Wie ist es, als «Frau» bei der Bank Cler zu arbeiten?
Natalie Waltmann (NW): Als ich 2006 zur Bank Cler kam, hatten wir gerade die erste Auszeichnung zum Thema Chancengleichheit erhalten, den «Prix Egalité». Das Thema Diversity ist bei uns strategisch verankert und wir sind seit 2006 immer wieder in den Bereichen Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit ausgezeichnet worden. Diversity ist Teil unserer Kultur und wird bei uns gelebt. In meinem engeren Umfeld hatte ich bisher immer Männer oder Frauen, bei denen die Qualität der Arbeit und die Leistung im Zentrum standen, nicht das Geschlecht.
Wie ist es, als «Mann» bei der Bank Cler zu arbeiten?
Mats Bachmann Ihr (MB): Genauso, wie wenn ich eine Frau wäre. Gleichheit ist bei der Bank Cler schon lange ein Thema und durch unsere diversen Massnahmen haben wir sehr grosse Fortschritte erzielt. Wir setzen uns für die Gleichstellung von Frau und Mann ein, wozu unter anderem eine leistungs- und qualifikationsgerechte Vergütung gehört. Auch die Aufstiegschancen sind für alle grundsätzlich gleichermassen gegeben. Dennoch gibt es selbstverständlich immer noch Potenzial für Verbesserungen, und daran arbeiten wir weiter.
Wie funktionieren Sie als diverses Team zu diesem Thema?
MB: Wir haben dieselben Werte und das gleiche Verständnis, das macht es einfach. Auch dass wir bereits viele Jahre zusammenarbeiten und gemeinsam an der Neupositionierung der Bank beteiligt waren, ist ein Vorteil. Ich würde sagen, dass wir eine sehr gesunde Mischung von gegenseitigem Fordern und Fördern haben.
Haben Sie in Ihrer Karriere das Thema Diskriminierung schon einmal erlebt?
NW: Ich würde nicht von Diskriminierung sprechen, eher von Vorurteilen. Ich habe mich dadurch aber nicht irritieren lassen und hatte glücklicherweise Vorgesetzte, die mein Potenzial gesehen haben und bei denen meine Leistung im Vordergrund stand.
Was finden Sie persönlich das Spannendste am Thema Diversity?
NW: Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, seien es Geschlecht, Alter, Herkunft, sexuelle Ausrichtung oder Erfahrungen, bringen unterschiedliche Sichtweisen ein. Das führt zu spannenden Diskussionen und zu besseren Lösungen, von denen ein Unternehmen profitiert.
Wie divers ist die Finanz- und Bankenbranche?
MB: Die Branche ist in einem Umbruch. Wir finden vermehrt Du-Kulturen in Finanzinstituten, es besteht nicht mehr überall Krawattenzwang und der Umgang untereinander ist lockerer geworden. Mit der digitalen Transformation beschleunigt sich dieser Prozess zusätzlich. Das führt dazu, dass Banken auch die jüngere Generation stärker ansprechen, Frauen vermehrt gefördert werden und man die Vorteile von gemischten Teams immer mehr schätzen lernt. Die Unterschiede zwischen den Banken sind gross. Ich bin stolz, bei einer Bank zu sein, bei der diese Werte schon länger gelebt werden.
Was braucht es, um diesen Prozess zu beschleunigen?
NW: Es müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, zum Beispiel für berufstätige Mütter. Zudem müssen Frauen ermutigt werden, Herausforderungen anzunehmen, und sich darauf einlassen, in einer neuen Aufgabe zu wachsen. Frauen trauen sich häufig weniger zu, weil sie das Gefühl haben, sie müssen alles zu 100 Prozent können.
Was tut die Bank Cler konkret für die Frauen?
MB: Wir haben eine Vielzahl an Massnahmen, mit denen wir Frauen unterstützen. Am wichtigsten sind sicher die flexiblen Arbeitszeiten und die Möglichkeit von Homeoffice – das war auch schon vor der Pandemie so. Wir bieten unsere Stellen in Pensen von 80 bis 100 Prozent an, auch in der Führung, und wir haben Jobsharing eingeführt. Bei uns gilt, dass bei der Besetzung einer neuen Stelle in der letzten Runde mindestens 50 Prozent Frauen sein müssen. Übrigens: Auch junge Männer, speziell Familienväter, interessieren sich für diese flexiblen Arbeitsbedingungen.
Wie könnte man mehr Frauen in die Branche holen?
NW: Wenn man als Arbeitgeberin für Frauen attraktiv sein möchte, beginnt dies schon bei der Stellenausschreibung. Neben den erwähnten 80 bis 100 Prozent, die bei uns für Stellenausschreibungen gelten, haben wir vor anderthalb Jahren begonnen, die Stellen konsequent weiblich auszuschreiben: also zum Beispiel «Kundenberaterin (w/m)». Dadurch hatten wir im letzten Jahr mehr Bewerberinnen und erhalten die Rückmeldung, dass sie die Sprache im Stelleninserat positiv angesprochen hat. Zudem haben wir vor fünf Jahren den Lohngleichheitsdialog erfolgreich abgeschlossen. Bei uns verdienen Frauen und Männer gleich viel. Die Lohngleichheit wurde erneut bestätigt und mit dem Zertifikat Fair-On-Pay ausgezeichnet.
«Bei uns gilt, dass bei der Besetzung einer neuen Stelle in der letzten Runde mindestens 50 Prozent Frauen sein müssen.»
Mats Bachmann Ihr
Vor welchen Herausforderungen steht die ganze Branche in den nächsten Jahren in Bezug auf Diversity?
MB: Schon heute haben wir in der Schweiz mehr Frauen an den Universitäten als Männer. Es ist wichtig, dieses Potenzial zu nutzen und Frauen in den Unternehmen richtig einzusetzen. Das gilt auch für andere Aspekte von Diversity wie Alter, Nationalitäten, Erfahrung und so weiter. Wenn man diese Chance der Vielfalt nutzt, führt dies zu anderen Entwicklungen bei Produkten und Dienstleistungen und hilft auch bei der Betreuung der Kundinnen und Kunden. Dadurch wird die Perspektive der Frauen und anderer Diversity-Aspekte besser eingebracht.
Inwiefern?
MB: Frauen denken beispielsweise oft anders, haben andere Ansprüche und Bedürfnisse. Sie investieren in der Regel anders als Männer, machen sich mehr Gedanken zu den ethischen Aspekten von Anlagen und zu ihrer privaten Vorsorge. Auf solche Besonderheiten muss man in der Beratung eingehen.
«Es müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, zum Beispiel für berufstätige Mütter.»
Natalie Waltmann
In der Bankenbranche sind immer noch viel mehr Männer auf den obersten Führungsetagen. Wie lässt sich das ändern?
NW: Bei der Bank Cler sind wir keine Freunde von Quoten und dennoch braucht es sie manchmal, um schneller Fortschritte zu erzielen. Entscheidend ist die Änderung des Mindsets. Ich bin überzeugt: Je mehr positive Erfahrungen man mit Diversität macht, desto bewusster wird einem der Nutzen. Spätestens dann, wenn man selbst davon profitiert und realisiert, dass das Unternehmen dadurch erfolgreicher ist, ändert sich dies.