Twint ist ein Erfolg. Mit mehr als 700 Millionen Transaktionen bei 5 Millionen Nutzern und Nutzerinnen hat sich das Schweizer Bezahlmittel definitiv etabliert. Zwar hat sich das Wachstum etwas abgeflacht. Aber Twint konnte auch 2024 noch einmal deutlich zulegen. Doch die App ist kein Allheilmittel.
Erstens hat Twint das einstige Versprechen, eine für den Handel günstigere Alternative zu sein, schon lange gebrochen. Die Rechnung mag für einzelne, grosse Detailhändler stimmen. Aber vor allem kleine Händler und Gastrobetriebe bezahlen bei Twint gleich viel für Transaktionen wie bei Kartenzahlungen. Oder sogar mehr.
Zweitens ist Twint für Kundinnen und Kunden keine wirkliche Alternative zu den grossen Kreditkartenbrands, sondern eher so was wie das EC-Direkt des 21. Jahrhunderts. Es ist eine proprietäre Schweizer Lösung mit einer wenig kompatiblen Technologie. Auch Jahre nach dem Start wirkt einiges immer noch ein wenig gebastelt. Es funktioniert, ist aber keine Revolution.
Vor allem aber löst Twint im Payment Probleme, die es schon lange gar nicht mehr geben sollte. Einfacher online Bezahlen? Ist vor allem ein Versagen der Kreditkartenbranche, die erst jetzt mit neuen Login- und Checkout-Lösungen kommt, die schon vor Jahren hätten eingeführt werden können. Schneller Geld überweisen? Sollte mit dem neuen Instant-Standard der Schweizer Banken eigentlich kein Thema mehr sein. Wenn die Banken das nur vernünftig umsetzen. Banken wie Revolut zeigen, wie einfach das geht.
Vor allem aber ist Twint eine rein schweizerische Lösung, die schon in Lörrach, Dornbirn oder Como nicht mehr funktioniert. Technisch wäre es ein Leichtes, Twint mit ähnlichen Systemen im Ausland zu koppeln. Tests fanden schon vor Jahren erfolgreich statt. Und doch scheint da gar nichts zu laufen.
Banken wollen ihr lukratives Kartengeschäft schonen
Warum? Vielleicht, weil die Banken hinter Twint ihr lukratives Auslandsgeschäft mit den Kredit- und Debitkarten nicht gefährden wollen. Vielleicht auch, weil Twint diese Banken schlicht nicht interessiert.
Denn Innovation fand bei Twint zuletzt nicht im «Bread-and-Butter-Payment» statt, sondern bei Vertriebspartnerschaften und originellen Systemintegrationen, die zusätzlichen Umsatz generieren. Kompatibilität mit Kundenkarten, Bezahlen an Parksäulen und in Hofläden, Online-Aktionitis. Das ist für Twint die Kür, alles andere ist leidige Pflicht. An den Direktüberweisungen zwischen uns Kunden und Kundinnen verdient Twint keinen Rappen.
Langfristig ist das eine gefährliche Strategie. Die Nische funktioniert, gleichzeitig bleibt Twint aber auch darin gefangen. Vor allem aber schläft die Konkurrenz nicht, aus deren Versagen Twint einst seine Legitimation zog. Die europäischen Banken hätten aktuell noch die Chance, im Mobile Payment eine gemeinsame Alternative zu amerikanischen und chinesischen Systemen zu etablieren. Aber sie scheinen es gerade einmal mehr zu verschlafen.