Gesund soll er sein, lokal, saisonal und mit Liebe gefertigt: So stellen sich viele heutige Konsumenten ihren Traum-Burger vor. Mit ihren Qualitätswünschen und der zunehmenden Popularität gluten- und laktosefreier Ernährung machen es die Kunden den grossen Fastfoodketten nicht leicht, ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Um beim Gesundheitstrend mitzuhalten, hat McDonald's in der Schweiz nun einen Quinoa-Burger ins Sortiment genommen. Quinoa hatte zuletzt als sogenanntes «Superfood» die Speisekarten der unzähligen veganen und selbstdeklarierten Gesundheitstempel erobert, die in Schweizer Grossstädten aus dem Boden schiessen.

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Auch für McDonalds war die Einführung des neuen vegetarischen Burgers ein Erfolg: Seit der Lancierung der Quinoa-Patties Mitte Juli habe sich der Absatz von vegetarischen Produkten verdreifacht, sagte Thomas Truttmann, Direktor Marketing und Kommunikation bei McDonald's Schweiz zuletzt dem Nachrichtenportal watson.ch.

Weniger Kunden, weniger Umsatz in der Schweiz

Das Burgerhaus hat Innovationen bitter nötig: Im vergangenen Jahr brach der Umsatz von McDonald's Schweiz um 33 Millionen auf 701,9 Millionen Franken im Vergleich zum Vorjahr ein – mit insgesamt 100 Millionen Gästen im Jahr 2015 spiesen fünf Millionen Kunden weniger als noch 2014 in den Schweizer Filialen.

Zuletzt wurde bekannt, dass McDonald's eine prominente Filiale im Zürcher Niederdorf auf Ende Jahr schliesst. Man orientiere sich dabei an den erwarteten Veränderungen in Bezug auf die Kundschaft. Mit anderen Worten: Die Resonanz ist weniger gross als erhofft. Auch in den Grenzgebieten leidet der BigMac-Konzern: Kunden weichen wegen des starken Frankens vermehrt auf Filialen im Ausland aus. Und die Probleme beschränken sich nicht nur auf die Schweiz: Bei steigenden Verkäufen gingen Umsatz und Gewinn im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreswert weltweit zurück.

«McDonalds hat ein Imageproblem»

Der Fastfood-Riese versucht schon länger, sich ein gesünderes Image zuzulegen. Zunächst wurde das gelbe M im Logo in Europa von rot auf grün umgebettet. Dies sei auch als Bekenntnis und Respekt vor der Umwelt zu werten, sagte 2009 der damals stellvertretende Deutschlandchef der Fastfood-Kette, Holger Beeck, der Financial Times Deutschland. Dann fing der Konzern an, in Hongkong und Genf mit Salatbars zu experimentieren. Nun folgt mit dem Quinoa-Burger eine Neuauflage des vegetarischen Burgers. Ob dieser die Verluste des vergangenen Jahres kompensieren kann, bezweifelt McDonald's-Marketingchef Truttmann: «Bei einem Umsatz von mehr als 700 Millionen Franken macht nicht ein einzelnes Produkt den Unterschied», sagt er zu handelszeitung.ch. Dennoch verkauften die 165 Schweizer Filialen täglich sehr viele vegetarische Produkte.

Markenexperte Cary Steinmann bezweifelt, dass McDonald's mit dem Einschwenken auf den Gesundheitstrend Erfolg hat: «McDonald's versucht, dem Zeitgeist hinterherzulaufen – aber dieser läuft ihnen davon.» Der Konzern habe ein Imageproblem, so Steinmann. «Über Jahrzehnte hat der Konzern seine Gerichte als Fun Food und nicht als gesunde Nahrungsmittel vermarktet.» Beim Verkauf von gesunden Produkten sei McDonald's nicht glaubwürdig genug. Im Gegenteil: Mit dem Versuch, an allen Enden an der Marke herumzuschrauben, verwässere man den Brand noch zusätzlich.

Mehr Kalorien als doppelter Cheeseburger

«McDonald's betreibt mit der Einführung angeblich gesunder Produkte Healthwashing», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin von der Stiftung für Konsumentenschutz. Produkte wie der Quinoa-Burger suggerierten den Kunden, dass sie sich und ihrer Linie etwas Gutes täten, obwohl dies nicht zwingend der Fall sei, so Stalder. Das zeigt der Kalorienvergleich der Burger: Der Quinoa-Veggie-Burger kommt pro Stück immer noch auf 480 Kalorien. Er hat damit mehr Kalorien als ein normaler Hamburger (255 kcal) oder sogar ein doppelter Cheeseburger (435 kcal).

Dass es für McDonald's Sinn macht, den Fokus weiter auf fleischlose Produkte zu legen, zeigt der Trend hin zu veganen und vegetarischen Restaurants wie Elle'n'Belle, Dean & David, Hitzberger oder Hiltl. Auch Burger-Alternativen schiessen an allen Ecken aus dem Boden, die zwar oft ebenfalls Fastfood servieren, sich im Vergleich zu McDonalds aber ohne Altlasten ein vermeintlich gesünderes Image zulegen können. Auch im Zürcher Niederdorf dürften diese neuen Läden dem alteingesessenen Burger-Profi die Kunden streitig machen. 200 Meter von der zum Verschwinden verurteilten McDonald's- Filiale liegt der Butcher. Er verspricht Luxusburger, die gleichzeitig «healthy as fuck» seien. 200 Meter in die andere Richtung liegt der Laden Holy Cow,  der eine Fast Food Revolution verkündet, wieder ein paar Hundert Meter in Richtung See das b.good.

Keine der Filialen bietet auf ihrer Website Kalorienangaben zu den Produkten an – versuchen aber ebenfalls vom Superfood-Trend zu profitieren. Hier werden unter dem Motto «food from farmers» neben Burgern auch Schalen mit Federkohl und selbsternanntem Supergetreide serviert. Markenexperte Steinmann sieht kaum noch einen Grund, sich Burger bei McDonald's zu kaufen. Zu viele attraktive Alternativen gebe es derzeit.

«Das grösste vegetarische Restaurant der Schweiz»

McDonald's-Marketingchef Truttmann gibt sich hingegen selbstbewusst. Im Interview mit watson.ch unterstrich er die Stärke seiner Firma im vegetarischen Bereich: «Es würde mich nicht wundern, wenn wir, gemessen an den Verkäufen, das grösste vegetarische Restaurant der Schweiz wären.» Handelszeitung.ch erklärt er, die Aussage sei mit einem Augenzwinkern zu verstehen: «Wir sind und bleiben ein Burger-Restaurant.» Dennoch würden täglich viele Vegi-Produkte verkauft: Vegi-Burger, Pommes, Salate, Desserts. Da Vegi-Restaurants wie Hiltl und Tibits keine Verkaufszahlen herausgäben, sei ein solcher Vergleich ausserdem schwierig.

Dass McDonald's einen Weg findet, aus der aktuellen Misere herauszugelangen, bezweifelt Markenexperte Steinmann. «Wenn McDonald's sein Image tatsächlich schnell ändern will, müsste die Kette ihr Angebot radikal zusammenstreichen. Das würde bedeuten, den Billigburger sofort aus dem Angebot zu nehmen», so Steinmann. Das dürfte ihm zufolge aber schwierig werden: «Ich will nicht wissen, wieviele Hunderttausende dieser Hamburger trotz Gesundheitswahn täglich über den Tisch gehen.»