Für Björn Gulden war es ein doppelt bitterer Tag, als nach den letzten Play-off-Spielen alle Teilnehmer der Fussballweltmeisterschaft in Russland in diesem Sommer feststanden. Nicht nur hatten die Schweden eines der letzten Tickets für das Turnier bekommen, was den gebürtigen Norweger Gulden nach eigener Aussage besonders ärgert.
Nein, sie hatten ihn damit auch vor ein ziemliches Problem im Job gestellt. Gulden ist Chef von Puma und der kleinere der beiden Herzogenauracher Sportartikelhersteller stand nun plötzlich ohne Favoritenteam da. Die Schweden hatten ausgerechnet Italien rausgeworfen, eine der wenigen Top-Mannschaften, die die Raubkatze auf der Brust tragen.
«Es ist sehr, sehr traurig, dass es Italien nicht geschafft hat», sagt Gulden. «Jeder ist traurig, aber Puma besonders.» Für die Hersteller von Sportartikeln sind Europa- und Weltmeisterschaften im Fussball, die alle zwei Jahre im Wechsel stattfinden, besonders wichtig. Sind die eigenen Teams dabei erfolgreich, lassen sich vor allem die Trikots besonders gut verkaufen, aber auch der Absatz von Fussballschuhen zieht in diesen Jahren meist an.
Die Schweiz als Lückenfüller
Doch plötzlich stand Puma nur noch mit zwei Mannschaften in der WM-Endrunde: Uruguay und der Schweiz. Beides keine schlechten Teams, aber eben auch weit davon entfernt, zu den Favoriten zu gehören. Natürlich haben sie bei Puma auch noch einige der Superstars unter Vertrag wie den Dortmunder Marco Reus oder den Franzosen Antoine Griezmann.
Doch sie werden während der WM auf dem Rasen hauptsächlich als Werbeträger der Konkurrenz wahrgenommen. Reus läuft im WM-Trikot der deutschen Nationalmannschaft auf, das traditionell von Adidas gefertigt wird, Griezmann trägt das französische Leibchen von Nike.
Konkurrenten haben die Favoriten unter Vertrag
Die beiden grossen Konkurrenten von Puma haben die Favoriten auf den Weltmeistertitel unter sich aufgeteilt. Adidas hat insgesamt zwölf Mannschaften unter Vertrag, darunter neben den Deutschen weitere Titelkandidaten wie Argentinien und Spanien, den Gastgeber Russland, aber auch mittlere und kleinere Mannschaften wie Belgien, Mexiko, Schweden, Kolumbien, Marokko, Ägypten, Japan und sogar den Iran.
Nike rüstet neben den Franzosen auch noch die Top-Mannschaften aus Brasilien, England und Portugal aus. Dazu weitere Teams wie Südkorea, Saudi Arabien, Nigeria, Polen, Kroatien und Australien.
Dass Puma plötzlich dermassen abgeschlagen dasteht, liegt nicht nur am überraschenden Ausscheiden der Italiener. Vor allem mehrere afrikanische Mannschaften, mit denen Puma traditionell bei den Weltmeisterschaften stark vertreten war, konnten sich nicht qualifizieren. Doch an dieser Stelle konnte Gulden nun vor einigen Tagen doch noch einen kleinen Erfolg vermelden.
Neue Hoffnungen dank Senegal
Überraschend kam nun doch noch ein drittes Puma-Team für die WM hinzu: der Senegal. Bislang war die afrikanische Mannschaft bei einem kleinen arabischen Hersteller unter Vertrag und wechselte nun zur Marke mit der Raubkatze.
Es könne durchaus noch gelingen, ein bis zwei weitere WM-Mannschaften hinzuzugewinnen, sagte Gulden am Montag. «Wir werden eine sehr gute Sichtbarkeit als Marke bei der WM haben», spricht sich der Puma-Chef Mut zu. Trotzdem hinterlässt das Italien-Aus negative Spuren im Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr.
«Der Senegal wird die Verluste durch Italien nicht ausgleichen können – natürlich nicht», sagte Gulden. Wie gross der negative Effekt der verpassten WM für den Sponsor der Squadra Azzurra ausfällt, könne man heute noch nicht genaus sagen. Puma habe den erwartbar schlechteren Verkauf von Italien-Trikots und -Fanartikeln aber bereits in der Prognose für 2018 berücksichtigt.
AC Mailand unter Vertrag
Der Ausblick fiel mit einem erwarteten Umsatzplus von zehn Prozent dann auch deutlich zurückhaltender aus als man es nach dem extrem erfolgreichen vergangenen Jahr hätte erwarten können. 2017 war Puma deutlich stärker um 14 Prozent auf 4,16 Milliarden Euro gewachsen und hatte damit erstmals die Vier-Milliarden-Marke übersprungen.
Doch neben dem negativen Italien-Effekt erwartet Gulden auch Probleme durch den schwachen Dollar. Immerhin soll der Konzerngewinn deutlich zulegen, der sich 2017 bereits auf 135,8 Millionen Euro mehr als verdoppelt hat.
Ein Verein mit grosser Ausstrahlung
Obwohl ihm die Italiener in den vergangenen Monaten viel Kopfzerbrechen bereitet haben, hält Gulden nicht nur an der Nationalmannschaft fest, sondern hat mit dem AC Mailand auch einen weiteren Verein aus der italienischen Serie A unter Vertrag genommen.
Zwar steht der AC Mailand derzeit nur auf dem siebten Tabellenplatz und war in den letzten Jahren auch international deutlich weniger erfolgreich als der Konkurrent Juventus Turin. Der Verein sei aber extrem bekannt, sagte Gulden.
Fokus auf neue Sportarten
Ausserdem hat der italienische Klub aus Sicht von Puma noch einen weiteren enormen Vorteil: Der AC Mailand hat inzwischen chinesische Eigentümer. Deshalb werde er in China auch besonders wahrgenommen, was wiederum beim Trikotverkauf dort helfe. Gulden sagte zudem, er glaube, dass dem italienischen Fussball insgesamt schon bald die Wende und damit die Rückkehr zum Erfolg gelingen werde.
Gulden will künftig aber auch wieder auf andere Sportarten setzen, die vor allem auf dem amerikanischen Markt dominieren. «Wir haben unsere Basis in Ordnung gebracht und denken jetzt darüber nach, in den amerikanischen Markt zu investieren», sagte er. Gulden liebäugelt mit einem Wiedereinstieg in das Geschäft mit US-Sportarten wie Baseball, Basketball und American Football. Das sei nötig, um in den USA erfolgreich zu sein.
Erfolg bei Frauen
Vor allem der Fokussierung auf weibliche Kundinnen sei es zu verdanken, dass sich Puma in den vergangenen Jahren wieder erholt habe. Die Marke hatte erfolgreich auf Botschafterinnen wie die Sängerinnen Rihanna und Selena Gomez gesetzt. Mit diesen Prominenten sei es über soziale Netzwerke gelungen, eine junge Zielgruppe anzusprechen. «Wir sind auf der weiblichen Seite sehr gut aufgestellt», sagte Gulden. «Wir haben noch etwas mehr Arbeit auf der männlichen Seite.» Dennoch wolle man den Fokus weiterhin auf den weiblichen Kunden belassen.
Durch den vor wenigen Wochen verkündeten teilweisen Ausstieg des bisherigen Haupteigentümers, dem französischen Luxuskonzern Kering, gebe es nun grosse Freiheiten für Puma. «Puma muss weiter wachsen, wir müssen liefern, was wir versprochen haben», sagte Gulden auf der Bilanzpressekonferenz. Der französische Luxusartikelkonzern, zu dem Marken wie Gucci oder Yves Saint Laurent gehören, sei nie ein Hindernis gewesen. Nur die – zumeist vergebliche – Suche nach Synergieeffekten mit anderen Kering-Marken falle nun weg.
Dividende steigt
Allerdings lassen sich die Franzosen den Ausstieg mit einer extrem hohen letzten Dividende versüssen. Statt 75 Cent im vergangenen Jahr sollen Aktionäre dieses Jahr 12,50 Euro erhalten. Dadurch dürfte der finanzielle Spielraum deutlich zusammenschrumpfen. «Kering war ein guter Anteilseigner», sagte Gulden. «Ich denke, es ist fair, dass die Firma etwas zurückgibt, wenn die Ergebnisse besser sind.»