Der Satz war erfreulich unschweizerisch. Nicht klein gedacht, sondern keck vorgebracht, umflort von Kampfgeist und frei von jeder Angst: «Ich freue mich auf Amazon», sagte Galaxus-Chef Florian Teuteberg 2018, als er den Galaxus-Ableger für Deutschland aufgleiste.
Andere Schweizer Manager hätte dabei wohl das Fracksausen gepackt. Denn wer im deutschen Digital-Markt bestehen will, muss gegen den gefrässigen Online-Riesen aus den USA antreten. Mit einem Umsatz von über 13 Milliarden Euro steht Amazon im Nachbarland absolut unangefochten an der Spitze; der nächste Verfolger, Otto.de, kommt gerade mal auf einen Drittel von Amazon.
Knapp in die Top 100 geschafft
Seit dem Start in Deutschland Ende 2018 drückte sich die Migros-Tochter Galaxus darum, Zahlen für sein Deutschland-Abenteuer zu zeigen. In der aktuellen Umsatzmeldung zum Geschäftsjahr 2021 tut sie es erstmals, was nur folgerichtig ist für ein Mutter-Unternehmen, das erklärtermassen «den Leuten gehört». Etwas über 100 Millionen Euro sind es, die Galaxus.de 2021 in Deutschland einfahren konnte. Was als Erfolg verkauft wird, ist in der Realität ernüchternd wenig.
Drei volle Jahre steht Galaxus.de nun schon im deutschen Markt, das Geschäft wurde von einer Pandemie beflügelt, Online-Shopping ist längst in der breiten Bevölkerung angekommen. Mit seinem Umsatz schafft es Galaxus.de knapp in die Top 100 der deutschen Online-Shops, etwa auf die Höhe des Velohändlers Rose Bikes. Weiterhin bekennt sich das Unternehmen zum ursprünglich geäusserten Anspruch, dereinst zur Nummer 5 im deutschen Online-Geschäft zu werden.
Bis wann dies geschehen soll, sei nicht definiert, sagte der erste Galaxus.de-Chef Frank Hasselmann Ende 2018, «wir wollen hier aber nicht ergebnisoffen rumprobieren». Das Ergebnis nach drei Jahren jedenfalls zeigt: Galaxus.de ist meilenweit entfernt von seinem Ziel.
Migros-Chef meldet sich zu Wort
Seit Mitte 2021 sitzt Hasselmann nicht mehr am Galaxus.de-Chefpult in Hamburg-Ottensen; die Schweizer bringen sich nun selber stärker ein im Deutschland-Geschäft. Im Herbst ergriff Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen in Deutschland das Wort und versicherte, dass man die ambitionierte Wachstumsstrategie fortsetzen und die gemeinsamen Aktivitäten in Deutschland intensivieren werde. Dass sich der Migros-Chef himself in Deutschland zu Wort meldet, ist ein starkes Zeichen. Auch eines gegen innen: Galaxus.de muss, wenn man am ursprünglichen Ziel festhalten will, mehr Gas geben. Sonst bemerkt Amazon.de gar nicht, dass da ein neuer Konkurrent mitmischen will.
Die Zahlen, die Galaxus nun offenlegt, zeigen vor allem eines: In Online-Deutschland ist der Weg für die Migros noch lang.
5 Kommentare
Am Schluss 500 Milionen verlust
Und wir bezahlen mit teuren Preisen
Mich wundert das nicht. Ich bin als freiberuflicher Einkaufsexperte für diverse grosse Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze tätig. Für mehrere Kunden habe ich schon Produkte bei Galaxus.de angefragt. In der Regel ging es dabei gleich um grosse Mengen, oft 3-stellige Stückzahlen. Ergebnis: mässiges Interesse, nicht engagiert oder pro-aktiv. Ich habe es aufgegeben, Galaxus.de da ins Spiel zu bringen. Dabei würde ihnen das echte Türen öffnen, insbesondere, wenn sie dann z.B. noch Sonderkonditionen für Mitarbeitende dieser Unternehmen anbieten. Ich hatte immer den Eindruck, dass denen das zu viel und zu kompliziert ist.
100 Mio. in 3 Jahren in einem Markt wo dich niemand kennt und niemand auf dich gewartet hat, das ist wirklich sehr stark!
So kann man das auf jeden Fall auch sehen!
Ich finde es überhaupt verwunderlich, dass schweizer Unternehmen nicht mehr auf dem Deutschen Markt angegriffen haben. Die Schweizer verfügen über eine entscheidende Waffe, welche sich wir doofen Deutschen haben nehmen lassen: Eine Hartwährung, die seit mehr als einem Jahrzehnt künstlich von der Notenbank aufgeweicht werden muss.
Statt Käufe von Nasdaq-Aktien durch die Notenbank, wären Käufe schweizer Privatunternehmen sinnvoller.
Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass viele Nasdaq-Aktien überteuert sind und im Falle von Zinssteigerungen fallen könnten. Es wäre daher im Sinne der Notenbank, wenn sie solche Käufe fördern würde und ihre Nasdaq-Bestand "umschichtet".
Ob natürlich eine Genossenschaft die Eier hat 12 Jahre Verluste im Versandhandel vorzufinanzieren, solange dauert das nämlich gewöhnlich, ist eine andere Frage. Klug wäre es schon.
Allerdings muss am Bekanntheitsgrad gearbeitet werden. Ich kannte Galaxus bislang nicht.
Möglicherweise gibt es auch einfachere Märkte in der EU. I und F bspw., beide sind weniger fanatisch US-fixiert und laufen nicht wie die Lemminge immer dem stärksten Trend hinterher wie die Bananen(republikaner). Ja ist doch so.