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Das dreiste Doppelspiel des Pierin Vincenz

Sven Millischer Handelszeitung
Von Sven Millischer
am 12.11.2020 - 11:15 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Zürich hat nach einer langen Recherche Anklage gegen Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz erhoben.

Quelle: Paolo Dutto

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Der Prozess gegen Pierin Vincenz und Beat Stocker steht 2021 an. Die Liste der Vorwürfe ist lang. Wofür die beiden Ex-Manager vor Gericht stehen.

Der Fall Genève Credit & Leasing

Die Situation ist angespannt im Herbst 2010. Die Hauptaktionärin von Genève Credit & Leasing (CGL), eine französische Bank, will die Kreditfirma entschädigungslos über Zeit liquidieren. Der Genfer Immobilienunternehmer Stéphane Barbier-Mueller, der eine Minderheit an GCL hält, droht sein Investment von mehreren Millionen Franken zu verlieren.

Die Minderheitsaktionäre brauchen deshalb rasch eine Lösung: Es gilt Investoren zu finden und das Kreditportfolio von 160 Millionen Franken bei einer neuen Bank refinanzieren zu lassen. Doch die Ausgangslage ist schwierig. Die bisherigen GCL-Kreditverträge sind nicht rechtskonform. Zudem fehlt Eigenkapital, um die Darlehen angemessen zu decken.

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Zwar will die Aduno-Tochter Cashgate in der Romandie strategisch expandieren. Nach einer vertieften Prüfung ist eine Übernahme von GCL Anfang 2011 aufgrund der genannten Probleme vom Tisch. Einige Monate später jedoch sollen Barbier-Mueller, Aduno-VR Stocker und Präsident Vincenz unter sich einen «Plan B» ausgemacht haben.

Vincenz setzt sich als Raiffeisen-Chef ein

Er sieht vor, dass die Raiffeisen zwischenzeitlich die Refinanzierung des Kreditportfolios übernimmt. Derweil man die Übernahmegespräche mit der Aduno wieder aufnimmt, während Barbier-Mueller bis zum finalen Abschluss die Aktienmehrheit an GCL übernimmt.

Zunächst setzt sich Vincenz im Herbst 2011 als Raiffeisen-Chef dafür ein, dass die Genossenschaftsbank den Kredit zugunsten von GCL bewilligt. Und zwar trotz Bedenken der bankeigenen Risikomanager. Zeitgleich übernimmt Barbier-Mueller von der französischen Bank die Mehrheit an GCL.

Chronologie der Affäre Vincenz
  • 2006: Der Finanzdienstleister Aduno, den Pierin Vincenz präsidiert, übernimmt die Kartenfirma Commtrain. Vincenz war privat über Vehikel an Commtrain beteiligt.
  • 2012: Raiffeisen geht eine Kreuzbeteiligung mit dem KMU-Vehikel Investnet ein. Ex-Aduno-Chef Beat Stocker war an Investnet verdeckt beteiligt.
  • 2014: Aduno kauft die marode Mietzinskautions-Firma Eurokaution. Aduno-Präsident Vincenz drückt auf den Kauf. Offenbar hatte Beat Stocker Geld in der Firma.
  • 2017: Nach Vincenz’ Rücktritt als Aduno-Präsident stellt der VR des Finanzdienstleisters Mitte Dezember Strafanzeige gegen Vincenz und Stocker.
  • 2018: Die Zürcher Staatsanwaltschaft eröffnet ein Strafverfahren gegen Vincenz und Stocker und weitere Personen wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung.
  • 2020: Die Staatsanwaltschaft Zürich erhebt Anklage wegen gewerbsmässigem Betrug, Veruntreuung, Urkundenfälschung sowie passiver Bestechung zum Nachteil des Zahlungsdienstleisters Aduno und der Raiffeisen Bank.
  • 2021: Prozess gegen Pierin Vincenz und Beat Stocker

Auf Jahresende schliesslich gibt die Aduno grünes Licht für die geplante Übernahme der Kreditfirma. Dabei sollen Vincenz und Stocker in den Verhandlungen aktiv auf die Höhe der «Processing Fee» eingewirkt haben, und zwar zugunsten von Verkäufer Barbier-Mueller.

Die Fee wird nämlich für die Folgejahre bis zur Abwicklung die Gewinne von GCL bestimmen. Die mutmassliche Intervention erfolgt wohl eigennützig. Denn der «Plan B» sieht eine Schattenbeteiligung an GCL vor.

Nachdem die komplexe Transaktion schliesslich geglückt ist, erhält Stocker – und indirekt Vincenz – im Sommer 2012 einen Anteil von knapp einem Drittel an GCL zugesprochen, und zwar als stiller Aktionär. Knapp zwei Jahre später, als dass Kreditportfolio der Genfer Firma abgewickelt und der Raiffeisen-Kredit zurückbezahlt ist, folgt die finale Ausschüttung. Kumuliert gut 9 Millionen Franken fliessen verdeckt an Stocker und Vincenz.