Selfmade-Milliardär Elon Musk weiss, wie man sich in Szene setzt. Unlängst kündigte der Gründer des US-Elektroautobauers Tesla in einer pompösen Show seine neueste Geschäftsidee an - mit Solarenergie gespeiste Batterien für zuhause. Auch in Deutschland investieren immer mehr Firmen in diese relativ junge Technologie, darunter Daimler, Bosch und die Solarwatt GmbH von BMW - Grossaktionär Stefan Quandt.
Fachleute prophezeien einen Multimilliardenmarkt. Die Akkus haben nach Einschätzung von Experten das Potenzial, die Energiebranche umzukrempeln. «Wenn sich die Batterien am Markt durchsetzen, kann das die Energiewende von unten einleiten», sagt Jens Tübke vom Fraunhofer Institut.
Knackpunkt ist der Preis
Knackpunkt ist der Preis: Die Geräte, die meist Kühlschrank gross sind und im Keller von Häusern stehen, kosten etwa so viel wie ein Kleinwagen. «Die Batterien rechnen sich für den Grossteil der Verbraucher noch nicht», räumt Jörg Mayer, Geschäftsführer des Bundesverband für Solarwirtschaft (BSW) ein. Die meisten Nutzer sind bis dato nur Technikliebhaber, denen es wichtig ist, dass sie Strom ökologisch erzeugen. Aber die Preise fallen: 2014 um ein Viertel im Vergleich zu 2013. «Der Preis sollte noch um ein Drittel sinken, damit es wirtschaftlich wird», sagt Mayer.
Tesla hat mit seiner «Powerwall» bereits Zeichen gesetzt: Etwa 3500 Dollar soll der Kasten, der an der Aussenwand eines Hauses installiert wird, in der Basisversion kosten. Glaubt man Firmenchef Musk arbeitet seine «Gigafactory» im US-Bundesstaat Nevada, wo die Akkus gebaut werden, Aufträge bis Mitte 2016 ab. Die Nachfrage sei «verrückt», sagt Musk, der neben Tesla auch den Internetbezahldienst Paypal gegründet hat und schon öfter ein gutes Gespür für revolutionäre Technologien bewies.
Hausspeicher für Elektroautos produziert
Ob sich die Speicher duchsetzen, steht in den Sternen. In Deutschland wird der Einbau noch bis Ende des 2015 vom Staat subventioniert, eventuell werden die Fördermittel verlängert. «Spannend wird es, wenn die Subventionen wegfallen», sagt Tübke. «Dann müssen sich die Preise so weit zurecht gerüttelt haben, dass man sehen kann, ob sich die Installation lohnt oder nicht.»
Die Hausspeicher sind ein Nebenprodukt der Batterien, die Tesla für seine Elektroautos produziert. Auch deutsche Autobauer springen auf den Zug auf: Die Daimler-Tochter Deutsche Accumotive fertigt Lithium-Ionen-Batterien für die private Nutzung von Photovoltaik-Anlagen. Der Münchener Rivale BMW hat mit Bosch und Vattenfall das Projekt «Second Life Batteries» gestartet, bei dem gebrauchte Batterien aus Elektroautos zu einem Grossspeicher zusammengebaut werden, der Schwankungen im Stromnetz ausgleichen soll.
Die Speicher für zu Hause haben einen grossen Vorteil: Wenn die Sonne nicht scheint, können Hausbewohner auf die Batterie zurückgreifen und damit unabhängiger werden vom Strommarkt, wo die Preise seit Jahren steigen. «Ein Privathaushalt kann mit einer Batterie 70 bis 80 Prozent des über Photovoltaik-Anlagen produzierten Stroms selbst nutzen», rechnet Mayer vom BSW vor. Bislang ist das nur etwa bei 20 Prozent möglich, weil Computer oder Staubsauger nicht unbedingt dann laufen, wenn die Sonne scheint. Der ungenutze Reststrom wird eingespeist ins Netz. Früher gab es dafür Geld vom Staat. Seitdem die Förderung immer weiter gekürzt wird, hat die Solarenergie an Reiz verloren.
Solarboom 2.0?
Dennoch gehen Experten davon aus, dass die Branche vor einem neuen Boom steht - auch wegen der Hausbatterien. «Dank neuer Technologien wie den Speichern, werden Photovoltaik-Anlagen in Zukunft noch interessanter», sagt Torsten Henzelmann, Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Der Anteil des Sonnenstroms am Energieverbrauch in der EU werde bis 2030 auf 14 Prozent steigen - viermal mehr als 2013. In Deutschland soll der Anteil noch weit darüber liegen. Schon heute sorgt die Sonne laut BSW hierzulande für etwa sechs Prozent des Stroms.
Der Ausbau des Ökostroms hat den früher vor allem auf Kohle- und Atomkraft setzenden Energieriesen wie E.ON und RWE stark zugesetzt. Das Überangebot an Strom lässt die Grosshandelspreise - und damit ihre Gewinne - purzeln. Der Druck dürfte bei einem Batterie-Boom noch mehr steigen. «Die Konzerne werden neue Geschäftsmodelle entwickeln müssen», sagt Henzelmann. RWE bietet seit 2013 seine eigenen Batterien an, bald soll ein neues Produkt auf den Markt kommen. «Noch ist der Markt für uns speziell, aber wir sehen Wachstumspotenzial», sagt eine Sprecherin des Konzerns.
Keine Angst vor China
Deutsche Mittelständler wittern das nächste grosse Geschäft, nachdem die einst boomende Solarindustrie nach China abgewandert ist. Die Marktforscher von IHS Cera schätzen, dass der globale Markt für Speicher bis 2017 auf 19 Milliarden Dollar wächst. Bislang gibt es in Deutschland - dem mit Abstand grössten Markt - rund 25'000 Geräte.
Der Chef der Dresdner Solarwatt, Detlef Neuhaus, rechnet damit, dass sich diese Zahl jedes Jahr in etwa verdoppelt. Erklärtes Ziel der Firma, die BMW-Erbe Quandt 2012 aus der Insolvenz führte und die nun mit einer Batterie «Made in Germany» einen Neuanfang versucht, ist die Marktführerschaft. Vor den Chinesen hat Neuhaus keine Angst: «Je komplexer das Produkt ist, desto mehr kann man punkten mit deutschem Ingenieurs-Knowhow.»
(reuters/ccr)