Es ist eine Posse, die immer skurrilere Züge annimmt. Nun will offenbar der Verwaltungsrat der Raiffeisen, so behauptete es zumindest gestern der «Tages-Anzeiger», seinen Noch-Chef Patrik Gisel vorzeitig absetzen. Zur Erinnerung: Gisel hatte bereits im Juli seinen Rücktritt bekannt geben, Ende Jahr – also in gerade sieben Wochen – sollte nach bisherigem Plan Schluss sein. Jetzt steht angeblich das sofortige Ende bevor.
Warum? Er soll die Beziehung mit seiner neuen Partnerin Laurence de la Serna eingegangen sein, als diese noch Verwaltungsrätin bei Raiffeisen war – was Gisel allerdings bestreitet. Der Verwaltungsrat tolerierte also jahrelang, dass die Gattin von Don Vincenz die Rechtsabteilung leitete und stösst sich jetzt an einem – nicht bewiesenen – zu frühen Beziehungsstart des schon entmachteten CEO mit einer Ex-Verwaltungsrätin. Vom tiefsten Koma zur schlimmsten Pedanterie: Psychologen nennen das Überkompensation.
Verwaltungsrat ist ein Dilettanten-Club
Gewiss, der Abgang von Gisel war unvermeidlich, zu eng klebte er all die Jahre an Vincenz. Doch schon seinen Abtritt vor der Wahl des neuen VR-Präsidenten bekannt zu geben, war ein Fehler: Am besten wäre es für die Bank gewesen, wenn der neue Präsident ohne Zeitdruck einen Nachfolger hätte suchen können. Die jetzige Zuspitzung entlarvt den von Interims-Präsident Pascal Gantenbein geführten Verwaltungsrat endgültig als Dilettanten-Club: Soll jetzt etwa ein Interims-Chef den Interims-Chef ersetzen – wegen einer absoluten Lappalie?
Der neue VR-Präsident Guy Lachappelle wird am Samstag gewählt, und dass er die Geschäftsleitung grösstenteils neu besetzen muss, steht schon lange fest. Nach der neusten Posse gilt allerdings auch: Der Verwaltungsrat braucht ebenfalls einen veritablen Neuanfang – am besten ohne Gantenbein.