Zwischen SIX und Mastercard eskaliert ein Streit. Die Schweizer Börsen- und Payment-Anbieterin im Besitz der Schweizer Banken hat bei der Weko eine Anzeige gegen die Kreditkartenfirma eingereicht, weil diese die Einführung eines neuen Schweizer Systems, das «National Cash Schemes», verhinderte. Nur ermittelt die Wettbewerbsbehörde gegen Mastercard.
Offenbar ist die Stimmung hoch gereizt. Beide Seiten kommunizieren mit dürren Communiqués. Gegenüber der Handelszeitung kündigt Mastercard jedoch bereits an, gegen die von der Weko ergriffenen, nicht namentlich bekannten vorsorglichen Massnahmen zu rekurrieren. «Mastercard wird die Verfügung der WEKO deshalb vor dem Bundesverwaltungsgericht anfechten», schreibt Sprecherin Juliane Schmitz-Engels.
Die Schweizer Banken bauen ein neues Bezahlsystem
Worum geht es? Die SIX will – zusammen mit den Banken – das Bankomaten-System vereinheitlichen. Dank einem neuen Kartenstandard, dem NCS, und neuer Software auf den Geldautomaten, soll es künftig möglich sein, auch an Fremdautomaten Kontotransaktionen abzufragen, Einzahlungen zu machen oder andere Geschäfte zu tätigen. Auch Bargeldbezüge sollen künftig über NCS stattfinden können, wie SIX-Sprecher Jürg Schneider sagt.
Schon heute laufen solche Transaktionen über das System der SIX, allerdings in weit weniger grossem Umfang. So sind an Fremdbankomaten lediglich Geldbezüge möglich. Einzahlungen und Saldoabfragen funktionieren dagegen nur an den Automaten der Hausbank.
Der Ausbau dieser Dienstleistungen macht es offenbar nötig, dass die Karten speziell kodiert werden. Faktisch führt die SIX damit ein eigenes, nationales Beszahlsystem ein. So wie es früher mal mit «EC-Direkt» existierte oder wie es die Postfinance noch für ihre Postfinance-Card betreibt.
Davon fühlt sich Mastercard bedroht. Der Kreditkartenkonzern verweigert Karten, die den NCS-Code tragen, die Zusammenarbeit. Solche Karten dürfen nicht gleichzeitig auch als «Maestro» oder «Debit Mastercard», beides Mastercard-Labels, daherkommen. Die Verweigerung ist für die SIX ein Missbrauch der Marktmacht, die Mastercard im Debitkarten-Geschäft hat.
Konkurrentin Visa scheint solche Bedenken nicht zu kennen. Sie hat der Kooperation bereits zugestimmt. Allerdings hat sie im Bereich Debitkarten auch deutlich weniger zu verlieren, ist ihr Marktanteil doch immer noch sehr gering. Mit Ausnahme von UBS und Raiffeisen geben heute kaum Banken Debitkarten mit Visa-Label aus.
Ein neuer Konkurrent entsteht
Die Befürchtungen von Mastercard, dass hier eine neue Konkurrenz entstehen könnte, sind wohl nicht unbegründet. Mit «Twint» betreibt die SIX bereits ein eigenes Bezahlsystem, das bisher allerdings nicht für Bargeldbezüge an Automaten taugt. Gleichzeitig werden die Geldautomaten umgerüstet, damit auch kartenlos mit QR-Codes Geld abgehoben werden kann – so wie das bei der Credit Suisse schon heute möglich ist.
Kommt zu diesen SIX-Angeboten noch ein System mit eigens codierten Karten dazu, ist es nicht mehr weit bis zum «Twint plus», das auch Plastikkarten und Bankomaten mit einschliesst. Und dann geht es für Mastercard plötzlich um viel Umsatz.
1 Kommentar
Warum kann ich nicht am Geldautomaten, Bank/Post unabhängig, entscheiden, ob ich Bargeld, Prepaid-CreditCard oder das Smartphone lade? Dann bin ich von dem Gebühren fressenden Credit / Debit Card à la Mastercard/VISA u.a. unabhängig. D.h. Ich beziehe MEIN Geld direkt ab MEINEM Konto.