Helvetia habe entschieden, gegen das Urteil Beschwerde beim Bundesgericht einzulegen. Dies sagte ein Helvetia-Sprecher heute Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Im Rechtsstreit geht es um die Frage, inwiefern ein Versicherer für Pandemieschäden bei Firmen aufkommen muss, die Epidemieversicherungen abgeschlossen haben. Das waren vor allem Gastrobetriebe und Firmen aus der Nahrungsmittelindustrie.
Die Versicherungsbranche war bei Ausbruch der Pandemie der Meinung, dass Coronaschäden grundsätzlich nicht gedeckt seien. Schliesslich enthielten die Verträge für Pandemien auch Ausschlussklauseln. Die Rechtslage war in den Versicherungsverträgen aber nicht so klar geregelt. In Rechtsgutachten etwa stritten sich Experten dazu, und im Nachgang zum ersten Corona-Lockdown unterbreiteten die Versicherer - wie auch die Helvetia - den Kunden mit Epidemieversicherungen ein Vergleichsangebot, das zumindest einen Teil des entstandenen Schadens decken sollte.
Ein Grossteil der Geschädigten nahm das Angebot der Helvetia an. In der Schweiz hätten über 95 Prozent der betroffenen Betriebe dem Vergleich zugestimmt, erklärte Helvetia Schweiz-Chef Martin Jara in einer Stellungnahme. Die Geldbeträge daraus seien sofort ausbezahlt worden.
CHF 40'000 für Ertragsausfall
Einige wenige Kunden lehnten das Angebot aber ab und beschritten den Rechtsweg. So auch die Klägerin vor dem Aargauer Handelsgericht, die ihren Betrieb, wie andere Restaurants, Kinos, Bars oder Läden auch, auf Anordnung des Bundesrats von Mitte März bis zum 11. Mai 2020 schliessen musste. Sie forderte vor Gericht gestützt auf den Versicherungsvertrag 40'000 Franken für den im Lockdown entstandenen Ertragsfall und Mehrkosten, die durch die Schliessung entstanden sind. Dabei handle es sich nur um einen Teil des entstandenen Schadens, den die Versicherungsnehmerin mit einer sogenannten Teilklage beim Handelsgericht eingeklagt habe, hatte das Handelsgericht geschrieben. Weitere Ansprüche könne sie später noch geltend machen.
Handelsgericht: Pandemie-Ausschluss greift nicht
Das Handelsgericht stellte in seinem Urteil fest, dass der Pandemie-Ausschluss in Versicherungsverträgen "nicht greift". Dieser beruhe auf der Einteilung der WHO von Pandemien in sechs Phasen. Diese Einstufung aus dem Jahr 2005 sei aber überholt und nicht mehr massgebend. Vielmehr sollten die Pandemiephasen durch die WHO dynamisch beschrieben werden.
Dagegen wehrt sich nun die Helvetia aus grundsätzlichen Überlegungen: "Wir erachten eine Überprüfung des Urteils durch das Bundesgericht als sinnvoll: Die Helvetia und auch die betroffenen Kunden erhalten erst dadurch abschliessend Klarheit über die Wirksamkeit des Ausschlusses", erklärte Schweiz-Chef Jara: Rechtssicherheit für Versicherer und ihre Kunden sei auch mit Blick auf die Entwicklung künftiger Versicherungsprodukte wichtig. (awp/hzi/kbo)