In Italien ist man sich weitgehend einig. Das vielleicht bekannteste Dessert der Welt wurde in der Altstadt von Treviso erfunden. Genauer: An der via Giannino Ancillotto 11 im Restaurant Le Beccherie. Ende der 1950er-Jahre soll es gewesen sein, als Ada Campeol mit Biscuits, Mascarpone und Kaffee experimentierte. Das Ziel: Ein Nachtisch, der ihr nach der Geburt ihres Kindes Energie geben sollte. Übersetzt bedeutet Tiramisu so viel wie «zieh mich hoch». Je nach Quelle variiert die Entstehungsgeschichte des Tiramisu ein wenig.
Fakt ist jedoch, dass die Legende nicht ausreicht, um die bekannte Trattoria aus Treviso vor dem finanziellen Kollaps zu retten. Ende März sollen die letzten Bestellungen entgegen genommen werden. Dann schliesst das bereits im Jahr 1939 eröffnete Lokal. Das bestätigte nun Carlo Campeol, der Sohn der Tiramisu-Erfinderin und Inhaber des Restaurants. Drei Mitarbeiter verlieren ihren Job.
Hoffnungszeichen kommen für Tiramisu-Erfinder zu spät
Für den Schritt machte Campeol die historische Wirtschaftskrise in Italien verantwortlich. Die Italiener würden angesichts der Krise ihre Essgewohnheiten ändern. Sie nehmen nun lieber schnelle Snacks in Imbissen zu sich als in Restaurants mit Bedienung zu essen.
Seit Frühjahr 2008 ist das Bruttoinlandprodukt Italiens um insgesamt fast zehn Prozent gesunken. Die Arbeitslosigkeit liegt auf einem Rekordhoch: Wie das Statistikamt Istat am heutigen Freitag meldete, waren im Januar 12,9 Prozent der Menschen ohne Job. Unter den Jungen sind inzwischen über 42 Prozent ohne Beschäftigung. Erst seit wenigen Monaten stabilisiert sich die konjunkturelle Lage allmählich. Ende vergangenen Jahres wuchs die Wirtschaftsleistung erstmals seit 2011 leicht. Auch die Industrie produziert wieder mehr.
«Ende einer Seite in der weltweiten Gourmet-Kultur»
Für das Restaurant aus Treviso kommen die kleinen Hoffnungszeichen indes zu spät. Für die Region Venetien ist das Ende der prestigeträchtigen Trattoria ein Schock: Die Schliessung sei nicht nur das Ende eines Teils der Geschichte von Treviso, sagte Luca Zaia, der Präsident Venetiens und Mitglied der konservativen Partei Liga Nord, «sondern markiert auch das Ende eine Seite in der weltweiten Gourmet-Kultur.»
Tatsächlich bemüht sich die Region Venetien bereits seit vergangenem Sommer darum, das Tiramisu EU-weit als garantierte traditionelle Spezialität (TSG) schützen zu lassen. Das schaffte im Jahr 2010 bereits die Pizza Napoletana aus Neapel.