Mitarbeitern beim Umgang mit Stress mit einer App helfen, welche die Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz aufzeichnet und Präventionsmassnahmen vorschlägt. Was vor dreieinhalb Jahren mit einer bestechenden Geschäftsidee begann, endet für die Startup-Unternehmer Kurt Lobsiger und Jan Schleuniger mit einer Niederlage vor Gericht gegen den Social-Media-Konzern Facebook. Viel Geld und Zeit hat die beiden Basler der Rechtsstreit mit den sozialen Netzwerk gekostet – jetzt sieht man sich künftiger Geschäftsmöglichkeiten mit dem Unternehmen beraubt.

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Grund für den Konflikt ist der Name der App: «Stressbook». Im Sommer 2014 liessen die Firmengründer die Marke ins Register Swissreg eintragen. Dagegen reichten die Anwälte von Facebook Beschwerde ein –  das Bundesverwaltungsgericht hiess diese nun teilweise gut. Mit dem Urteil wird die Marke «Stressbook» für die Klasse «Software» gelöscht – damit wird eine weitere Verwendung der App unter dem bisherigen Namen praktisch verunmöglicht.

 

Richter sehen Verwechslungsgefahr

Facebook hatte den Rechtsstreit vom Zaun gebrochen, weil das Unternehmen befürchtete, der Wortlaut der Marke führe beim Konsumenten dazu, dass die Bezeichnung «Stressbook» an die Marke «Facebook» erinnert. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts hielten diese Sorge für berechtigt: Die Übernahme des zweiten Wortteils «book» führe zu einer starken Ähnlichkeit der beiden Marken, heisst es im Urteil. Umso mehr als dass der Ausspracherhythmus und der Zischlaut direkt vor dem zweiten Wortteil gleich seien. Angesichts des hohen Bekanntheitsgrades sei von einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr auszugehen, so die Richter.

Stressbook-Gründer Jan Schleuniger und Kurt Lobsiger

Startup-Unternehmer Jan Schleuniger und Kurt Lobsiger: «Facebook in die Quere gekommen.»

Quelle: Stressbook

Für die Firmengründer von «Stressbook» ist das Urteil doppelt bitter. Das Institut für geistiges Eigentum hatte die Beschwerde von Facebook noch abgelehnt mit der Begründung, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Das Bundesverwaltungsgericht stiess diesen Entscheid mit dem Richterspruch vom 23. Januar nun um. Zugleich hatte Facebook angeboten, von einer Beschwerde abzusehen, wenn sich die Startup-Gründer in einer Vereinbarung bereit erklärt hätten, ihr Tätigkeitsfeld nicht auf soziale Netzwerke auszuweiten.

Die Jungunternehmer sprachen sich jedoch gegen eine solche Vereinbarung aus, weil sie die Argumentation von Facebook für absurd hielten – und auf den gesunden Menschenverstand der Richter setzten. «Wir haben nie auch nur einen Gedanken daran verloren, dass wir Facebook in die Quere kommen könnten», sagt Schleuniger. Vielmehr sei der Name «Stressbook» nahe gelegen, weil die App «Stressbook» es Erwerbstätigen erlaube, ein Tagebuch über ihre Belastungen im Arbeitsalltag zu führen.

Urteil erstaunt Experten

Der Richterspruch wirft in Fachkreisen Fragen auf. Denn er führt faktisch dazu, dass alle Markenkreationen, die mit «book» enden, hierzulande von Facebook monopolisiert und abgeschossen  werden können. «Das Urteil erstaunt mich», sagt Markenrechtsexperte Bernhard Volken. «Zum einen stellt es den Grundsatz in Frage, dass der Wortanfang eine Marke prägt. Zum anderen unterscheiden sich die beiden Marken in der Phonetik, im Erscheinungsbild und im Sinngehalt.»

Die Verwechslungsgefahr erscheine daher eher gering, so Volken. Die Marke Facebook geniesse zweifelsohne wegen seiner Bekanntheit über einen hohen Schutzbereich. «Die Berühmtheit der Marke kann aber nicht Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens sein.» Dies falle in die Zuständigkeit ziviler Gerichte.

Abmahnungen auch im Ausland

Der Markenstreit zwischen Facebook und «Stressbook» reiht sich ein in eine lange Liste ähnlicher Fälle im Ausland. In der Vergangenheit ging Facebook bereits gegen den Feuerwehrblog firebook.at vor, das Lehrernetzwerk «Teachbook», die Reisewebsite «Placebook», das Datingportal «Shagbook» sowie den Startup-Marktplatz «Designbook».

Nicht immer ging das soziale Netzwerk dabei als Sieger aus dem Rechtsstreit hervor: Das Pornoportal «Faceporn» etwa, bei dem Facebook die Verwendung des Begriffs «Face» beanstandete hatte, siegte vor Gericht und durfte den Namen behalten. Im Falle des Basler Startups «Stressbook» folgten die Richter nun ganz der Linie des Milliardenkonzerns. Ein Weiterzug ans Bundesgericht ist im Widerspruchverfahren nicht möglich.