Kaum eine andere Branche wurde durch die Digitalisierung so früh und so heftig durchgeschüttelt wie die Musikindustrie. Seit dem Durchbruch der CD Mitte der 1980er-Jahre blieb in der Branche kein Stein auf dem anderen.
Daten über den amerikanischen Musikmarkt – den grössten der Welt – zeigen es eindrücklich: Es war allerdings nicht der technologische Wandel bei den Medien oder Tonträgern, der die Branche aus den Fugen geworfen hat: Sie profitierte gar vom Übergang von Vinyl-Platten und Kassetten zum ersten digitalen Musik-Medium CD, das die Welt im Sturm eroberte – insbesondere Dank überragender Klang-Qualität.
Im Jahr 1999 hat die Branche ihren Höhepunkt erreicht (siehe Grafik unten) – bei einem Umsatz von rund 21 Milliarden Dollar.
Nicht zufällig fällt der Höhepunkt mit der Lancierung der Musiktauschbörse Napster zusammen. Plötzlich war es möglich, über das Internet ganz einfach Musik auszutauschen – und Musiksammlungen auf der ganzen Welt anzuzapfen. Damit ging es mit den Umsätzen der Musiklabels bis 2014 nur noch abwärts (siehe Grafik unten).
Die Grafik zeigt aber nicht nur den wichtigsten Grund für den Niedergang der Branche – eben das Peer-to-peer-Sharing über Plattformen wie Napster, Limewire oder wie sie alle hiessen. Sie zeigt auch ganz klar, wer die Musik-Industrie gerettet hat: Apple. Mit der Lancierung des iTunes Store im Jahr 2004 wurde das Bezahlen für Musik nach Jahren der Gratis-Bonanza plötzlich wieder salonfähig.
Downloads: Ein Intermezzo
Doch dem Herunterladen von bezahlter Musik in Form von MP3-Dateien war ein bloss kurzes Mainstream-Dasein beschieden. Die Industrie wurde erneut von technologischen Möglichkeiten grundlegend verändert: Erhöhte Internet-Bandbreiten in den Haushalten und in den Mobilfunknetzen liessen das Streaming explosionsartig wachsen.
Heute werden rund zwei Drittel aller Umsätze mit Musik über Streaming generiert (siehe Grafik unten). Dabei dominiert das bezahlte Streaming deutlich. Daneben spielen CDs und Vinyl-Schaltplatten weiterhin eine Rolle.
Die Streaming Umsätze wachsen weiterhin sehr schnell – insbesondere über Abo-Modelle wie sie Plattformen wie Apple Musik, Amazon Music und vor allem Spotify bereitstellen (dunkelgrüne Balken unten). Doch auch das durch Werbung finanzierte Streaming legt weiterhin zu (hellgrüne Balken).
Allerdings hat auch die gute alte Schallplatte der Industrie zu ihrer Renaissance verholfen. Die LP war bis Mitte der 1980er-Jahre der Tonträger schlechthin, dümpelte dann Jahre in einer Nische, ist aber in letzter Zeit wieder stark zurückgekommen.
Kurz: Die Digitalisierung hat die Musikindustrie zerstört – und hilft jetzt mit, sie wieder aufzubauen. Insbesondere dank dem Streaming. Zwar ist die Branche weit von den Umsätzen entfernt, die sie einst mit CDs erwirtschaftet hat. Aber immerhin geht es seit 2016 mit den Umsätzen wieder konstant aufwärts.
(Alle Daten können hier bei der Recording Industry Association of America bezogen werden. Der Blog «Visual Capitalist» hat hier über das Thema geschrieben, in Zusammenarbeit mit dem World Economic Forum.)