Worte sind Macht. Die Art und Weise, wie wir sprechen; die Begriffe, die wir verwenden – sie beeinflussen das Verständnis und die Auslegung dessen, was wir sagen und was wir effektiv meinen. Und sie tun das viel stärker als uns bewusst ist.
Natürlich, an sich ist das keine neue Entdeckung. Gelehrte debattieren seit Jahren über diesen Punkt. Die Bedeutung der Sprache – die Macht der Redekunst – ist aber heute noch viel präsenter: sie durchdringt alles, von der Politik über Marketing bis zum Familientisch.
Sprache kann absichtlich schroff oder ungewollt subtil gestaltet werden und sie verbindet sich direkt mit unserem Unterbewusstsein. Dem Ort, wo Bedeutungen und Assoziationen entstehen; dort, wo das Potenzial für unterbewusste Diskriminierung und Ausgrenzung besteht.
Beispiele aus der Realität
Zur Illustration das Beispiel der amerikanischen Hurrikane: Als das National Hurricane Center anfing, die atlantischen Tropenstürme zu benennen, bediente es sich nur Frauennamen – auch wenn in Sprachen wie Deutsch, Italienisch oder Französisch der Hurrikan gar einen männlichen Artikel trägt.
Erst 1979 wurden erstmals Männernamen eingeführt, doch der Schaden war bereits angerichtet: Frauen stehen für immer mit den katastrophalen Auswirkungen eines Sturms in Verbindung!
Ich bin mir sicher, dass diese Assoziation nie beabsichtigt war. Das war sie auch bei einem Vorfall nicht, in den ich vor vielen Jahren persönlich verwickelt war: Als Repräsentantin von Ikea Italien nahm ich an einer Preisverleihung der Regierung teil, um im Namen des Unternehmens eine Auszeichnung entgegenzunehmen.
Als Preis überreichten sie mir einen gravierten Teller und eine Erinnerungskrawatte! Als ob es nicht schon genug diskriminierend wäre, als Frau eine Krawatte zu erhalten, setzte der Minister der Regierung mit seinem Nachtrag noch einen drauf: «Das macht nichts, vielleicht können Sie sie Ihrem Mann schenken!»
Die Geschichte zeigt: Worte, die zwar nicht beleidigend gemeint waren, können das in Wirklichkeit sehr wohl sein. Gleichzeitig verraten sie persönliche diskriminierende Tendenzen.
Umgekehrt kann eine inklusive Sprache sowie ein bewussterer Umgang mit dem eigenen Gesagten viel zu einem inklusiven Umfeld beitragen; ein Umfeld, in dem sich Menschen sicher, einbezogen und respektiert fühlen. Ein sorgfältiger Sprachgebrauch hilft, den Wandel in Richtung einer integrativeren und gerechteren Gesellschaft einzuleiten und zu erleichtern.
Inklusive Sprache im Unternehmen
Was aber heisst inklusive Sprache? Die einfache Antwort lautet, dass bestimmte Worte und Sprache Ausdrücke vermieden werden, die explizit oder implizit eine bestimmte Gruppe von Menschen ausschliessen – das können Frauen, ethnische Gruppen oder verschiedene Altersgruppen sein.
Einfachstes Beispiel: Statt nur von Experten, von Experten und Expertinnen reden, denn das umfasst beide Geschlechter und reduziuert nicht das eine auf das männliche Pendant.
Die Verwendung einer integrativen Sprache ist weder eine Modeerscheinung, noch sollte sie ignoriert werden. Integrative Sprache unterstützt Organisation: Sie verhindert unbewusste Voreingenommenheit. Potenzielle Bewerbende fühlen sich durch sie willkommen und Angestellten gibt sie das Vertrauen, neue Ideen vorzubringen.
Anwendungstipps für Firmen
Integrative Sprache ist keine kurzfristige Massnahme. Wie können Organisationen also dazu beitragen, eine integrative Sprache einzuführen und sie nachhaltig zu pflegen? Insbesondere, wenn es darum geht, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen? Hier die wichtigsten Tipps für ein inklusives Umfeld:
1. Verwendung von nicht-diskriminierender Sprache
Nicht-diskriminierende Sprache erklärt sich am besten über Beispiele: Inklusiv heisst, von einer «Person, die mit einer psychischen Erkrankung lebt» statt vom «psychisch Kranken» zu reden. Ähnlich verhält es sich mit den «älteren Erwachsenen», das klar vorzuziehen ist gegenüber «die Alten» oder «die Senioren». Unbewusst werden in Gesprächen meist männliche Pronomen verwendet, einzelne Sitzungen werden auch hierzulande mit «Hi Guys (Hallo Jungs)» eröffnet.
Dabei können bereits einfache Änderungen einen grossen Unterschied bewirken: Die Ernennung eines «Vorsitzenden» oder einer «Vorsitzenden» löst das Problem sofort, ebenso wie die Eröffnung einer Sitzung mit einem fröhlichen «Hallo Leute». Und auch bezüglich der Pronomen lässt sich mit minimalem Aufwand bereits viel erreichen: «meine Damen und Herren» oder «euer» umfassen die gesamte Gruppe und führen zu einer grossen Verbesserung.
2. Beseitigung von Vorurteilen aufgrund von Rasse, Religion und nationaler Herkunft.
Als einfache Faustregel gilt: Die Erwähnung der Rasse, Religion oder Herkunft einer Person ist tabu. Das ist schlicht irrelevant im direkten Gespräch. Es ist genug, sich für Vielfalt einzusetzen und die Unternehmensdiversität via Marketingkommunikation, auf den sozialen Kanälen oder der Webseite aufzuzeigen.
Die «Handelszeitung» ist Medienpartnerin der Initiative EqualVoice United. Die Initiative setzt sich für mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Wirtschaft ein. Grosse Schweizer Unternehmen schliessen sich dem Anliegen an. Weitere Informationen und wie Ihr Unternehmen Teil der Initiative EqualVoice United wird, finden Sie hier
3. Vermeidung geschlechtsspezifischer Vorurteile
Geschlechtsspezifische Vorurteile entstehen im Unterbewusstsein. Um sie zu umgehen, empfiehlt sich die Sie-Form in Gesprächen und die Verwendung geschlechtsneutraler Berufsbezeichnungen wie Verkaufsperson, Führungskraft oder Vertriebsleitende. Am wichtigsten ist es, Formulierungen zu vermeiden, die mit einem männlichen Umfeld in Verbindung gebracht werden könnten, beispielsweise «aggressive Ziele erreichen» oder «einen Raum dominieren». Der Zweck und die Werte einer Organisation sind viel umfassender und weder männlich noch weiblich geprägt.
4. Keine Altersdiskriminierung
Nicht nur die Vielfalt in Bezug auf Rasse, Ethnie oder Herkunft sollte gezeigt werden, auch die Altersvielfalt gehört auf Broschüren, Websites und Videos. So können alle Generationen angesprochen werden.
Für die Rekrutierung gilt zusätzlich, nicht nach «Digital Natives» zu suchen. Denn die Bezeichnung «Digital Natives» bezieht sich auf die Generationen, die mit Technik aufgewachsen sind. Was aber nicht heisst, dass ältere Generationen das gleiche Wissen nicht aufweisen können. Durch die Bezeichnung fühlen sich aber hochkompetente Leute mit digitalem Expertenwissen nicht angesprochen.
4. Keine Übertreibung der erforderlichen Qualifikationen
Untersuchungen zeigen: Frauen bewerben sich nur dann auf eine Stelle, wenn sie alle der in der Bewerbung genannten Kriterien erfüllen. Männer hingegen bewerben sich, wenn sie glauben, dass sie 60 Prozent der geforderten Fähigkeiten besitzen. Um also mehr Bewerberinnen anzuziehen, sollten in Ausschreibungen Qualifikationen oder Anforderungen nur dann angegeben werden, wenn sie ein effektives «Muss» und nicht nur ein «Nice To Have» sind.
5. Kommunikation der DE&I-Strategie und -Politik des Unternehmens
Unternehmen, die offen über ihren Ansatz in Bezug auf Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration (DE&I) sprechen, wecken das Interesse einer viel grösseren Zahl Berwerber und Bewerberinnen. zusätzlich stärkt das DE&I-Engagement den Ruf und die Marke als attraktive Arbeitgeberin.
Worte beinhalten also in der Tat Macht – und haben diese vielleicht sogar im Zeitalter neuer Technologien und der Wissenschaft weiter ausgebaut. Denn es sind die Programmierer, Tech- und Digitalexpertinnen von heute, die die Maschinen der Zukunft programmieren. Durch ihren Input «lernen» die Maschinen zu «denken». Fliesst hier also ein unausgewogenes Verhältnis mit ein, kennt die Maschine keine Alternative. Findet sich aber eine gleichgestellte Ausgangslage in der IT und generell in der Arbeitswelt, dann beeinflusst das nachhaltig die Technik der Zukunft und damit auch unsere Gesellschaft.
2 Kommentare
Ein wirklich schlimmer Artikel, der deutlich macht, woran es in der Diversity-Debatte krankt.
Hier wird in naiver, postulierender Weise mit Milchmädchenweisheiten um sich geworfen und diese dann zu Handlungsanweisungen hochstilisiert.
Aber im Einzelnen: Frau Scarpallegia schreibt: "Erst 1979 wurden erstmals Männernamen eingeführt, doch der Schaden war bereits angerichtet: Frauen stehen für immer mit den katastrophalen Auswirkungen eines Sturms in Verbindung!"
Wodurch ist das belegt? In welcher Form wurde hier eine Verbindung hergestellt? Warum wurde die Kraft des Hurricanes nicht positiv auf Frauen übertragen, wie es bei Männern mit Stürmen in der Geschichte unglaublich oft geschehen ist?
Um geschlechterspezifische Vorurteile zu vermeiden, soll die Sie-Form verwendet werden. Also eine Form der, von Frau Scarpallegia beklagten Diskriminierung durch eine andere ersetzt werden?
Es soll nicht nach digital Natives in Stellenannoncen gefragt werden? Wenn ich aber welche brauche? Soll ich dann offen formulieren und alle, die nicht in's Schema passen eine Absage erteilen? Wäre das für diese Menschen schonender? - Ich glaube nicht. Es gibt Positionen, an die sind bestimmte Qualifikationen, auch solche, die man qua Sozialisation erworben hat, vonnöten. Es gibt auch Stellen, da passen keine digital Natives rein. Das ist keine Diskriminierung, das ist ein Sachzwang und niemandem ist damit gedient, um diesen Sachverhalt herumzuschwurbeln.
Keine Übertreibung von Qualifikationsanforderungen weil Männer sich schon bei 60% Erfüllungsgrad bewerben und Frauen erst bei über 90%? Soll ich also Qualifikationen, die ich benötige und bei denen ich Bewerbern ein Zeichen geben kann, dass sie zu mir passen, einfach weglassen? Und welche? Wie wäre es, hier die Frauen in die Pflicht zu nehmen, sich hier anders zu positionieren? Wie wäre es, Frauen gezielt mit Bewerbungstrainings und Coachings zu unterstützen, falsche Bescheidenheit abzulegen? - Übrigens nicht nur im Bewerbungsprozess! Das wäre ein Prozess, der ihnen dann auch im weiteren Berufsleben dienen würde - im Gegensatz dazu, Stellenannoncen nichtssagender zu formulieren.
Vielen Dank für Ihren detaillierten, pointierten und couragierten Kommentar. Letzteres braucht man inzwischen, wird man doch von den Missionaren pseudo-inklusiver Sprache heutzutage sofort niedergemacht, will man sich diesen kleinen Diktatoren nicht beugen.
Frau Scarpaleggias Beitrag ist – zahlreiche Rechtschreib-, Grammatik- und Logikfehler zeigen es auf – ein weiteres Beispiel dafür, dass sich hier zahllose Sendungsbewusste durch die Sprache dilettieren, die sie gleichzeitig in der von ihnen bevorzugten Weise für alle als verbindlich erklären wollen. Unbelegte Behauptungen runden das Ganze ab, man versucht ja gerne, sich einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben.
Im Grunde sollte man solchen Artikeln nicht die Ehre antun, sie zu beachten. Da der Unfug mittlerweile jedoch zu grosse Dimensionen angenommen hat, ist es wichtig, diesen Eiferern ein Wort entgegenzuhalten: Nein.