Es kommt Bewegung in die Mieten. Der hypothekarische Referenzzinssatz geht von 1,75 auf 1,50 Prozent zurück, wie das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) heute Montagmorgen mitteilt. Zeit, sich bei einem Glas Champagner zu überlegen, wie man das gesparte Geld in schöne Ferien investiert? Nein. Denn wer nun ein Mietsenkungsbegehren stellt, könnte eine böse Überraschung erleben: Laut dem Mieterverband kann dies in manchen Fällen nämlich gar zu einer Mietzinserhöhung führen. Der Grund ist die Teuerung.

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Nur ein Teil der Mieterinnen und Mieter habe durch die Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes Anspruch auf eine Mietsenkung, erklärt der Schweizer Mieterverband. Vermieter dürfen die Teuerung und teils die Kostensteigerung nämlich gegenrechnen. «Die hohe Teuerung in den letzten Jahren führt zu Szenarien, in welchem der Teuerungsausgleich der Vermieterschaft höher ist als der Senkungsanspruch der Mieterschaft», so der Verband.

Konkret: Die aufgelaufene Teuerung könne unter Umständen höher ausfallen als der Senkungsanspruch von 2,91 Prozent – und die Mieterschaft könnte dann sogar mit einer höheren Miete konfrontiert sein.

Grossteil hat keinen Anspruch auf Senkung

Eine solche Situation hat es noch nie zuvor gegeben. Wie viele Menschen davon betroffen sind, ist unklar. Eine Mehrheit der Mieterinnen und Mieter ist es aber nicht. Früher riet der Verband meist uneingeschränkt zu einem Senkungsbegehren, da ein überflüssiges Begehren keine Nachteile hatte.

Diesmal ist die Lage aber eine andere: Eine Mietzinsanpassung an den gesunkenen Referenzzins kann zu einer Erhöhung führen. Der Verband empfiehlt, den eigenen Anspruch mit einem Rechner oder einer Beratung zu prüfen, bevor ein Senkungsbegehren gestellt wird. Falls es sich lohne, sollte das Begehren in den Augen des Verbandes aber eingereicht werden. In der Praxis zeige sich nämlich, dass viele Vermieter Erhöhungen rasch weitergeben würden, während die Senkungen viel zu oft ausblieben.

Wahrscheinlich profitieren Mieter, deren Mietzins seit dem 1. Mai 2012 nicht angepasst wurde oder die seit dem 1. Dezember 2023 eine Anpassung oder einen neuen Mietvertrag hatten. Keine Senkung ergibt sich meist für Mieter mit Mietzinsanpassungen zwischen dem 1. Mai 2015 und dem 1. Dezember 2023. In Fällen dazwischen ist die Situation individuell und hängt von der Berechnung der Kostensteigerung ab.

Auch Vermieter können von sich aus reagieren

Mieterinnen und Mieter müssen beim Vermieter ein schriftliches Senkungsbegehren einreichen, unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Der Vermieter hat 30 Tage Zeit zur Antwort. Reagiert er nicht oder lehnt ab, bleiben den Mietern weitere 30 Tage, um die Schlichtungsbehörde anzurufen. Und aufgepasst: Gemäss dem Verband könnten auch Vermieter die Anpassung des Referenzzinssatzes zum Anlass nehmen, den Mietpreis aufgrund der Teuerung zu erhöhen.

Der Hauseigentümerverband Schweiz empfiehlt seinen Mitgliedern, ihre Mietzinsen «aufgrund der neuen Kostenstände» zu überprüfen, wie er am Montag mitteilte. Konkret könnten Vermieter neben der Teuerung auch seit der letzten Mietzinsänderung vorgenommene Investitionen für wertvermehrende oder energetische Verbesserungen verrechnen.

Uneinigkeit über allfällige weitere Senkung in diesem Jahr 

Die Experten der Grossbank UBS schätzten im Vorfeld, dass der effektive Senkungsanspruch für die meisten Haushalte bei rund 2 Prozent der Nettomiete liegt. Dies hat laut Migros-Bank-Ökonom Brivio dann durchaus auch volkswirtschaftliche Effekte: «Wird dieses Geld nicht auf die hohe Kante gelegt, nimmt der Konsum entsprechend zu», schreibt er. Und dies würde der Schweizer Wirtschaft helfen.

Der hypothekarische Referenzzinssatz wird das nächste Mal am 2. Juni 2025 veröffentlicht. Ob es noch für eine zweite Herabsetzung in diesem Jahr reicht, darüber sind sich Experten uneinig.

Jene von Raiffeisen erwarten eine weitere Senkung allenfalls noch in der zweiten Jahreshälfte. Eine Erhöhung sei hingegen vor 2027 "recht unwahrscheinlich". Die UBS hingegen hält dagegen das Szenario für eine zweite Senkung im laufenden Jahr für unwahrscheinlich, wie sie in einer Studie kürzlich feststellte.

(mit Material der sda)