Seit Jahren wird wild darüber spekuliert, wie das Verlagshaus Ringier die chronisch defizitäre Wirtschaftszeitung «Cash» auf Vordermann bringen will. Nun sollen Sponsoren mit Millionenbeträgen in die Bresche springen. BILANZ liegt eine «streng vertrauliche» Präsentation vor, die Unternehmen davon überzeugen soll, als Werbepartner bei einem neuen Projekt einzusteigen. Überschrift: «Cash daily». Das Ziel: die Zahl der wöchentlichen Kontakte in Print und TV zu wirtschaftsinteressierten Lesern von heute 600 000 auf bis zu 850 000 hochzuschrauben. Ein Medienverbund um die Marke «Cash» soll entstehen, bestätigt Ringier-Konzernleitungsmitglied Thomas Trüb auf Anfrage.

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Ein «Cash daily»-TV soll dreimal täglich als Schweizer Programmfenster auf dem Nachrichtensender N-TV laufen, zur Prime Time um 19, 20 und 23 Uhr, zusätzlich ist die Einschaltung ins internationale Programm von N-TV geplant. Bis zu zwölf Minuten lang soll die Redaktion Wirtschaftsinformationen liefern und einen Studiogast befragen. Ringier will die Sendung auch auf verlagseigenen Internetseiten verbreiten und auf UMTS-Mobiltelefone schicken.

Daneben soll unter der Marke «Cash daily» auch ein Printprodukt gelauncht werden: «die erste tägliche Schweizer Abendzeitung». Das Konzept sieht Geschichten über Wirtschaft und Lifestyle vor, aufgelockert durch Glossen und Comics. Von Montag bis Freitag ab 16 Uhr soll die Zeitung in Erstklasswagen der SBB, an Flughäfen und via Airlines verteilt werden, ausserdem in den Geschäftsstellen der Werbepartner für deren Kunden und Mitarbeiter. Die Leser sollen bis zu 16 farbige Seiten im Tabloidformat in die Hand bekommen, als Auflage sind 30 000 Exemplare vorgesehen. Eine elektronische Ausgabe will Ringier im Abo per Internet anbieten; sie soll mindestens 60 000 User erreichen. Auch eine E-Paper-Version ist geplant.

Als Vorbild diente offenbar die «News am Abend» des deutschen Handelsblatt-Verlags – inhaltliches Konzept, redaktioneller Umfang, Verbreitungswege und Finanzierung für «Cash daily» erinnern stark daran. «News am Abend» wird in ICE-Zügen und Lufthansa-Fliegern verteilt. Unternehmen können eine digitale Ausgabe bestellen und ihren Beschäftigten, Geschäftspartnern oder Aktionären zukommen lassen. Eine Gratwanderung, welche die journalistische Glaubwürdigkeit tangieren kann: Das «Handelsblatt» verkauft quasi sein Markenimage an Firmen, die Werbeformate nutzen können, die es in klassischen Medien nicht gibt, etwa eingeheftete Prospekte oder individuelle redaktionelle Seiten. Zum Kundenkreis gehören Grosskonzerne wie IBM, Volkswagen, UPS oder BP.

Nun will Ringier die Idee klonen und für «Cash daily» ein eigenes Redaktionsteam zusammenstellen. Bis zu zehn Journalisten, die für die täglichen Print- und TV-Ausgaben arbeiten sollen, schweben Thomas Trüb vor. So etwas kostet viel. Derzeit sind die Ringier-Leute auf Roadshow bei möglichen Sponsoren, unter anderem bei grossen Banken. Die Offerte sieht laut Präsentation so aus: Hauptsponsoren, die für ein Jahr 1,5 Millionen Franken auf den Tisch legen, bekommen Werbefläche in allen «Cash daily»-Medien. Zudem werden für Sponsoren journalistische Kriterien übergangen, denn die Werbepartner sollen bevorzugt Gesprächspartner ins TV-Studio schicken und Zitate für Zeitungsartikel abgeben dürfen. Die journalistische Priorität für Sponsoren soll gewichtet werden nach der Summe ihrer Investitionen. Per Ende Oktober will Ringier das Interesse der Werbekunden ermittelt haben. Bislang allerdings, so ist zu hören, hat noch kein Sponsor angebissen. Die Entscheidung, ob «Cash daily» realisiert wird, dürfte noch in diesem Jahr fallen. DRU