Einer meiner Lieblingssprüche lautet: «Entweder ist man eine lahme Socke oder ein leidenschaftlicher Mensch.» Ich selbst rechne mich dabei der zweiten Gruppe zu. Gelesen habe ich ihn von der Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter. Sie, ebenfalls kein mattes Söckchen, hat ihn sicher auch von jemand anderem. Lahme Socke oder leidenschaftlicher Mensch – wohlgemerkt: Es heisst nicht «erfolgreicher», sondern «leidenschaftlicher» Mensch. Ein schönes Wort. Obwohl es das Wort Leiden beinhaltet, ist viel Hingabe, Überschwang und Kraft zu spüren. Das Positive, die Glückshormone sind quasi in das Wort Leidenschaft integriert. Das ist ein Zustand, den ich liebe. Auch wenn ich weiss, dass die Gefahr besteht, die Bodenhaftung zu verlieren. Soll man deshalb besser den Weg der lahmen Socke wählen? Nichts riskieren? Um nicht zu leiden? Die Folge ist, auch keine Glückshormone ausgeschüttet zu bekommen. Man lebt emotionslahm vor sich hin.

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Dieses Nichts-riskieren-Wollen erlebe ich oft bei Frauen. Wir wissen aus der Verhaltensforschung, dass Frauen überwiegend risikoaverser sind als Männer. Es ist – salopp zusammengefasst – eine Mischung aus Hormonen, Erziehung und Sozialisierung, die das bewirkt. Dem ist man als Frau nicht hilflos ausgeliefert. Genauso wenig wie Hormone, Erziehung und Sozialisierung Männer dazu zwingt, sich in wahnwitzige Aktivitäten stürzen zu müssen. Übrigens werden die Herren betreffend diese Verhaltensweisen bei uns inzwischen ständig ermahnt, sie sollten ihre toxische Männlichkeit zügeln. Andererseits traut sich niemand zu sagen: Liebe Frauen, verlasst mal eure Lahme-Socken-Attitüde und riskiert was!

Über die Autorin

Riccarda Mecklenburg ist Präsidentin des Verbands Frauenunternehmen und Inhaberin der Crowdfunding-Agentur CrowdConsul.

Das klingt jetzt sehr pauschal und vielleicht auch etwas rabiat, weil es viele mutige Frauen gibt. Wenn wir Frauen ehrlich sind, wissen wir jedoch alle, wovon ich rede. Das Aber ist bei uns sofort da, viel eher als: Das probiere ich jetzt aus! Ich riskiere es! Die Zugehörigkeit entweder zur Lahme-Socken-Gruppe oder zu jener der Leidenschaftlichen ist digital – es gibt nur zwei Zustände: Man ist nicht ein bisschen leidenschaftlich. Das geht nicht. Genauso ist man nicht ein bisschen lahm.

Und damit komme ich auf den Punkt. Ihr lieben klugen, hervorragend ausgebildeten, erfahrenen und eloquenten Frauen – und damit meine ich alle, die das jetzt lesen: Wenn ihr das nächste Mal eine Anfrage für einen öffentlichen Auftritt vor Publikum, eine Anfrage von einem Medienvertreter oder einer Medienvertreterin für ein schriftliches Statement oder einen Medienauftritt bekommt, dann sagt sofort Ja! Stellt eure Leidenschaft vor eure Zurückhaltung. Euch bleibt anschliessend immer noch Zeit zu überlegen, wie ihr diese Herausforderung anpackt. Vertraut auf euren Wert und eure Kompetenz. Man fragt euch genau deswegen an, weil man eure Expertise braucht. Weil man überzeugt ist, dass ihr eine intelligente Meinung vertretet. Ihr werdet angefragt, weil ihr spannende Persönlichkeiten seid. Da gibt es kein Aber! Legt das Lahme-Socken-Getue ab! Der Prozess, wie ihr den Auftritt, das Interview, den Vortrag dann inhaltlich gestaltet, wird ein kleiner Leidensweg sein, weil es Arbeit an sich selbst ist. Aber es lohnt sich. Die Glückshormone, die sich anschliessend einstellen, die Komplimente, die dann kommen, sind göttlich. Sie sind jedes Risiko wert.

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Die Leidenschaft fliesst und stärkt das Selbstvertrauen. Beim zweiten und dritten Mal wird es leichter, und die Glücksgefühle stellen sich nach wie vor ein. Und das Risiko des Scheiterns? Gibt es nicht. Man ist vielleicht noch nicht so gut, wie man sich das selber vorgestellt hat. Aber daran kann man leidenschaftslos arbeiten.