Keine Festnetz-Anrufe, kein Handy-Empfang, vereinzelte Notruf-Nummern, die nicht funktionieren: Die vierte Grosspanne in diesem Jahr auf dem Swisscom-Netz gibt zu denken. Und sie hat nun definitiv auch die Bundesparlamentarier geweckt. Die zuständige Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen KVF verlangt so rasch als möglich Antworten vom Blauen Riesen. Sie will die Swisscom-Spitze um Langzeit-Chef Urs Schäppi an ihrer nächsten Sitzung antraben lassen, um endlich Antworten zur Pannenserie beim einstigen Vorzeige-Bundesbetrieb zu erhalten.
Doch die Bundesparlamentarier sind mit ihrem Troubleshooter-Aktionismus falsch verbunden. Anstatt aufmerksamkeitsheischend Netzwerk-Pannen zu ergründen, sollten sie endlich ihre eigentlichen Hausaufgaben machen. Das heisst: Die Swisscom organisatorisch und in ihren Besitzverhältnissen so aufzustellen, dass sich der Telekomkonzern auch in Zukunft bestmöglich entwickeln kann.
Neudeutsch bedeutet dies: Governance. Und bei der liegt im Falle der Swisscom so ziemlich alles im Argen.
«Man muss sich das einmal vorstellen: Der Mehrheitseigner will die eigenen Kontrollorgane absägen.»
Jüngstes Beispiel ist die parlamentarische Attacke des Blauen Riesen auf die Eidgenössische Finanzkontrolle. Mit Hilfe einer Motion aus der Swisscom-nahen CVP versucht der Telekomkonzern eigenmächtig übers Parlament zu erreichen, dass die EFK den Bundesbetrieb künftig nicht mehr kontrollieren darf. Die Begründung: Man sei ein börsenkotierter Konzern und müsse alle Aktionäre gleich behandeln. Ein Scheinargument: Als ob nicht schon heute die Eidgenossenschaft als Mehrheitseigner einen Sonderstatus geniessen würde.
Sukkurs erhält die Swisscom dabei ausgerechnet vom Bundesrat. Man muss sich dies einmal vorstellen: Der Mehrheitseigner will die eigenen Kontrollorgane, also die EFK, in ihrer Arbeit absägen. Eine Arbeit, die angesichts der Pannenserie höchst notwendig erscheint.
So kontrollierte die EFK im letzten Jahr unter Wahrung des Amtsgeheimnisses die Risikomanagement-Systeme der Swisscom. Winkt der Nationalrat im Juni nun allerdings die Verbots-Motion durch, könnte es der erste und letzte Prüfbericht der EFK zur Swisscom gewesen sein.
Dividendensegen für Bundeskasse nicht garantiert
Das Beispiel zeigt, wie verquer die Governance bei der Swisscom ist. Ein börsenkotierter Konzern mit einem staatlichen Mehrheitseigner, der gleichzeitig Stratege, Regulator und Finanzaufseher in Personalunion ist. Das kann nur zu ständigen Friktionen führen. Und es setzt letztlich den wirtschaftlichen Erfolg des Telekomkonzerns ohne Not auf Spiel.
Der jährliche Dividendensegen der Swisscom für die Eidgenossenschaft ist daher keineswegs so selbstverständlich, wie die Berner Beamten dies gerne hätten. Gerade im Telekom- und Technologiegeschäft entwickeln sich die Dinge disruptiv.
Die Politik sollte deshalb die Pannenserie als operatives Alarmsignal verstehen und endlich das notorische Governance-Versagen des Bundes anpacken. Dabei kann es aus liberaler Sicht nur eine saubere Lösung geben: Die Swisscom muss vollständig privatisiert werden.