Die Grossbank UBS ist nicht verantwortlich für den Anlageverlust von Swatch während der Finanzkrise. Das Bundesgericht in Lausanne stützt einen Entscheid des Zürcher Handelsgerichts. Die Debatte um eine Stärkung des Anlegerschutzes erhält mit diesem Entscheid neuen Nahrung.
Im Jahr 2011 hatte Swatch beim Zürcher Handelsgericht Klage gegen die UBS wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht eingereicht. Der Bieler Uhrenhersteller forderte von der UBS 24,8 Millionen Franken Schadenersatz plus Zinsen, wegen schwerer Anlageverluste im Zuge der Finanzkrise 2008.
Swatch fühlte sich von der UBS schlecht beraten, nachdem eine Anlage nach der «Absolute-Return»-Strategie zum Millionengrab wurde. Solche Bankprodukte sollten eigentlich auch Erträge liefern, wenn die Marktentwicklungen ungünstig sind. Die Finanzkrise hatte allerdings auch bei Absolute-Return-Produkten für Ausfälle gesorgt.
Erfahrene Manager
Das Bundesgericht kommt nun zum Schluss, dass die Anlageempfehlungen der UBS im Mai und Juni 2007 angemessen gewesen seien. Zudem seien die Swatch-Verantwortlichen selbst erfahrene Manager. Es sei daher nicht notwendig gewesen, dass die Bank sie auf die üblichen Marktrisiken und die Möglichkeit eines substanziellen Verlusts aufmerksam gemacht habe, hiess es weiter.
Swatch reagierte am Donnerstag mit Bedauern auf den Entscheid der Bundesrichter. Das Urteil begünstige die Investmentbanken und sei zum Nachteil vor allem für kleine Privatanleger.
Die Bank teilte mit, sei sehe ihre Position bestätigt. Sie habe stets darauf hingewiesen, dass sie korrekt gehandelt habe, hiess es in einem Communiqué.
Entscheid mit Brisanz
Vor dem Hintergrund der vom Bundesrat und der Finanzmarktaufsicht FINMA geforderten Verstärkung des Anlegerschutzes birgt der Entscheid des Bundesgerichts einige Brisanz. Seit Juni 2104 ist das neue Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) in der Vernehmlassung. Das Gesetz soll den Schutz der Anleger und Bankkunden verstärken.
Insbesondere sind die Einführung der Verbandsklage , die Beweislastumkehr und die Schaffung eines Prozesskostenfonds vorgesehen. Der Fonds würde Kosten übernehmen, wenn ein vor Gericht unterlegener Kunde seinen Fall an die nächst höhere Instanz weiterzieht. Mit der Umkehr der Beweislast, müssten Kunden nicht mehr eine Falschberatung durch die Bank beweisen, sondern die Bank die korrekte Beratung.
Kritik am neuen Gesetz
Das neue Finanzdienstleistungsgesetz hat in der Vernehmlassung allerdings einen schweren Stand. Mit Ausnahme der SP melden sämtliche Parteien grundsätzliche Kritik an - am deutlichsten die FDP und SVP. Auch die BDP fordert vom Finanzdepartement, dem Departement ihrer Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, «beträchtliche Anpassungen».
Die Schweizerische Bankiervereinigung begrüsst zwar die erhöhte Transparenz für die Kunden. Doch das Gesamtpaket geht den Finanzinstituten entschieden zu weit. In den Vernehmlassungsantworten ist die Rede von «komplizierten und unschweizerischen Regelungen».
Der Chef der UBS Schweiz, Lukas Gähwiler, sprach in einem Interview von einem «bürokratischen Monstrum». Die Bankiervereinigung sieht das Prinzip der Verhältnismässigkeit verletzt.
Zufrieden ist dafür die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Das Finanzdienstleistungsgesetz sei «dringend notwendig», da sonst wiederum «viele Leute viel Geld» mit ungeeigneten Anlagen verlieren würden.
Folgen der Lehman-Pleite
Die Forderungen nach einem verstärkten Anlegerschutz wurden im Zuge der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 laut. Auch zahlreiche Schweizer Anleger verloren damals viel Geld. Im November 2011 präsentierte die Finanzmarktaufsicht erstmals Vorschläge zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen Regulierungen für alle Finanzprodukte und zur Verbesserung des Anlegerschutzes.
Die FINMA kam damals zum Schluss, dass Privatkunden oft nur über geringe Kenntnisse und Erfahrung in Finanzanlagen sowie einen schlechten Zugang zu notwendigen Informationen verfügten. Es fehle ihnen an Erfahrung, Zeit, Motivation und den erforderlichen Mitteln, um sich damit vertraut zu machen.
Professionelle Finanzdienstleister verfügten hingegen über die erforderlichen Spezialkenntnisse, um Chancen und Risiken eines Geschäftes adäquat abwägen zu können. Nach Meinung der FINMA reichen die derzeit vorgeschriebenen Angaben zu Anlageprodukten nicht aus, um die Anleger auf die möglichen Risiken aufmerksam zu machen.
(awp/sda/ccr)