Unfall eines Mitarbeitenden, Unwetterschäden am Firmengebäude oder ein Cyberangriff auf die Infrastruktur. Die Liste möglicher Krisenfälle von Unternehmen ist lang. Die Partnerin in der Krise: die Versicherung. Sie ist nicht nur da, wenn im Unternehmen etwas schiefläuft, sondern gehört auch zu den grössten Aufsteigerinnen des diesjährigen Rankings der besten Arbeitgeber.
Die Gewinnerin des neuesten Rankings ist die Mobiliar. Schon vergangenes Jahr gehörte sie zu den Besten, und dieses Jahr reichte es bis ganz nach vorne. Am Hauptsitz in Bern herrscht Freude: «Die Mitarbeitenden fühlen sich stark mit der Mobiliar verbunden», teilt das Unternehmen mit.
Das spiegelt sich auch im Ranking: Es eruiert unter anderem den Weiterempfehlungsgrad der Mobiliar als Arbeitgeberin: Nicht nur empfehlen die Internen ihre Arbeitgeberin sehr gerne weiter, auch von aussen wird die Versicherung als eine Firma mit überzeugender Arbeitskultur wahrgenommen.
Dabei helfen auch die national bekannten Schadenskizzen: Seit Jahren wirbt die Mobiliar mit Fällen aus ihrem Versicherungsalltag; jeder Sketch beginnt mit der Stimme, die aus dem Off – im Hintergrund sind Tastaturanschläge zu hören – «Liebe Mobiliar» ansagt. Es brachte dem Unternehmen nationale Bekanntheit. Doch es ist auch ein Paradebeispiel für erfolgreiches Employer Branding. Nicht umsonst heisst es: Wer einmal einen Job bei der Mobiliar ergattert hat, quittiert ihn nicht freiwillig.
Ein Bild, das sich durch die ganze Branche zieht. Versicherungen sind daher im Ranking überdurchschnittlich vertreten, nebst der Gewinnerin rangieren weitere in den Top Ten: Die Zurich schafft es auf den vierten Rang, Sanitas folgt auf dem neunten und die CSS in Lauerstellung auf dem elften Platz. Was ist der Grund für den Erfolg der Versicherungsbranche?
Ein Vergleich mit dem zweiten Schwergewicht der Finanzszene, der Bankenbranche, drängt sich auf. Im direkten Vergleich ist die Versicherungsbranche die unauffällige der beiden: Sie macht weniger Schlagzeilen mit Boni-Exzessen, braucht keine von der Politik geschnürten Rettungsaktionen und generiert trotzdem gleich viel Wertschöpfung für das Land wie die Banker vom Paradeplatz.
An der Spitze mögen die Löhne in der Assekuranz tiefer sein, in der breiten Masse sind sie es nicht. Der Medianlohn der Spezialisten liegt gemäss Kienbaum-Studie mit 140'000 Franken nur 2000 Franken unter jenem der Banker.
Der Branche wird nachgesagt, sie sei etwas verstaubt und langweilig. Wo sich Banker eher aufblasen, pflegen Versicherungsleute mehr Understatement. Und doch hat sich die Branche zuletzt auch als innovativ gezeigt, ist mit Digitalprojekten neue Wege gegangen und hat gleichzeitig die volkswirtschaftlichen Turbulenzen der Corona-Pandemie stabil überstanden.
Ein Grund dafür ist auch, dass die Mitarbeitenden der Branche lange treu bleiben. Die Leute kennen das Geschäft und weisen eine Leidenschaft für das Versicherungswesen auf. Im Fall der Mobiliar bleiben rund 70 Prozent der Lernenden und Junioreinsteigerinnen der Firma treu. Die 12 Prozent, welche die Mobiliar auf eigenen Wunsch verlassen, kehren irgendwann wieder zurück. Und die Firma ist durchlässig: Karrieren unabhängig von der Stufe sind bis in die oberste Etage möglich.
Die Schadenskizzen der Mobiliar sind mittlerweile Kult.
Im Fokus der Gesellschaft
Eine Kategorie im Versicherungsgeschäft sind die Krankenkassen: Mit der Sanitas und der CSS finden sich zwei prominente Namen unter den besten elf. Die Sanitas sieht sich auf Anfrage nicht in einer ruhigen, konservativen Branche tätig, sondern verweist darauf, dass sie in den gesellschaftspolitischen Fokus geraten ist. «Sie hält in der Öffentlichkeit den Kopf hin für die steigenden Kosten», sagt Mediensprecher Christian Kuhn.
Doch davor schreckt die Branche nicht zurück. Eine grosse Dynamik präge sie. Dass sie etwas bewegen wolle, habe sie im vergangenen Jahr bewiesen: Nicht nur gründeten die grössten Vertreter den Branchenverband Prio.Swiss, die Branche hat auch durch die Annahme der einheitlichen Leistungsfinanzierung (Efas) gezeigt, dass sie reformfähig ist. Sanitas, mitten im Geschehen, habe so ihre Rolle als wichtige Akteurin gezeigt, die das Gesundheitswesen von morgen mitgestalte. Das wiederum spürten die Mitarbeitenden, und es löse bei ihnen einen gewissen Stolz aus.
Auch bei der CSS beschäftigt das Thema Prämienerhöhungen die Belegschaft. «Sie sind ein brisantes Thema für die öffentliche sowie interne Wahrnehmung», sagt Mediensprecherin Sabine Betschart. Demgegenüber stehe aber die Sinnhaftigkeit: «Etwas machen zu können, das gesellschaftlich relevant ist, und die Möglichkeit, dass man als Mitarbeitende etwas bewirken kann.» So sehen sich die CSS wie auch die Sanitas nicht als klassische Arbeitgebende, sondern als Partnerinnen ihrer Angestellten. Und diese wiederum tragen den Erfolg ihrer Arbeitgeberinnen nach aussen und zeichnen sie als Beste ihres Fachs aus.
Die Mobiliar ist zu 25 Prozent an Ringier, der Herausgeberin der «Handelszeitung», beteiligt