Barry Eichengreen*, Ökonomieprofessor an der US-Universität Berkeley, kritisiert die Schweizerische Nationalbank für die Aufgabe des Mindestkurses zum Euro. «Ich halte es noch immer für einen falschen Entscheid», sagt Eichengreen im Bilanz-Interview. «Die Aufhebung war ein Schock für die Schweiz und das System, der unter diesen Umständen nicht nötig war.»
Keine überzeugende Begründung
Die Begründung der SNB – Verlust der Kontrolle über ihre Bilanzsumme – hält er für nicht überzeugend: «Die Kontrolle über die Bilanz würde ich sehr tief auf die Prioritätenliste einer modernen Zentralbank setzen.» Die Prioritäten der Nationalbank seien Preisstabilität, Finanzstabilität und Beschäftigungspolitik. «Wenn andere Verpflichtungen ihre Umsetzung verhindern, sollten sie überdacht werden».
Er spricht sich deshalb auch gegen die Ausschüttung von SNB-Gewinnen an die Kantone aus. Eichengreen fordert: «Die Schweiz sollte jetzt eine öffentliche Diskussion über die richtigen Ziele der SNB führen».
*Barry Eichengreen (62) lehrt seit 28 Jahren Ökonomie in Berkeley und verbringt gerade ein Jahr in Cambridge. Zusammen mit dem früheren US-Notenbank-Chef Ben Bernanke gilt er als führender Ursachen forscher der Grossen Depression der dreis siger Jahre. Notenbanken sind für ihn öffentliche Institutionen, die der Wirtschaft dienen und nicht Profit maximieren sollen. Sie könnten deshalb auch mit negativem Eigenkapital arbeiten – wie in Israel oder Chile.
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