Die Schweizer Uhrenindustrie präsentiert sich an der diesjährigen Baselworld erstmals unter dem seit drei Monaten geltenden strengeren Gütesiegel «Swiss Made». Die neue Verordnung sorgt für keine Unruhe und dürfte auch keine Preiserhöhungen hervorrufen.
Die Uhrenmarken übernähmen die Anpassungen und nur sehr wenige würden auf die Swissness-Kriterien verzichten, erklärt Jean-Daniel Pasche, Präsident des Schweizerischen Uhrenverbandes (FH). Pasche hatte für die strengere Verordnung gekämpft. Seiner Meinung nach müssen die Auswirkungen und Veränderungen nun über einen längeren Zeitraum beobachtet werden.
Seit dem 1. Januar müssen für Uhren, damit sie das Herkunftssiegel «Swiss Made» erlangen, 60 Prozent der Herstellungskosten (Endprodukt) in der Schweiz anfallen. Zuvor lag dieser Wert bei 50 Prozent. Für die Produzenten gibt es eine Übergangszeit von zwei Jahren, um die neue Reglung zu übernehmen.
Geringe Auswirkungen
Die Mehrheit der Uhrenhersteller begrüsste diese strengere Swissness-Regelung. Ein Rundgang durch die Baselworld bestätigt dies. Die neuen Regeln hätten keine Auswirkungen auf das Geschäft, erklärt etwa Elie Bernheim, Chef der unabhängigen Uhrenmarke Raymond Weil. «Wir sind bereits über dem Wert von 60 Prozent», stellt er fest.
«Die neue Regelung ist für uns von grossem Interesse, weil sie uns einen wirklichen Mehrwert schafft», erklärt auch Vladimir Zennaro, Chef von Bergeon. Um die Herkunftsbezeichnung zu garantieren, habe die Uhrenmarke gewisse Produkte «repatriiert».
Swiss Made sei eine grosse Chance, sagt auch Certina-Direktor Adrian Bosshard. Im Gegensatz zu anderen Firmen, habe die Swatch Group immer schon 50 Prozent verlangt. Für Marken wie Certina sei es daher einfach, auf einen Wert von 60 Prozent zu kommen.
Schweizer Werkstoffe
Breguet und Blancpain sowie weitere Marken der Nummer eins der Uhrenindustrie brüsten sich bereits heute damit, dass fast 100 Prozent ihrer Bestandteile aus der Schweiz stammen. Die einzigen Teile, die nicht Schweizer Produkte seien, seien die Lederuhrenbänder und Uhrenschatullen.
Auch für den französischen Luxusgüterkonzern LVMH, der in der Schweiz die Bulgari-Uhren produziert, stellt die neue Verordnung kein Problem dar. Aber einige Werkstoffe wie Diamanten, Gold oder Leder müsse man weiter importieren.
Bei diesen Produkten seien die Käufe in Asien aber nicht profitabler als ihre Beschaffung in der Schweiz, erklärt Tissot-Chef François Thiébaud. Die Importpreise würden durch Kontrollen sowie Zoll- und Transportkosten ansteigen.
Auch die Smart-Watches, also Uhren mit Verbindung zum Internet, entgehen der neuen Verordnung nicht. Um das Gütessiegel Schweiz zu erhalten, müssen die Uhren vollständig in der Schweiz entwickelt worden sein. Für Tissot und die anderen Swatch-Marken sei es fundamental wichtig, dass die Smart-Watches die Schweizer Herkunftsbezeichnung hätten, sagt Thiébaud.
Keine Preissteigerungen
Die Mehrheit der befragten Uhrenhersteller rechnet auch nicht damit, dass die Übernahme der Swissness-Kriterien Auswirkungen auf die Preisen haben wird. Eine Übergangszeit von zwei Jahren, um die Lager abzubauen, dürfte ausreichen, stellt Longines-Chef Walter von Känel fest. Diese Frist werde auch Preiserhöhungen verhindern.
Auch bei Raymond Weil geht man davon aus, dass keine Preiserhöhungen notwendig sein werden. Im Gegenteil, man habe die Preise gesenkt, sagt Bernheim.
Kritischer sieht dies Eric Loth, Chef der Marke Graham aus La Chaux-de-Fonds. Persönlich sei er gegen die Verordnung. Swiss Made werde Produkte aus dem mittleren Preissegment (zwischen 200 und 1000 Franken) zum Verschwinden bringen. Es werde nämlich schwierig sein, bei Quarz-Uhren aus diesem Preissegment die erforderlichen 60 Prozent zu erreichen, glaubt Loth.
(sda/ccr)
Welche vier Trends die Uhrenindustrie 2017 prägen wird, sehen Sie im Video: