Vanillekuchen mit Zuckerperlen, ein saftiges Schoko-Haselnuss-Törtchen oder doch lieber eine prickelnde Beerenbrause? Körperpflegeprodukte mit sogenannten «Gourmand-Düften» liegen im Trend. Klassische Parfüm-Düfte mögen wir aber trotzdem noch - immer lieber auch auf dem Teller statt unter der Dusche.

Sie sehen zum Anbeissen aus und duften nach Kuchen, Zuckerwatte oder Popcorn: Die Seifen und Badekugeln der Kosmetikkette Lush. Das englische Unternehmen betreibt weltweit über 900 Läden. In der Schweiz sind es 18 Shops, allein in den letzten drei Jahren sind fünf dazu gekommen.

Die Körperpflegeprodukte, die nach Lebensmittel duften, scheinen immer beliebter zu werden. Im vergangenen Geschäftsjahr konnte Lush seinen Markenumsatz um 26 Prozent, und im ersten Semester des laufenden Jahres um 22 Prozent steigern.

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Beliebte Duftrichtungen

Tatsächlich bildeten die Gourmand-Noten letztes Jahr eine der beliebtesten Duftrichtungen bei Kosmetika in Europa. 17 Prozent der neu lancierten Produkte dufteten nach Lebensmitteln. Beliebter waren nur noch die floralen Düfte mit einem Anteil von 23 Prozent. Das zeigt eine Auswertung des Aromen- und Duftherstellers Bell, basierend auf Zahlen der Marktforschungsfirma Mintel.

Allerdings sind die Gourmand-Düfte Schwankungen unterworfen. Ein Hoch verzeichneten sie 2013, als sie mit fast 19 Prozent gar beliebter waren als die blumigen Düfte (17 Prozent). Nach einem Rückgang in den Jahren 2014 und 2015 erleben die Lebensmittel-Düfte jetzt wieder einen Aufschwung.

Das spürt auch Mibelle: «Im Körperpflegesegment verzeichnen wir eine wachsende Beliebtheit an Düften wie Schokolade, Karamell oder auch Kuchendüften», sagt Michael Peck, Verantwortlicher für die Produktentwicklung bei der Migros-Kosmetiktochter.

Belohnung unter der Dusche

Mit Duschschäumen, die etwa nach Donuts oder Vanille-Glacé riechen, ist vor eineinhalb Jahren ausserdem die deutsche Marke Bilou auf den Gourmand-Zug aufgesprungen. Mit Erfolg: In Deutschland erreichte Bilou laut dem Marktforschungsunternehmen Nielsen innerhalb kurzer Zeit einen Marktanteil in Drogeriemärkten von 8,1 Prozent.

In der Schweiz, wo die Bilou-Produkte seit Mai 2016 bei Manor verkauft werden, gebe es bei der Einführung neuer Schäume immer wieder einen hohen Andrang, heisst es beim Warenhaus auf Anfrage.

Essens-Düfte in Kosmetika sind beliebt, denn sie geben uns ein gutes Gefühl, wie Thomas Hummel, Riechforscher am Universitätsklinikum Dresden, weiss. «Gibt man Lebensmittel-Düfte in die Nase, wird das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert», erklärt Hummel.

Bei Gourmand-Düften geschehe das eher als blumigen Düften. Ausserdem möge der Mensch, was er kennt. «Mit Lebensmittel-Düften sind wir vertraut. Jeder weiss zum Beispiel, wie Schokolade riecht», sagt Hummel. Mit blumigen Düften, etwa mit Lavendel, kennen wir uns dagegen weniger gut aus.

Traditionelle Düfte gefragt - aber nicht überall

Den Wunsch nach dem Vertrauten in der Parfümerie beobachtet auch Peter Wullschleger, Mediensprecher des Aromen- und Riechstoffherstellers Givaudan. Der Konzern hat gemäss seinem Geschäftsbericht einen Marktanteil von rund 25 Prozent und ist damit Marktführer in der Herstellung von Riechstoffen und Aromen. Im Jahr 2016 hat das Unternehmen mit Hauptsitz in Vernier GE einen Umsatz von 4,7 Milliarden Franken erzielt.

Laut Wullschleger gilt: Was in der Küche gut schmeckt, riecht man auch auf dem Körper gern. «Vor zehn Jahren noch assen die Leute besonders gerne asiatische Gerichte und auch in der Kosmetik waren exotische Düfte sehr gefragt», sagt Wullschleger. Jetzt zeige der Trend wieder in Richtung Tradition. Givaudan forsche deshalb gezielt nach vertrauten Noten. Ein Beispiel sei der Duft «Pomarose», der gleichzeitig nach Rosen und nach Apfelwähe rieche.

Bei Putzmitteln muss es frisch sein

Im Jahr 2016 war allerdings Kokos Spitzenreiter unter den Gourmand-Düften in Europa, wie Zahlen der Forschungsfirma Mintel zeigen. Auf Platz zwei und drei folgten Vanille und Mandel.

Schon länger als Kosmetika werden Reinigungsmittel mit Düften von Lebensmitteln attraktiv gemacht. Anders als in der Körperpflege können bei Putzmitteln süsse Düfte allerdings nicht punkten. «Bei Reinigungsmitteln muss der Duft frisch und sauber riechen», erklärt Cornelius Nussbaumer, Chemiker und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Aromen- und Riechstoff-Industrieverbands SFFIA. «Der Duft der gelben Zitrone etwa sagt 'alles ist gut', obwohl das natürlich noch nichts über die Sauberkeit aussagt», schmunzelt der Nussbaumer.

Verkehrte Aromen-Welt

Kosmetikprodukte sind zum Verzehr zwar meist ungeeignet, Feinschmecker können sich aber trotzdem freuen: Givaudan-Sprecher Peter Wullschleger stellt nämlich auch bei Lebensmittel-Aromen einen neuen Trend fest. «Aromen, die für Lebensmittel eher atypisch sind, finden sich vermehrt in Speisen wieder», sagt Wullschleger. Als Beispiel nennt er Lavendel- oder Rosen-Glacé. Aber auch Tonkabohnen, welche in der Luxusparfümerie verwendet werden, sind vermehrt Bestandteil von Desserts und Steaksaucen.

Laut Christine Schäfer, Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut GDI spielt auch hier das Bedürfnis nach Tradition eine Rolle. «Rosen, Lavendel und Holunderblüten hat man schon zu Grossmutters Zeiten in Speisen integriert», sagt Schäfer. Glacé habe man damals aber kaum gemacht. «Es handelt sich also eher um eine Wiederentdeckung in neuer Form», sagt die Forscherin.

Nostalgie hin oder her, bei den Kunden von Schweizer Detailhändlern haben es solche Produkte noch schwer. Eine Rosenblätter-Konfitüre zum Beispiel muss die Migros wieder aus dem Sortiment nehmen. Das Interesse der Kunden ist zu gering, wie eine Sprecherin sagt. Und auch Wullschleger meint: «Im Bereich Aromen ist der Konsument ganz klar konservativer als bei den Duftstoffen.»

(sda/ccr)