Bisher war SV Hotel als eine Art Hotelsöldner unterwegs: Das Unternehmen führt hauptsächlich Betriebe von Marriott-Marken wie Courtyard, Renaissance oder Moxy. Warum gehen Sie nun plötzlich mit einer eigenen Marke an den Start?
Beat Kuhn: Weil wir uns viel versprechen vom Extended-Stay-Markt. Damit sind Stadthotels gemeint, in denen Gäste länger als nur eine oder zwei Nächte bleiben. Sondern vielmehr Wochen oder sogar Monate.
Bisher gab es solche Konzepte vor allem fürs Topmanagement, mit den entsprechenden Preisen. Unser neues Hotelkonzept macht Longstay auch für KMU erschwinglich.
Wie teuer ist ein Aufenthalt im Stay Kooook?
Das Preisband startet in einer Hotelkalkulation zwischen 140 und 200 Franken pro Nacht. Je länger man bleibt, desto günstiger wird es.
Ab einem Aufenthalt von 28 Nächten orientieren wir uns am lokalen Wohnungsmarkt, da sind wir dann bei etwa 2300 Franken pro Monat.
Mit Stay Kooook schliessen wir zudem eine Nachfragelücke, denn ein Extended-Stay-Konzept gibt es in Bern noch nicht.
Beat Kuhn
Sie haben diese Woche in Bern das erste Stay Kooook eröffnet – leichtsinnig, mutig oder gegenwartsblind?
Weder noch. Wir sehen, dass in der Stadthotellerie jene Betriebe am besten laufen, die auf nationale Nachfrage bauen, einen privaten Bereich und einen Longstay-Charakter haben.
Gerade heute sehnen sich die Gäste vornehmlich nach Sicherheit und Wohlbefinden, Stay Kooook trifft den Nerv der Zeit.
Spielten Sie mit dem Gedanken, die Stay-Kooook-Premiere in Bern-Wankdorf zu verschieben?
Nein. Bern wurde nicht so hart getroffen wie andere Städte. Aktuell ist die Stadthotellerie hier um 30 Prozent ausgelastet, viel besser als in anderen Städten.
30 Prozent bedeutet: Sieben von zehn Zimmern sind leer. Kommt dazu: Geschäftskunden fliegen weniger, Events werden abgesagt, die Stadthotellerie steckt in einer gewaltigen Krise.
Das ist schon so. Aber Bern verzeichnet seit Jahren eine steigende Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten. Mit Stay Kooook schliessen wir zudem eine Nachfragelücke, denn ein Extended-Stay-Konzept gibt es in Bern noch nicht.
Nächste Eröffnungen sind in Nürnberg und Leipzig geplant. Nicht gerade die grossen Wirtschaftsmetropolen.
Wenn wir die Wahl haben, ist uns eine A-Lage in einer B-Stadt lieber als eine B-Lage in einer A-Stadt. Aber das heisst nicht, dass uns prominentere Städte nicht interessieren.
2023 etwa soll auch in Genf ein Stay Kooook eröffnen, Hamburg und München stehen ebenfalls auf dem Programm. Die generellen Entwicklungen in grösseren Städten spielen uns dabei in die Hände.
Wie meinen Sie das?
Wir sehen, dass sich der Detailhandel in grossen Städten, und dies auch an allerbesten Lagen, stark verändert. Grosse Retailer verkleinern ihre Fläche und siedeln ihre Angebote vermehrt nur noch im Erdgeschoss und auf wenigen Etagen darüber an.
Das bedeutet für uns, dass die oberen Stockwerke frei und damit interessant für ein Stay Kooook werden könnten. Diesbezüglich sind wir in mehreren Städten in fortgeschrittener Verhandlung.
Sprechen Sie damit vor allem die Lage der Warenhäuser an?
Nicht nur, aber auch. Warenhäuser in der Schweiz und in Deutschland gehören ganz bestimmt zu unseren Zielobjekten. Unser Angebot ist eine Win-win-Situation: Das Warenhaus kommt zu neuen Mietern in den oberen Etagen – und unsere Gäste profitieren davon, dass sie im Erdgeschoss des Longstay-Angebots spannende Angebote aus Retail und Gastronomie finden.
Beim Begriff «Longstay» geht man meist von beruflichen Spezialisten aus, die wochenlang am Zielarbeitsort aktiv sind. Lebt das Segment aber nicht vor allem von Männern, die von ihren Ehefrauen rausgeworfen worden sind?
Wir sind ein urbaner Überbrücker für Gäste, die aus welchen Gründen auch immer während einer gewissen Zeit eine Unterkunft brauchen, die sofort verfügbar ist, Komfort und Sicherheit bietet und bezahlbar ist. Expats, die auf der Suche nach einer Wohnung sind und währenddessen im Longstay-Hotel leben, sind eine von vielen weiteren Zielgruppen.
Der grösste Triumph wäre es wohl, wenn Stay Kooook in den USA, dem Heimatland des Longstay, landen würde. Oder verhindert dies Marriott per Gebietsschutz?
Ausgeschlossen ist es nicht, ein eigentlicher Gebietsschutz besteht nicht. Am meisten Sinn macht unsere Marke in den deutschsprachigen Ländern. Könnte es auch anderswo funktionieren? Träumen ist erlaubt und das Potenzial ist bestimmt da. Zumal die Idee von Stay Kooook weiter reicht. Im Endausbau vernetzen sich die Gäste zu einer länderübergreifenden Community. Durchaus denkbar, dass ein Stay-Kooook-Gast in Leipzig sein Zimmer tauscht mit einem Gast, der im Stay Kooook Bern lebt.
Wie gut ist das erste Stay Kooook in Bern-Wankdorf schon gebucht?
Aktuell liegen wir immer noch im unteren zweistelligen Bereich. Wie in allen anderen Stadthotels wird auch bei uns sehr kurzfristig gebucht. Mit unserem Host-Konzept vor Ort und dem zentralen Support von SV Hotel kann ein Stay Kooook auch bei einer Belegung von unter 50 Prozent profitabel geführt werden.
Was bedeutet der Name Stay Kooook eigentlich? Einen Koch gibt es ja mangels konventionellem Restaurant gar nicht in diesem Konzept.
Die vier «o» in der Mitte zeigen vier Gesichter und damit, dass hier Gast und Gastgeber im Mittelpunkt stehen. Flankiert von zwei «K», das sind die Vorhänge dieser Bühne.