Gebana Frauen mit Cashew-Nüsse

Fairtraide in Burkina Faso: Die Tücken des Geschäfts

Von David Vonplon
am 02.01.2019 - 13:11 Uhr

Alles von Hand: Gebana-Mitarbeiterinnen säubern Cashew-Nüsse.

Quelle: Gherard Grimoldi/Gebana

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Die Fairtrade-Firma Gebana Burkina Faso stand kurz vor dem Konkurs. Wie Cashew-Nüsse und Crowdfunding das Geschäft retteten.

Durch frisches Kapital startet Gebana neu durch

«If you ride a dead horse, get off», lautet ein Leitsatz in der Managementlehre. Doch Gebana dachte nicht daran, aufzugeben. Und erkor das Reiten toter Pferde intern trotzig zur Schlüsselkompetenz. Um an frisches Kapital für das Tochterunternehmen zu kommen, rief der Fairtrade-Pionier letzten Herbst die Öffentlichkeit auf, Cashew-Nüsse und getrocknete Mangos zu kaufen, die aber erst in fünf Jahren ausgeliefert würden, falls der Neustart von Gebana Burkina Faso denn gelänge.

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Es funktionierte: Bereits zur Jahreswende hatte Gebana eine halbe Million Franken Startkapital beisammen. Am Schluss beteiligten sich fast 3000 Personen an der Aktion: Sie investierten insgesamt 770 000 Franken – meist in Kleinbeträgen. Bestehende Investoren zeigten sich im Zuge der Solidaritätswelle bereit, ihre offenen Darlehen in Eigenkapital umzuwandeln oder ihre Investitionen teilweise abzuschreiben. So beschloss etwa das Zürcher Unternehmen Pakka, Geld einzuschiessen. Die Kapitalspritze verschafft Gebana in Burkina Faso Zeit und Mittel für einen Neustart.

Cashew-Nüsse
Foto: Gherard Grimoldi/Gebana
Foto: Gherard Grimoldi/Gebana

Das Unternehmen steht mitten in einer Sanierung: Die Geschäftsführung wurde ausgewechselt, ein neues mittleres Management installiert und strikte Kontroll- und Qualitätsmechanismen eingeführt. Damit sollen Auswüchse wie in der Vergangenheit verhindert werden. Denn die Schieflage des Unternehmens war auch Folge von Abhängigkeit von alten Seilschaften, welche Diebstähle seitens der Mitarbeitenden sowie Vetternwirtschaft möglich machten. Doch auch nach der Restrukturierung bleiben viele Risiken bestehen. Wer in Ländern wie Burkina Faso arbeite, dort Arbeitsplätze schaffe und versuche, stabil und zuverlässig zu sein, sei immer gefährdet, sagt Wiedmer.

Er weiss, wovon er spricht. Gebana begann um die Jahrtausendwende, in Burkina Faso Mangos zu trocknen und etablierte sich in vielen Supermärkten Europas als Hauptlieferant für die Trockenfrucht – darunter auch bei Coop. Doch bald kamen die Probleme. Im Zuge der Finanzkrise 2008 brach der Markt zusammen – die Supermärkte wurden vorsichtiger, Importeure bauten ihre Überbestände ab. Die Nachfrage sank auf einen Bruchteil. Als sich der Markt langsam erholte, folgte der nächste Rückschlag: Die Mangofruchtfliege wurde nach Burkina Faso eingeschleppt und breitete sich rasend schnell aus. Aufgrund der Ernteverluste konnten die Trockner die vorfinanzierte Mango nicht liefern, einige mussten schliessen. Die von Gebana getätigten Vorfinanzierungen waren verloren. Um das Klumpenrisiko mit den Mangos zu verringern, stieg Gebana in die Verarbeitung von Cashew-Nüssen ein – vorerst mit Erfolg.

Pionierin seit vierzig Jahren

Gebana Der Firmenname ist das Kürzel für «gerechter Bananenhandel». Die Banane war das erste fair gehandelte Produkt in der Schweiz.

Bananenfrauen Die Anfänge gehen ins Jahr 1973 zurück. Eine Gruppe von Frauen protestierte gegen die ausbeuterischen Strukturen im Bananenhandel. Daraus entstand eine Bewegung.

Gründung 1998 wird das Handelsunternehmen Gebana gegründet. Ziel ist es, Handelsketten für Lebensmittel aufzubauen, die nachhaltig sind und den globalen Handel gerechter machen.

Direktversand Weltweit beschäftigt Gebana heute 600 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von 32 Millionen Franken. Etwa ein Viertel stammt aus dem Direktversand über den Online-Shop.

Standorte Gebana ist heute mit Tochterfirmen in Togo, Benin, Burkina Faso und Brasilien vor Ort präsent. Gemeinsam mit Bauern und lokalen Verarbeitern entwickelt sie nachhaltige Produkte und verkauft sie.

Rohwarenhandel Den grössten Teil der Produktion von Gebana geht in den Grosshandel. Gebana verkauft u. a. Soja, Kakao, Datteln, Cashews, Mango und Zucker.

Doch die Probleme kehrten schnell zurück: Händler aus Ostasien kamen auf den Markt und kauften in Westafrika grosse Mengen an Rohnüssen für die Verarbeitung in Fernost auf. Im letzten Jahr vervielfachten sich die Preise für Rohnüsse innert kurzer Zeit, ohne dass sich die Verkaufspreise bewegten. Gebana Burkina Faso rutschte wieder in die roten Zahlen. Preistreiber in Westafrika waren asiatische Händler wie etwa der 20-Milliarden-Konzern Olam mit Sitz in Singapur. Deren Vertreter bevölkern in der Vorerntezeit die Grossstädte Burkina Fasos und lassen ihre «collecteurs» in die Dörfer ausschwärmen, um den Bauern die Ernte vorzufinanzieren. Woher die Nüsse stammen und wie sie angebaut werden, spielt dabei keine Rolle. Ebenso wenig, welche Winkelzüge die Händler anwenden, um an die Nüsse zu kommen. Später dann werden die Rohnüsse nach Asien zur Verarbeitung verschifft, bevor sie geschält den Kunden in Europa zum Verkauf angeboten werden.