Bank von Roll siegt im Private-Banking-Ranking
Das Sieger-Duo der Bank von Roll: Michael Schnetzer (links), Head of Asset Management, und Paolo Zatta, Senior Relationship Manager.
BILANZ hat für die Testkundin Miss Moneypenny und ihre 20 Millionen die beste Bank gesucht. Im Final setzte sich eine kleine Privatbank durch.
Die 70-Jährige hat Humor und kennt sich mit Anlagen überraschend gut aus. «Nennen Sie mich Miss Moneypenny», sagt sie und setzt die Anlageexperten mit Fragen, die von Fachkompetenz zeugen, nicht nur einmal unter Druck. Miss Moneypenny ist in geheimer Mission unterwegs: Sie fungiert als Lockvogel fürs Private-Banking-Rating von BILANZ.
Undercover hat sich die achtköpfige Jury unter der Leitung von Universitätsprofessor Thorsten Hens mit der Testkundin auf die Suche nach den besten Leistungen im Schweizer Private Banking gemacht (siehe Kapitel 4 «Methodik»). Im schriftlichen Teil des Tests setzten sich die St. Galler Kantonalbank (SGKB), Valiant und die Bank von Roll durch. Die drei Banken wurden zur Präsentation ihrer Vorschläge nach Zürich ins idyllische Restaurant Belvoirpark geladen. Dass sie nicht nur auf eine potenzielle Kundin treffen, sondern dass BILANZ hinter der Anfrage steckt, erfuhren sie erst dort. Zur Gesamtsiegerin des 17. Private-Banking-Ratings kürte die Expertenrunde die Bank von Roll.
Langlebigkeitsrisiko
Miss Moneypenny ist ein attraktiver Lockvogel. Vor Kurzem verkaufte sie ein Haus und verfügt nun über 20 Millionen Franken an liquidem Vermögen. Das Geld wird nicht für ihre Kinder oder schlechte Zeiten zurückgelegt, sondern ausgegeben. Miss Moneypenny hat vor, ihren Lebensabend zu geniessen. Jährlich ist der Verbrauch von einer Million Franken zuzüglich Steuern geplant. Die Seniorin lebt in der Stadt Zürich in einem schuldenfreien, repräsentativen Haus, dessen Schätzwert ebenfalls bei 20 Millionen Franken liegt. Das Anwesen ist als Erbe für die Kinder vorgesehen.
Das klingt nach einer komfortablen Ausgangslage für einen entspannten Ruhestand. Doch auch diese sehr wohlhabende Frau hat bei ihrer Finanzplanung ein ganz allgemeines Problem: Welches Alter sie erreichen wird, weiss sie nicht. Finanzexperten sprechen von einem Langlebigkeitsrisiko. Zudem steht die Entwicklung der Finanzmärkte in den Sternen. Gut, hat sie in der Schweiz eine Vielzahl von hervorragenden Banken zur Hand, die ihr bei der Lösung dieses Dilemmas helfen.
Die Experten versuchten die Jury (im Bild) – und die Testkundin – mit einem auf sie zugeschnittenen Topfmodell von sich zu überzeugen.
Um die hohen Ausgaben über 20 Jahre sicherzustellen und die Chancen an den Kapitalmärkten zu nutzen, arbeiten die SGKB und Valiant mit sogenannten Töpfen. Am anschaulichsten erklärt wurde die Topfstrategie der Kundin und der Jury von den Valiant-Experten. Um den kurzfristigen Vermögensverzehr sicherzustellen, würden die Geldmanager aus Bern den Topf 1 mit einer Million füllen. Weil die Bank in risikoarme Call- und Festgelder investieren würde, läge die erwartete Rendite in diesem Liquiditätsportfolio bei einem Prozent. Einen zweiten Topf würde Valiant mit Schweizer Firmenanleihen mit einer Laufzeit von einem bis drei Jahren im Wert von drei Millionen bestücken. 20 Schuldner mit guten Ratings wie Swiss Life und Holcim sind aufgeführt. Dort liege die zu erwartende Rendite bei jährlich 1,25 Prozent. Steuern werden optimiert, indem Oblis gekauft werden, deren Kurs unter 100 liegt. So wird die Rendite über steuerfreie Kursgewinne und weniger über die steuerpflichtigen Ausschüttungen eingeholt.
Ob das Topfmodell langfristig funktioniert, entscheidet der mit 16 Millionen Franken gefüllte Topf 3. Mit diesem Gefäss versuchen die Geldmanager vor allem die Renditechancen an den Börsen zu nutzen. Die 16 Millionen würde die in 15 Kantonen verankerte Bank im Rahmen eines dynamischen Vermögensverwaltungsportfolios in Aktien (65 Prozent), Obligationen (29 Prozent), in fünf Prozent Gold und ein Prozent Cash investieren. Die erwartete Rendite ist im Vergleich mit den Töpfen 1 und 2 mit 4,74 Prozent dadurch deutlich höher. Das gilt auch für die prognostizierte Volatilität: Diese liegt bei mehr als zwölf Prozent.
Der Popcorn-Effekt
Läuft es wie erhofft, werden die risikoarmen Töpfe 1 und 2 mit den Gewinnen aus dem dynamischen Depot aufgefüllt. «Man spricht vom Popcorn-Effekt. Viele Vermögensverwalter leben das seit vielen Jahren», erklärt Jurymitglied Ueli Etzweiler. «Mit dem Liquiditätsportfolio in Topf 1 sind die Lebenshaltungskosten sichergestellt, mit Topf 2 haben wir einen erweiterten Liquiditätspuffer, Topf 3 fokussiert auf Kapitalgewinne, damit Sie die langfristigen Ziele erreichen können», fasst Valiant-Experte Markus Umbricht die Topfstrategie für die potenzielle Kundin zusammen.
Töpfe werden verwendet, um Miss Moneypenny die Anlagestrategie anschaulich zu machen. «Didaktisch sind die Töpfe gut, rein wissenschaftlich wären sie nicht nötig – aber am Ende muss es die Kundin verstehen und nicht der Wissenschaftler», sagt Jurypräsident Thorsen Hens.
Auf den ersten Blick wirkt das Topfmodell wie die perfekte Lösung. Überrenditen aus dem langfristig ausgerichteten Portfolio aus Risikoanlagen werden abgeschöpft und damit die risikoarmen Töpfe nachgefüllt. Problematisch wird es, wenn die Gewinne ausbleiben. «Wenn es eine lange Aktienkrise gibt und ich mich ständig aus den risikoarmen Töpfen bediene, sind die irgendwann leer», sagt Hens. Dann müssen selbst in der Baisse Aktien verkauft werden. Und das hat Folgen. «Befindet sich der Depotwert auf einem tieferen Niveau, kann er sich durch ständige Entnahmen nicht mehr erholen», erklärt Jurymitglied Alex Hinder.
Umstrittene Töpfe
Dass die Töpfe bei einer langen Korrektur nicht mehr funktionieren, weiss man auch bei Valiant. Passt die Aktienquote nicht mehr zum Risikoprofil des Kunden, gibt es beim Vermögensverwalter Handlungsbedarf. «Wir haben eine gewisse Manövrierfähigkeit, aber am Schluss muss das Gesamtrisiko eingehalten werden», sagt Valiants CIO Renato Flückiger.
Nichts von Topfmodellen hält die Bank von Roll. «Das Portfolio ist ein geschlossenes Ganzes, und das muss funktionieren», erklärt Michael Schnetzer, dort Leiter des Assetmanagements. Für ihn vermitteln Töpfe ein falsches Bild. Niemand wisse, welchen Wert die Aktien haben, wenn man sie benötige. «Wir sind etwas technischer, aber näher an der Realität.» Das Team der kleinen Privatbank kam bei der Jury gut an. «Sie haben die Szenarien am klarsten und ehrlichsten präsentiert», sagt Peter Wüthrich. Nadja Bleuler lobte den strukturierten Anlageprozess und die wissenschaftliche Herangehensweise.
Jurymitglied Nadja Bleuler fiel auf, dass die Bank-von-Roll-Experten Gold im Depot viel stärker gewichteten, als im eigenen taktischen Modell empfohlen wurde.
Geht es nach der Bank von Roll, sind die fetten Jahre an den Märkten vorbei. «In der Vergangenheit waren die Renditen ausserordentlich hoch. Für die Zukunft schätzen wir sie tiefer ein», sagt Schnetzer. Mit Backtesting wurde für den Anlagevorschlag eine Rendite von 4,4 Prozent errechnet. In den kommenden 20 Jahren sollen es nur noch 3,4 Prozent sein. Um Miss Moneypenny zu zeigen, wie sich das geschlossene Portfolio entwickeln könnte, simulierte Schnetzer mit der Block-Bootstrap-Methode 10'000 mögliche Zukunftsszenarien. Der grösste Teil der 10'000 Linien weist über 20 Jahre einen Zuwachs aus. Aber rund ein Zehntel der 10'000 Szenarien bringt Verluste mit sich. «Es ist wichtig zu zeigen, dass solche Depots auch Geld verlieren. Für die Gewinnsicherung beim Portfolioaufbau gibt es keine magische Lösung, da muss man ehrlich sein. Unsere Lösung heisst Systematik, also regelmässiges Rebalancing und ein bisschen Taktik», sagt er. Aktien werden verkauft, wenn sie stärker gestiegen sind als andere Anlagen, und die Liquidität in Obligationen investiert. Korrigieren die Börsen, gehen die Experten den umgekehrten Weg. Da mechanisches Rebalancing bei länger laufenden Trends eine Underperformance generieren kann, wird es mit Taktik kombiniert.
Um von Chancen an den Finanzmärkten zu profitieren, würde SGKB-Experte Stefan Gähwiler 66 Prozent des Wertschriftendepots in Aktien investieren. Geografisch liegt das Schwergewicht mit 45 Prozent in der Schweiz. Die SGKB rühmt sich ihrer Expertise für den Heimatmarkt. Sie investiert in 24 Einzelaktien von ABB bis Zurich und in den Exchange-Traded Fund (ETF) UBS SMIM. Europäische, nordamerikanische und japanische Aktien deckt die SGKB via ETF ab. Fünf Prozent fliessen in Themenfonds. Die Renditeerwartung für das Portfolio liegt jährlich bei vier Prozent.
Auch wenn Einzelaktien eine kostengünstige Alternative sind und die SGKB für ihre Kompetenz für Schweizer Aktien bekannt ist, trifft die Strategie bei der Kundin auf einen wunden Punkt. Miss Moneypenny hat sich vor vielen Jahren mit Einzelaktien die Finger verbrannt: «Ich bin voll von schlechten Erfahrungen. Banken, die glauben, sie könnten den Markt schlagen, finde ich überheblich. Ich bin überzeugt, dass man passiv investieren muss.» Entsprechend waren in der Ausschreibung günstige ETF-Lösungen gefragt.
Fragwürdiger Home Bias
Peter Wüthrich gefällt, dass Valiant im Unterschied zu den beiden anderen Finalisten das Thema Nachhaltigkeit bei ETFs berücksichtigt hat. Um Abhängigkeiten zu vermeiden, wurden verschiedene ETF-Anbieter gewählt. In Valiants Vermögensverwaltungsportfolio sind Aktien mit 65 Prozent gewichtet. 38 Prozentpunkte sind über drei ETFs in Schweizer Titel investiert. Damit ist der Schweizer Aktienmarkt im Verhältnis zu seinem Stellenwert bei Valiant – wie auch bei der SGKB – überrepräsentiert. Die Kundin hält davon wenig: «Mit US-Aktien und dem MSCI World bin ich über 38 Jahre, gehedgt in Franken, viel besser gefahren als mit Schweizer Aktien. Dass die Schweizer Banken so auf Schweizer Aktien schwören, verstehe ich nicht.» Die Valiant-Experten halten den Schweizer Aktienmarkt risikoadjustiert für sehr attraktiv. «Wir sind stark überzeugt, dass Schweizer Aktien zu favorisieren sind», sagt CIO Renato Flückiger.
Jurymitglied Nadja Bleuler wundert sich, warum das SGKB-Team Währungsrisiken bei den ausländischen Aktien absichert. Thomas Stucki rechnet mit einer langfristigen Aufwertung des Frankens. «Solange die Inflation in der Schweiz tiefer ist als in den USA, wird der Franken über die Zeit stärker. Auf Fremdwährungen verliert man daher im Schnitt.» Der Franken sei besonders stark, wenn es an den Märkten turbulenter zugehe. «Wenn man schon Kursverluste hat, wollen wir nicht noch zusätzlich auf den Währungen verlieren», so Stucki.
Der Jury gefällt die Strategie weniger. «Aktienanlagen sollte man nicht zu 100 Prozent absichern. Das ist aus meiner Sicht ein Fehler», sagt Alex Hinder. Die Bank-von-Roll-Experten empfehlen, Währungsrisiken bei Aktien und einen langen Anlagehorizont von 20 Jahren, anders als Obligationen, nicht abzusichern. Michael Schnetzer hat für die Präsentation einen Exkurs zur fehlenden Sinnhaftigkeit der Währungsabsicherung erstellt. Dass die Diversifikation via Fremdwährungen steigt und der Wert von Maschinen in allen Währungen ähnlich ist, sind zwei von vielen Argumenten, die gegen Hedging sprechen.
Bei der Bank von Roll sind Aktien im Portfolio mit 40 Prozent gewichtet, 15 Prozentpunkte entfallen auf die Schweiz. In den Schweizer Markt wird via drei ETFs und fünf Einzeltitel investiert. Ähnlich geht die Bank in Europa und den USA vor. Den Portfolioaufbau empfiehlt die Bank von Roll gerade bei der geopolitischen Unsicherheit schrittweise zu vollziehen. «Drückt jemand den roten Knopf, stürzen Aktien ab, und man sitzt auf einem Verlust, von dem man sich Jahrzehnte nicht erholt», sagt Schnetzer.
Mit zehn Prozent auffallend hoch ist der Goldanteil. Die Goldbarren werden am Hauptsitz in Zürich gelagert und bei den jährlichen Kundengesprächen aus dem Tresor geholt. Jurymitglied Nadja Bleuler bemerkt, dass Gold laut dem präsentierten taktischen Modell auf «untergewichten» zu setzen wäre. Das von Roll dies nicht tut, hat besondere Gründe. Gegründet wurde die Bank 2009 von der Familie von Finck – und die schwört auf Gold. «Gold ist in der DNA der Bank so stark verankert, dass es noch nie untergewichtet wurde», so Schnetzer. Das Depot zu vergolden, mache aber auch Sinn. «Gold hat sich als stabilisierender Faktor im Portfolio bewährt.» In den letzten 20 Jahren habe sich durch eine Hinzunahme von Gold zulasten der Obligationen die Rendite erhöht und das Risiko sogar leicht reduziert.
0,3 Prozent All-in Fee
Bei allen drei Anbietern sind die Kosten tief. Von Roll verlangt für das Vermögensverwaltungsmandat eine All-in Fee von 0,3 Prozent pro Jahr. Valiant erhebt für die drei Millionen in Topf 2 eine Pauschalgebühr von 0,225 Prozent und für das VV-Portfolio (Topf 3) von 0,45 Prozent. Da sind Transaktionskosten und Courtagen enthalten. Die indirekten Kosten der Kollektivanlagen von 0,17 Prozent kommen noch dazu. «Der Satz ist tiefer als im Prospekt. Wir haben für Sie gekämpft, bis ganz oben», sagt Markus Umbricht. Bei der SGKB liegt das VV-Mandat Comfort Private ab 20 Millionen bei 0,4 Prozent. Der Paketpreis basiert auf dem Gesamtwert der Konti und Depotguthaben. «Nur Valiant erwähnte, dass auf die Gebühren noch 8,1 Prozent Mehrwertsteuer kommen. Einer Privatperson muss man das sagen», kritisiert Jurymitglied Peter Wüthrich. Miss Moneypenny sind tiefe Kosten wichtig. Für welche Bank sie sich entschied, behält sie für sich.