen, wenn mindestens 10 Prozent «echtes» Eigenkapital vorhanden ist. Verzinste und rückzahlungspflichtige Darlehen – wie hier von Romano & Christen angeboten – dürfen diesem Teil nicht angerechnet werden.
Es stelle sich die Frage, weshalb ein Architekt einem Kunden Geld zur Verfügung stellen will, der von seiner Hausbank den entsprechenden Kredit nicht gewährt erhält, hiess es.
Firmenchef Markus Romano nahm gegenüber handelszeitung.ch nun in schriftlicher Form Stellung.
Weshalb leiht ein Architekturbüro einem potenziellen Käufer Geld?
Markus Romano*: Wir verstehen uns schon lange nicht mehr als reines Architekturbüro. Vom Finden und Kaufen der Grundstücke, deren Entwicklungen und die anschliessende Vermarktung der entstandenen Wohnträume ist unsere Kernkompetenz. Wir bieten unserer Käuferschaft eine neue Möglichkeit der Finanzierung und schliessen damit eine bestehende Lücke beim Erwerb von Eigenheim.
Ihr Vorgehen ist in dieser Intensität deshalb aussergewöhnlich, weil Architekurbüros in der Regel wenig liquid sind. Hand aufs Herz: Haben Sie zuviel Geld in der Kasse, für das Sie nun eine gute Rendite suchen?
Wir sind ein Unternehmen, das nachhaltig investiert. Von unseren Produkten sind wir überzeugt und tragen entsprechend unsere unternehmerische Verantwortung. Unsere Finanzierungsunterstützung in dieser Art leisten wir schon seit 15 Jahren – dass wir diese bewerben ist neu.
Dieses Bewerben erfolgt mit einer grossen Werbekampagne, in der sie um potenzielle Immobilienkäufer buhlen und diesen einen «Finanzierungsanstoss» von 10 Prozent in Aussicht stellen. Weshalb diese Offensive?
Das Platzieren von einigen Plakaten ist noch keine Grossoffensive. Wir nutzen das Medium Plakat regelmässig um unsere Marke zu transportieren.
In welchen Regionen haben Sie die aktuelle Plakataktion lanciert?
Schwergewichtig in Zürich und Zug.
Haben Sie bereits Erfolgsmeldungen zu verzeichnen?
Es ist noch zu früh für entsprechende Aussagen. Die Werbekampagne läuft erst seit zwei Wochen.
Beim Blick auf die Broschüren und Ihren Internetauftritt entsteht der Eindruck, dass Romano & Christen sich generell an die gehobene Käuferschaft richtet. Steht da diese Kreditstrategie nicht etwas schräg in der Landschaft?
Wie kommen Sie darauf? Unsere Produktepalette liegt zwischen 380'000 und zwei Millionen Franken. Aktuell bekommen Sie in Hämikon ein 6 ½-Zimmer-Einfamilienhaus mit 200 Quadratmetern für 900'000 Franken. Gehoben ist unser Ausbaustandard und die Wohnqualität.
Sie werben mit 10 Prozent Startkapital. Ansgar Gmür vom Hauseigentümerverband Schweiz spricht von einer «sehr riskanten Finanzierungsstragie». Ihre Replik?
Es gilt zu verstehen, wie unser Finanzierungsmodell funktioniert. Wir übernehmen lediglich den Part, der bis anhin die Pensionskasse finanziert hat. Zum Unterschied, dass wir 100 Prozent mit unserem eigenen Kapital in unsere Produkte investieren. Die eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma prüfte bereits vergangenen Herbst unser Finanzierungsmodell. Hypotheken werden grundsätzlich nur erteilt, wenn alle geltenden Belehnungs- und Tragbarkeitsnormen eingehalten werden.
Ist Ihre Werbeoffensive als Reaktion auf die politischen Bestrebungen, die den Einsatz von Vorsorgegeldern für die Immobilienfinanzierung erschweren oder gar unterbinden wollen?
Wir reagieren nicht politisch motiviert auf die neuen Spielregeln des Marktes. Dass die Bankwelt ihre Belehnungsgrenze zurückfahren möchte, damit haben wir kein Problem – eröffnet es uns doch immer wieder neue Möglichkeiten und Chancen, die wir auch wahrnehmen.
Was halten Sie persönlich von dieser Stossrichtung?
Wenn die Finanzwelt Geldleihe im Immobilienmarkt als zu riskant erachtet, werden immer Unternehmen oder Gesellschaften die Risiken anders beurteilen und diese dann auch so finanzieren. Schliesslich ist doch die Immobilie einer der sichersten Werte im Leben eines Menschen.
Nebst Hypothek muss bei Ihrem Modell auch das Darlehen zurückbezahlt werden, so dass mehr Einkommen als bei einer Standardfinanzierung notwendig wird. Haben Sie keine Bedenken, dass Sie Ihre Kunden damit in die Schuldenfalle locken?
Dies sehen wir klar nicht so, wir sprechen von einem Finanzierungzins von lediglich 250 Franken im Monat bei einem Darlehen von 100'000 Franken. Schuldenfallen entstehen häufig bei Kleinkreditvergaben – zum Beispiel beim Leasing von Autos, Fernsehgeräten oder der Finanzierung von Ferien. Wohl kaum beim Erwerb eines Eigenheims. Unsere Darlehen haben eine Laufzeit von acht Jahren und werden nicht amortisiert. Nach dieser Zeit steht es dem Kunden frei, dieses zu amortisieren oder das Darlehen einfach zu verlängern. Banken vergeben grundsätzlich auch in unserem Falle keine Kredite, wenn die Tragbarkeit generell nicht gegeben ist. Eine grosse Errungenschaft unserer Zeit ist es, dass jedermann ein Eigenheim erwerben kann – und nicht nur eine privilegierte Schicht.
* Markus Romano ist Architekt und gründete 1997 zusammen mit Michael Christen das Unternehmen Romano & Christen in Luzern. Dieses zählt aktuell gut 30 Mitarbeitende.