Es mag gut gemeint sein, wenn gefordert wird, in der Schule keine Sportwettkämpfe mehr stattfinden zu lassen, damit es keine Verliererinnen und Verlierer gibt und wir allen das Gefühl von Erfolg vermitteln. Man übersieht jedoch die Schattenseiten. Wenn wir von klein auf den Leistungsmassstab kontinuierlich herabsetzen, verlieren wir den Anschluss. Nicht nur in Unternehmen geht es um Leistung und deren Beurteilung. Wenn man nie lernt, dass Wettbewerb normal ist und Verlieren – genauso wie Gewinnen – zum Leben gehört, gefährdet man seine Resilienz. Es verhindert eine gesunde Entwicklung, vorhandene Stärken verkümmern. Den Realitätsverlust gibt es inklusive, wenn man meint, das Leben sei stets einfach, leicht und voller Sonnenschein. Wahre Grösse erreicht man, wenn man scheitert, aufsteht, lernt und es dann besser oder anders macht.
Inklusion und Gleichberechtigung sind wichtig. Beides hat jedoch nichts mit Gleichmacherei zu tun oder damit, dass wir zwanghaft versuchen, Ungleiches gleich zu machen. Damit verstösst man genau gegen das, was Equity und Inklusion erreichen sollen: nämlich die Unterschiede willkommen zu heissen und Menschen in ihrer Individualität zu erfassen und fair zu behandeln. Es ist jedoch höchst unfair, Leistungsträgerinnen und -träger herabzusetzen, damit alle gleich sind. Wir klammern dann Unterschiede aus, die ebenfalls zur Vielfalt gehören.
Die Gastautorin
Katja Unkel ist Gründerin der Firma Managing People AG, die Führungskräfte und Organisationen berät, coacht und trainiert.
Den Anreiz, persönlich oder unternehmerisch nach Exzellenz zu streben, mittels Heruntersetzen von Ansprüchen lahmzulegen, ist fatal. Das blockiert Innovation und Fortschritt, weil der Wille versiegt, sich zu verbessern und Herausforderungen anzunehmen. Man muss aus Fehlern lernen können. Wie soll das gehen, wenn wir keine machen, weil immer alles angepasst und korrigiert wird?
Leistung soll einen zudem mit Stolz erfüllen. Wahre Gleichberechtigung und gelebte Inklusion binden alle Menschen mit ein. Dazu gehört auch, die Leistungen anderer Personen anzuerkennen. Wichtig ist das Bewusstsein, dass Verlieren und Scheitern dazugehören. Das ist normal. Getreu dem Motto «Aufstehen, Krone richten, weitermachen!». Es gibt viele Kategorien, in denen man glänzen kann. Niemand ist überall der oder die Beste.
Es sind wichtige Bestrebungen, objektiv benachteiligte Personen miteinzubeziehen und sichtbar zu machen. Es gilt, darauf zu achten, dass jeder seinen Platz finden kann und mit Respekt behandelt wird. Dazu gehört derjenige mit Doktortitel gleichermassen wie diejenige ohne universitäre Ausbildung. Kein Mensch ist wichtiger oder mehr wert als der andere. Das ist die Haltung, um den Blick auf die individuellen Stärken richten zu können.
1 Kommentar
Danke. Mit diesen Zeilen ist alles gesagt.