Die meisten Schweizer mögen ihn. Migros-Kinder sowieso. Doch seine Zeit an der Spitze der Genossenschaft ist gezählt: Migros-Chef Herbert Bolliger muss im November nach zwölf Jahren im Amt zurücktreten. Die Altersguillotine will es so. Bereits seit drei Jahren wird über den möglichen Nachfolger des 63-Jährigen spekuliert, doch die Wahl des Migros-Konzernchefs wird unter grösster Geheimhaltung vorangetrieben. Nun wurde bekannt: Der neue Konzernchef soll bereits nächste Woche bestimmt werden.
Nachdem der Nominations-Auschuss unter der Führung von Migros-Präsident Andrea Broggini in den letzten Tagen getagt hat, trifft sich die Migros-Verwaltung Donnerstag und Freitag nächster Woche zur abschliessenden Sitzung und zur Wahl des Konzernchefs, schreibt die «Handelszeitung». Nach der VR-Sitzung vom 17. März soll dann die Öffentlichkeit über die Bolliger-Nachfolge informiert werden, heisst es weiter.
Zwei Interne in der Pole Position
Das Kandidatenkarussell dreht. Schon als Bolliger vor drei Jahren angekündigt hatte, dass er bis zur Pensionierung bleiben wolle, kamen erste Namen ins Spiel. Wie in der aktuellen «Bilanz» steht, führen die Liste der zuletzt Meistgenannten zwei Interne an: Migros-Zürich-Chef Jörg Blunschi und Direktionsmitglied Fabrice Zumbrunnen. Der 55-jährige Blunschi ist der risikofreudige Typ, der den deutschen Bio-Händler Alnatura ins Land holte und Boden auf die Bio-Hauptmacht Coop gutmachte. 2013 kaufte er die 270 Filialen des hessischen Detailhändlers Tegut. Dessen Wiederbelebung läuft aber eher schleppend.
Zumbrunnen war sieben Jahre Chef der Genossenschaft Neuenburg-Freiburg. Seit 2012 ist der 46-Jährige für das Kulturprozent, das Personal und die Expansion im Gesundheitsbereich zuständig. Für ihn sprechen sein Durchsetzungsvermögen und das Alter, gegen ihn seine welsche Herkunft. Mit dem Tessiner Broggini sitzt bereits ein Vertreter der lateinischen Schweiz an der Spitze der Migros-Verwaltung.
Urs Riedener lehnte ab
Obwohl Broggini einen Internen will, suchte er unlängst auch das Gespräch mit dem früheren Migros-Marketingchef und heutigen Emmi-CEO Urs Riedener. Der 51-Jährige zog 2005 gegen Bolliger den Kürzeren, wurde aber immer wieder als dessen möglicher Nachfolger genannt. Doch Riedener soll abgelehnt haben, weil er sich nicht mit den Genossenschaftsfürsten herumschlagen wolle. Gemeint sind die zehn Regionalchefs in der Migros-Verwaltung, deren Favorit Blunschi sein soll.
Tatsächlich ist der Migros-Chef kein Unternehmensführer der herkömmlichen Art. Gründer Gottlieb Duttweiler hatte vorgesorgt und eine Genossenschaftsstruktur aufgebaut, die jegliche Machtballung verhindert «Keine Machtpolitik des Migros-Genossenschafts-Bundes», heisst eine von 15 Thesen, die «Dutti» und seine Frau Adele den Migros-Nachkommen hinterliessen. Schliesslich gehört der MGB den zehn regionalen Genossenschaften. Er ist «finanziell stark zu erhalten», damit er die Genossenschaften mit seinen Produktionsbetrieben «durch wertvolle Leistungen» zusammenhalte, steht da weiter.
Begehrt ist der Job dennoch, weil der Migros-Oberste grundsätzlich ein Sympathieträger ist. Der Grossverteiler ist nicht nur eines der beliebtesten Unternehmen der Schweiz, sondern auch eine beliebte Marke. Die Migros ist ein Stück Heimat. Wer will da nicht auf dem Chefsessel sitzen?
(ccr)
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