Die Sammlung mit Tausenden Songs passt heute dank Smartphones oder iPod in die Hosentasche. Musikkassetten sind verschwunden, die Tage der CD scheinen gezählt. Heute werden Musikdateien im Netz über Anbieter wie Apples iTunes heruntergeladen oder auf Plattformen wie Spotify gestreamt. Digitales Hören ist Trumpf.

Ein altes Musikmedium ist allerdings nicht totzukriegen: Die Schallplatte. Schon der Grossvater legte das sperrige runde Ding auf den Grammphon. So tun es auch heute wieder viele Musikfans – und zwar nicht nur DJs. In der Branche hat sich längst ein Trend abgezeichnet. «Man kann sicherlich von einem Boom sprechen», sagt Lorenz Haas, Chef von Ifpi Schweiz, dem Branchenverband der Schweizer Musiklabels.

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Umsatz verdoppelt

Viele Musikfans wollen wieder die Musik in den Händen halten, statt nur ein File im Computer zu besitzen. «Die Schallplatte hat etwas Sinnliches, ist physisch greifbar und hat eine hohe Ton-Qualität», so Haas. Das schlägt sich auch in den Verkäufen nieder. Laut Ifpi verdoppelte sich der Umsatz in der Schweiz letztes Jahr auf 1,7 Millionen Franken. Verkauft wurden 90'000 Schallplatten mit einem durchschnittlichen Preis von rund 20 Franken.

Tatsächlich dürfte die Stück-Zahl aber viel grösser sein. Kunden kaufen oft übers Internet direkt bei ausländischen Anbietern ein. «Die effektive Verkaufszahl in der Schweiz dürfte wegen der grossen Menge an Direktimporten schätzungsweise doppelt so gross sein», sagt Experte Haas.

200 neue Läden in den USA

Auch in den USA ziehen die Verkäufe an. Der grösste Musikmarkt der Welt verzeichnete in den letzten acht Jahren ununterbroches Umsatzwachstum. Gemäss Branchendienst Nielsen Soundscan stieg der Verkauf von Vinyl 2014 um 52 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 9,2 Millionen Schallplatten wurden verkauft.

Der Trend zeigt Wirkung. In den USA sollen noch in diesem Jahr 200 neue Platten-Läden entstehen, sagt Ladenbesitzer Michael Kurtz gegenüber der US-Online-Plattform «Salon». Kurtz ist Gründer des «Record Store Day», eine einmal im Jahr stattfindende internationale Veranstaltung unabhäniger Plattenläden. Die hohe Anzahl neuer Läden erstaunt. Denn in den vergangenen Jahren machte ein Musik-Geschäft nach dem anderen dicht. Der Wechsel der Kunden ins Internet forderte Opfer. Auch grosse Ketten wie Virgin oder Tower Records verschwanden. Im Musikmekka New York sind nur noch wenige kleine Läden ausfindig zu machen. Und: Sie bieten vor allem Vinyl an.

Neuerscheinungen auf Vinyl

Auch die Musik-Multis wie Sony, Warner oder Universal ist der Vinyl-Trend sichtbar. «Die Labels bringen Neuerscheinungen wieder vermehrt auch als Schallplatte heraus», sagt Ifpi-Chef Haas. Entsprechend setzen die Läden, die noch existieren, auf schwarze Scheibe. «Die Geschäfte holen die Schallplatten aus ihren Kellern und stellen sie wieder prominenter aus» so Haas. Dazu gehört etwa auch das Schweizer Traditionshaus Musik Hug. Seit einigen Monaten bietet es wieder Schallplatten an. «Vinyl ist ein Trend», bestätigt Marketing-Chef Andy Sutter. «Wir bauen seit zwei Jahren das Vinyl-Sortiment aktiv aus.» Vor allem junge Leute würden Schallplatten kaufen.

Doch auch wenn Vinyl starkes Wachstum verzeichnet – für die Branche rechnet sich das Geschäft kaum. «Der Vinyl-Markt ist im Verhältnis zum CD-Markt auf bescheidenem Niveau», sagt Sutter. Das grosse Geld verdiene man damit nicht. 2014 haben die Absätze von Schallplatten in der Schweiz laut Ifpi lediglich 2 Prozent des Gesamtmarkts betragen. In den USA sind es 6 Prozent. «Vinyl-Verkäufe haben wirtschaftlich keine grosse Bedeutung», bestätigt denn auch Ifpi-Chef Haas.

Digitalmarkt wächst

Zahlen wie bei den digitalen Kanälen dürften die Schallplatten daher nie erreichen. Zwar sind phyischen Tonträger wie CD oder eben Vinyl mit 56 Prozent immer noch die Haupteinnahmequelle der Branche in der Schweiz, die im letzten Jahr laut Ifpi insgesamt 84,8 Millionen Franken umgesetzt hat. Doch im Gegensatz zu Vinyl schrumpft das CD-Geschäft immer weiter. 2014 gingen gegenüber dem Vorjahr die Umsätze um 12 Prozent auf 47,5 Millionen Franken zurück.

Immer wichtiger wird der Digitalmarkt. Er steuerte letztes Jahr 44 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Vor allem Streaming ist auf der Überholspur. Der Umsatz stieg hier 2014 um 87 Prozent auf 11,8 Millionen Franken, das sind 14 Prozent des Gesamtumsatzes. Derweil sinken die digitalen Downloads immer weiter. Sie gingen um 21 Prozent auf 25,6 Millionen Franken zurück. Wegen dieser Verschiebung fiel im Digitalmarkt unter dem Strich ein Minus von 3 Prozent an.

Erstmals mehr Geld mit Streaming als mit CDs

Wo die Branche künftig das meiste Geld künftig einsammeln wird, zeigt möglicherweise der Blick in die USA. Zum ersten Mal verdiente 2014 die grösste Musik-Industrie mit Streaming mehr Geld als mit CDs.

Wie die Recording Industry Association of America (RIAA) Mitte März mitteilte, stieg der Umsatz mit Streaming um 3,2 Prozent auf knapp 1,9 Milliarden Dollar. Der Absatz bei den CDs fiel um 12,7 Prozent auf 1,85 Milliarden Dollar. Mittlerweile entspricht der Digitalmarkt mit Downloads und Streaming rund 65 Prozent des Gesamtmarkts, das CD-Geschäft nur noch 27 Prozent.