Bei seinem Aufstieg zum Milliardär sammelte René Benko die üblichen Insignien des Reichtums. Einen Bombardier-Privatjet, eine 62-Meter-Superyacht und ein 1300 Hektar grosses Jagdrevier.

Doch nun hat der seit Wochen drohende Zusammenbruch seines Handels- und Immobilienimperiums Signa begonnen, das einst rund 23 Milliarden Euro an Liegenschaften zählte. Verzweifelte Bemühungen des 46-jährigen Gründers, bei Scheichs und Hedgefonds noch Rettungsgelder aufzutreiben, blieben am Ende erfolglos.

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Laut Berechnungen des Bloomberg Billionaire Index war der Wert von Benkos Anteilen an seiner verschachtelten Gruppe bereits vor der Insolvenzanmeldung der zentralen Signa Holding am 29. November um mindestens 2 Milliarden Euro gesunken. Durch die Insolvenz könnten sie potenziell wertlos werden.

Die Gruppe, der Immobilien wie die Luxuskaufhäuser KaDeWe und Selfridges, das Art-Déco-Wahrzeichen Chrysler Building in Manhattan oder das legendäre Hotel Bauer Palazzo in Venedig gehören, ist ein Gewirr von miteinander verknüpften und untereinander verschuldeten Gesellschaften. Daher bleibt die Grösse von Benkos persönlichem Vermögen – das einst auf mehr als 4 Milliarden Euro geschätzt wurde – weiterhin geheimnisumwittert.

«Benko wurde zu einer der ersten unübersehbaren Krisen im Immobiliensektor», sagt Leonhard Dobusch, Professor an der Universität Innsbruck, der Tiroler Landeshauptstadt, in der der Signa-Gründer geboren und aufgewachsen ist und in der viele Signa-Firmen angemeldet sind. «Es wird sicher nicht die letzte sein.»

Ein Sprecher von Benko reagierte nicht auf Anfragen. Signa teilte gestern mit, dass es Insolvenz beantrage und die Sanierung in Eigenverwaltung anstrebe.

Signas Kollaps folgt auf zwei Jahrzehnte aggressiven Wachstums, das durch steigende Immobilienwerte und billiges Geld von Banken und reichen Investoren angeheizt wurde.

Alleine Benkos Beteiligung an der Edel-Sparte Signa Prime Selection, der die wertvollsten Liegenschaften und Projekte der Gruppe gehören, war laut dem Bloomberg Billionaires Index Ende letzten Jahres rund 1,2 Milliarden Euro wert. Die Beteiligung am Bauträger Signa Development belief sich auf 275 Millionen Euro. Dass davon in der sich innerhalb der Gruppe weiter ausbreitenden Insolvenz etwas übrig bleibt, ist äusserst zweifelhaft.

Signa Holding kontrollierte auch den Online-Sportartikelhändler Signa Sports United, der über die Fusion mit einer Blankoscheck-Firma mit einer impliziten Bewertung von etwa 3,2 Milliarden Dollar an die New Yorker Börse ging, wovon zu Beginn des Jahres noch rund 800 Millionen Dollar übrig waren. Nachdem diese Sparte bereits im Oktober Insolvenz anmelden musste, weil Signa Holding Finanzierungszusagen zurückzog, ist der Anteil ebenfalls praktisch wertlos.

Benkos hochfliegender Lebensstil bleibt von dem Zusammenbruch nicht unberührt.

Er versucht, Kunstwerke zu verkaufen, die in den Sammlungen der Superreichen der Welt beliebt sind, darunter Gemälde von Pablo Picasso und Jean-Michel Basquiat. Seine 62 Meter lange Superyacht Roma wurde für 39 Millionen Euro zum Verkauf angeboten, ist aber inzwischen wieder von der Liste genommen worden. Seit etwa einem Monat liegt sie auf Mallorca vor Anker und kann in den Wintermonaten für bis zu 345'000 Euro pro Woche gemietet werden.

Dennoch hält Benko im Moment an einigen Annehmlichkeiten fest. Ungefähr zu der Zeit, als eine Signa-Tochter letzte Woche in Berlin Insolvenz anmeldete, wurde ein leger gekleideter Benko gesichtet, der mit seiner Frau Nathalie mit seinem Bombardier Global Express Jet verreiste.

Der Fall Benko veranschaulicht den Druck, dem viele vermögende Privatpersonen ausgesetzt sind, die auf Gewerbeimmobilien gesetzt haben. Die Niedrig-, Null- und Negativzinsen der letzten Jahrzehnte haben die oft erheblich mit Krediten gehebelten Bewertungen in die Höhe schnellen lassen. Doch die Pandemie und der Boom des Homeoffice sowie erst recht die Zinsanhebungen zur Inflationsbekämpfung haben den Trend umgedreht.

Laut dem Analysehaus Green Street waren die Immobilienpreise im Oktober um 19 Prozent niedriger als am Höchststand im März 2022. Vermieter und Entwickler sind ebenso mit ihren Schulden in Verzug geraten, Banken mussten den Wert ihrer Kredite abschreiben.

«Einige werden in eine akute Notlage geraten», sagt Alex Foshay, Leiter der International Capital Markets Group von Newmark. Die steigenden Zinsen «hatten eine sehr dramatische Auswirkung».

Unter den 500 grössten Einträgen im Bloomberg Billionaires Index ist die Zahl der Immobilienmilliardäre erstmals seit mindestens 2017 unter 30 gesunken.

Nur wenige haben in den Boomjahren die Aufwertungswelle so geritten wie Benko. Seinen Höhepunkt erreichte er in den Jahren vor der Pandemie. Mit seiner Yacht war er Stammgast auf der Immobilienmesse Mipim in Cannes, mit seinem Jet, auf dessen Heckflosse das Signa-Logo prangt, landete er regelmässig im Nahen Osten und in Asien, immer auf der Suche nach neuen Investoren.

Mit dem New Yorker Immobilienmogul Aby Rosen kaufte er 2019 das Chrysler Building. Mit seinem Fünf-Sterne-Hotel Park Hyatt machte er dem Wiener Platzhirsch Sacher Konkurrenz und empfing die gesamte politische und Wirtschafts-Prominenz Österreichs bei seinen «Törggelen»-Parties, die an einen Südtiroler Brauch anknüpften. Als Ende 2021 viele Investoren schon einen Gang zurückschalteten, kaufte er noch das Londoner Selfridges für 4 Milliarden Pfund.

Die steigenden Immobilienwerte machten es einfach, Geld einzuspielen und Dividenden an Aktionäre wie den österreichischen Baumagnaten Hans-Peter Haselsteiner, den deutschen Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne oder den französischen Auto-Clan Peugeot auszuschütten. Doch schon damals konnte man sehen, dass seine Profite fast ausschliesslich aus Bewertungsgewinnen bestanden und selbst in Zeiten der Niedrigzinsen die Mieteinnahmen nicht einmal die Zinsen deckten.

«Ein Teil seiner Geschichte war der Kauf von Immobilien, die aufgrund ihrer Lage immer wertvoll sein werden», sagt Dobusch. «Das heisst aber nicht, dass sie immer rentabel sein werden.»

Die unübersichtliche Struktur des über Österreich, Deutschland, die Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg verteilten Firmen- und Stiftungsgeflechts macht es schwer, Benkos wahren Wert abzuschätzen.

Eine österreichische Stiftung, die nach seiner Tochter Laura benannt ist, bietet laut Spiegel Benkos Kunstwerke zum Verkauf, berichtet aber keine Finanzzahlen. Eine weitere Stiftung, der Liegenschaften gehören, ist nach seiner Mutter Ingeborg benannt und sitzt in dem noch vertraulicheren Liechtenstein.

«Es könnte sein, dass Transaktionen abseits der Öffentlichkeit stattfinden, die erst später ans Licht kommen», sagt Tolu Alamutu, ein leitender Kreditanalyst bei Bloomberg Intelligence.

Benko hat in den letzten Jahren auch diversifiziert. Er kaufte im Jahr 2020 ein Jagdrevier in der Steiermark für rund 30 Millionen Euro, und stach dabei den verstorbenen Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz aus — dessen Wert den Benkos allerdings schon vor der Insolvenz um ein Vielfaches überstieg. Doch das wird sein Vermögen kaum vor der Insolvenz von Signa schützen.

«Sie dachten, die Musik würde noch länger spielen», sagt Alamutu. «Das war ein Irrtum.»

(bloomberg/spi)