Der Industriechef der Migros: Abgang per 2019. Der oberste Marketing-Mann beim mächtigen Detailhändler: Will sich künftig lieber um Startups kümmern als um den orangen Riesen. Was die Migros diese Woche – aufgrund Recherchen der «Handelszeitung» – überhastet kommunizierte, kommt einem Donnerhall gleich.  

Man muss schon ziemlich weit zurückblättern in der Migros-Geschichte, um auf einen solchen Doppelabgang in der Generaldirektion zu stossen. Bis ins Jahr 1999, als mit Hermann Hasen und Bernard Loeb die Chef-Marketeers Food und Nonfood völlig unerwartet aus dem Migros-Kreml entfernt wurden. «Zuoberst lief es nicht in eine gemeinsame Philosophie zusammen» sagte der damalige Präsident Jules Kyburz. Da stand einer hin und sprach Klartext.  

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Kaum ein Stein bleibt auf dem anderen  

Der heutige Migros-Präsident steht (bisher) nicht hin. Auch seine Tage bei der Migros sind gezählt, er tritt früher zurück als geplant. Wenn das Migros-Präsidium neu bestellt werden muss, wenn zwei Top-Cracks abtreten und im Hintergrund Sparprogramme der gröberen Sorte exekutiert werden, entsteht der Eindruck, dass beim Handelsriesen Migros kaum ein Stein auf dem anderen bleibt.  

Der Eindruck stimmt.  

Doch zu den üblich genannten Gründen – Entschlackung eines Riesen, mehr Fokus auf die Profitabilität, dynamischere Prozesse – kommt ein weiterer Fakt: Der neue Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen fährt mit einer Härte ins Geschäft, die ihm kaum jemand zugetraut hätte. Das überfordert altgediente Migros-Kämpen.

Dass Zumbrunnen in seinem Overdrive die wichtigsten Genossenschaftsfürsten bei massgeblichen Themen auf seiner Seite weiss, macht die Lage für langjährige Kader nicht einfacher.  

Druck aus Zentrale, Druck aus der Peripherie  

Marketingchef Hansueli Siber stand in der öffentlichen Kritik der mächtigen Genossenschaft Zürich. Im Laufe des aktuellen Effizienzprogramms «Fast Forward» hätte er den Spargürtel besonders eng schnallen müssen. In diesem Zangengriff aus Peripherie und Zentrale sah Siber nur noch einen Move: Self-Checkout.  

Walter Huber stoppte offenbar eine Vielzahl an internen Projekten. Der Industriechef muss Massen an Migros-Eigenmarken in den eigenen Kanal hineinverkaufen und dabei stets nach neuen Absatzmärkten suchen. In dieser Rolle hielt sich Huber trotz Euro-Schmelze und zunehmendem Online-Druck passabel. Jetzt wird ihm derart dreingeredet, dass sein karrieretechnisches Self-Scanning ergab: Abtritt.  

Ein Duo macht Drive  

Es ist ein gängiges Muster, dass neu antretende Chefs beherzter zum eisernen Besen greifen als deren Vorgänger, die ein System jahrelang verwaltet haben. Was bei der Migros derzeit geschieht, ist die Verdoppelung des Musters: Gleich zwei Corporate-Ninjas fahren drein beim orangen Riesen.  

Einerseits Fabrice Zumbrunnen, der mit seinem Background als Chef der Migros-Genossenschaft Neuenburg-Freiburg das M-Meccano bezüglich Fernbeziehung Zentrale-Genossenschaften bestens kennt. Andererseits Sarah Kreienbühl, die zu Jahresbeginn vom Hörgerätehersteller Sonova als oberste Personal- und Kulturprozentchefin eingewechselt wurde. Also in jene Charge, die man bisher als «Jöh»-Departement wahrnahm: Den sanften Werten der Migros verpflichtet, aber wenig einflussreich in der strategischen Gestaltung des Handelsriesen.  

Wer so dachte, dachte falsch. Zumbrunnen und Kreienbühl amten als Overdrive-Duo bei der Migros. Die beiden können den orangen Riesen relativ unbekümmert entschlacken. Zusammen sind sie zwei M härter. Ob sie auch mindestens ein M besser sind, müssen sie erst noch beweisen.