Alles begann mit dem Zeichentrickfilm «The Sword in the Stone» (Die Hexe und der Zauberer). Als Sechsjährige war Tiffany Feeney davon so hingerissen, dass sie den Film auf der VHS-Kassette wieder und wieder anschaute. Damals wusste die gebürtige Amerikanerin noch nicht, wie sehr die Faszination für Animationsfilme auch ihr berufliches Leben prägen würde. Als sie in den 1990er Jahren in Pennsylvania zum Teenager heranwuchs, kamen die ersten abendfüllenden, durchwegs computeranimierten Filme wie «Toy Story» oder «A Bug’s Life» ins Kino.

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Tiffany Feeney wollte tiefer ins Thema tauchen: Sie studierte Computergraphics und Design Management am Pratt Institute in Brooklyn, NY. Dank ihren eigenen Erfahrungen während der Studienzeit weiss sie, wie schwierig der Einstieg in die Animationsindustrie ist. Tiffany Feeney: «Die Studierenden haben oft Mühe, einzuschätzen, wie gut sie im Vergleich mit anderen sind.» Heute, da sie «mit so unglaublichen Leuten» zusammenarbeiten kann, kann sie einem jungen Talent sagen: «Du bist wirklich gut, dafür, dass du erst 24 Jahre alt bist.»

Rekrutierung für 40 Filme

Ihre erste Berufserfahrung nach dem Studium sammelte Feeney bei der Zulassungsstelle einer Kunstuniversität. Sie lebte zu jener Zeit in New York City, wo es viele unabhängige Filmemacher und Fernsehstudios gab. So oft es ging, besuchte sie Anlässe der Animationsfilmindustrie, was ihr so manche Türen in der Branche öffnete. Sie begann, in einem Teilzeitpensum für eine kleine Rekrutierungsagentur zu arbeiten. Einige Jahre lang war sie beim Animationsstudio Dreamworks angestellt. In den letzten 15 Jahren rekrutierte sie Spezialistinnen und Spezialisten für über 40 Spielfilme, Fernsehsendungen, Werbespots und Spiele – unter anderem für «Madagaskar 3», «Kung Fu Panda» und «Drachenzähmen».

An einem computeranimierten Animationsfilm arbeiten so viele hoch spezialisierte Fachleute, von denen das Publikum nicht einmal weiss, dass sie existieren. Es sind bis zu 15 verschiedene Produktionsschritte nötig; ein ganzes Team ist ausschliesslich für den Gesichtsausdruck der Figuren zuständig – oder dafür, dass sich das Bein eines Pinguins anatomisch korrekt bewegt. Andere Spezialistinnen sorgen für realistisch aussehende Oberflächen, etwa rostige Blechtonnen, Fussabdrücke im Schnee, Blätter im Wind oder die Bewegungen von Haaren oder Fell.

Calls ohne Ende

Viele der Künstlerinnen und IT-Spezialisten arbeiten projektbezogen für einen Film – bis zu 300 bis 500 Leute. Tiffany Feeney wird oft in einer frühen Phase eines Projekts involviert und sucht Produzenten oder IT-Führungskräfte wie etwa den Chief Technology Officer, der die digitale Arbeitsumgebung für die Künstler und Künstlerinnen aufbaut. Oder man zieht sie später hinzu, wenn die Deadline näherrückt.

Die Studios beauftragen die Headhunterin für das Zusammenstellen von ganzen Teams oder auch nur für die Suche nach einzelnen hoch spezialisierten Führungskräften – für die Dauer eines Projekts oder für eine Festanstellung. Wie packt man so etwas an? Tiffany Feeney lacht und sagt: «Ich bin viel am Telefonieren oder in Videocalls.» Sie kann auf mehrere Zehntausende Kontakte zurückgreifen, auf professionelle Webseiten wie IMDb, auf Linkedin oder manchmal ist ihr auch der Filmabspann eines bereits bestehenden Films eine nützliche Quelle.

Tätigkeit für Google

Das Problem dabei: Kleinere Studios, die für eine bestimmte Filmszene verantwortlich waren, erscheinen manchmal nicht einmal im Abspann. Tiffany Feeney: «Da frage ich mich: Wer arbeitete an dieser Einstellung für genau diesen Effekt?» Die Suche nach der richtigen Person gleiche oft einem Puzzlespiel. Weil ihre potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen in Europa und Nordamerika sitzen, arbeitet sie gemäss der Zeitzone von 10 bis 19 Uhr – und zwar von der Schweiz aus. Denn aus familiären Gründen ist die 41-Jährige vor sechs Jahren nach Zürich gezogen, wo sie zunächst für Google tätig war und sich 2017 mit ihrem Büro Talent Outpost selbstständig machte. Eine virtuelle Assistentin, die auf den Philippinen lebt, nimmt ihr die pure Recherchearbeit ab.

Nach dem ersten Kontakt ist es Tiffany Feeney wichtig, dass sich die Studios und die potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten möglichst schnell kennenlernen. «Aber unbedingt unverbindlich und informell», wie sie betont. Deshalb ist sie ein grosser Fan von virtuellen «Coffee chats», die ihrer Ansicht nach gleich am Anfang des Prozesses stattfinden sollten. Der Vorteil dabei sei, dass die Parteien in lockerer Atmosphäre miteinander reden, ohne den ernsten Fragen des eigentlichen Interviews ausgesetzt zu sein. Entschädigt wird Feeney für ihre Arbeitszeit nach Aufwand, dazu kommt eine Prämie nach erfolgter Einstellung.

Milliardenmarkt Animationsfilme

Vor der Pandemie liebte es Tiffany Feeney, die Leute persönlich an Branchenkonferenzen zu treffen. An Videocalls ist sie jedoch schon seit 2008 gewohnt. Auch viele IT-Spezialistinnen und Künstler arbeiteten während des Lockdowns vor zwei Jahren problemlos im Homeoffice, weil die Branche auf das Remote-Arbeiten gut vorbereitet war. Während der Pandemie stieg auch die Nachfrage nach Animationsfilmen sprunghaft an: Die Leute blieben zu Hause und brauchten mehr Unterhaltung.

Zwar ist die Animationsfilmbranche weltweit ein Milliardenmarkt, aber nur der kleinste Teil der Filme schafft es auf die Spitzenplätze. Dafür brauchen sie gute Leute. Tiffany Feeney erhielt 2021 so viele Anfragen von Studios, dass sie nicht alle annehmen konnte. Weltweit gibt es nur rund ein Dutzend unabhängige Headhunter mit dem gleichen Profil. Was ist die wichtigste Charaktereigenschaft, die in der Branche gesucht wird? Die Herstellung von Animationsfilme sei ein Teamsport, sagt sie. Besonders die Vorgesetzten sollten in der Lage sein, das eigene Ego und die Perspektiven im Team auszubalancieren: «Nur so hält das Team die gemeinsame Vision des Films aufrecht.»