Besonders in den Städten werden freie Mietwohnungen rar. Handelt es sich hier um einen langfristigen Trend oder ein vorübergehendes Phänomen?

Der Wohnraumbedarf steigt. Aber das Angebot wächst nicht mit. Die Neubautätigkeit ist insbesondere in den Zentren zurückgegangen, aufgrund der immer knapper werdenden Bodenressourcen, der hohen Landpreise und gestiegener Baustoffpreise. 

Hinzu kommt, dass dort Vorschriften und Einsprachen am Bau mit wachsender Dichte zunehmen und die Erstellung von Wohnraum zusätzlich erschweren. In der Stadt Zürich beispielsweise sind aufgrund der Lärmvorschriften derzeit diverse Bauvorhaben blockiert.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Es ist eine einfache Rechnung: Wenn sich die Neubautätigkeit in den Städten nicht belebt und der Wohnraumbedarf weiter so wächst wie zuletzt, wird auch der Mangel an freien Mietwohnungen weiter anhalten – beziehungsweise sich sogar verschärfen.

Ines von der Ohe CSL Immobilien

Ines von der Ohe ist Leiterin Research und Marktanalyse bei der Zürcher Immobiliengesellschaft CSL Immobilien. Zuvor war die Immobilienexpertin mit einem Master-Abschluss in Geografie und Stadt- und Regionalentwicklungsmanagement bei der Immobiliengesellschaft Wüest Partner tätig.

Quelle: ZVG

Die Preise für Wohneigentum steigen nur noch schwach. Könnten Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen jetzt sogar an Wert verlieren?

An schlechten und peripheren Lagen haben wir vereinzelt beobachten können, dass Käuferinnen und Käufer ihre veranschlagten Preise nicht mehr durchbringen konnten – selbst im Wirtschaftsraum Zürich.

Und an den attraktiven, gefragten Lagen scheinen die Zeiten von Fantasiepreisen vorerst vorbei zu sein.

Von Wertverlusten sprechen wir jedoch nicht. Die Nachfrage ist immer noch höher als das Angebot, Bauland und Wohnraum haben sich verknappt und die Hypothekarzinsen sind trotz dem Anstieg im langfristigen Vergleich noch günstig.

Ist derzeit ein guter Zeitpunkt, Wohneigentum zu verkaufen, oder raten Sie den Besitzerinnen und Besitzern, damit zuzuwarten?

Der Zeitpunkt ist immer noch gut, jedoch sind im Moment die Zeiten der Wertsteigerungen vorbei. Wer kurzfristige Verkaufsabsichten hat, sollte diese besser schneller umsetzen. 

Die Frage ist ja auch immer, wann man gekauft hat. Gewinn machen alle diejenigen Besitzerinnen und Besitzer, die in den letzten zwanzig Jahren gekauft haben – selbst wenn die Immobilie im letzten Jahr noch mehr erzielt hätte.

Die «Handelszeitung» gibt der Immobilienbranche das Wort: Jeden Freitag liefert eine Expertin oder ein Experte Einschätzungen zu den wichtigsten Entwicklungen im Markt. Lesen Sie hier einige der Gespräche aus den vergangenen Wochen:

Immobilien sind ein Pfeiler der Schweizer Volkswirtschaft – die «Handelszeitung» macht sie zu einem Schwerpunkt in der Berichterstattung.

Im Nationalrat wird momentan über eine Solarpflicht für Neubauten diskutiert – könnten eine solche Auflage und weitere Vorschriften fürs grüne Bauen die Baukosten in die Höhe treiben?

Die Baukosten werden ja per se nicht erhöht. Es kommt im Falle der Solarpflicht beispielsweise einfach eine Zusatzposition hinzu. Die führt zwar dazu, dass die Erstellungskosten insgesamt steigen, aber man erhält ja auch einen Mehrwert. 

Hinzu kommt, dass eine Solaranlage bei den Gesamterstellungskosten eigentlich kein grosser Kostentreiber ist. Und die Mehrkosten, die dadurch für den Mieter beziehungsweise Käufer zunächst zustande kommen, amortisieren sich im Laufe der Zeit ja auch wieder.

Kurzfristig werden aufgrund der hohen Nachfrage die Preise für Photovoltaikanlagen in die Höhe getrieben – sie sind es ja bereits heute. Aber dieser Effekt dürfte sich mit der Zeit wieder normalisieren.

In den Jahren mit Negativzinsen waren Immobilien die vielleicht populärste Anlageklasse. Wie attraktiv ist es jetzt, sein Geld in Liegenschaften zu stecken?

Lange Zeit hat es kaum attraktive Alternativen gegeben, sein Geld anzulegen. Mittlerweile gibt es jedoch wieder alternative Anlagemöglichkeiten abseits der Immobilie als Anlageklassen. Je nach Strategie kann jedoch sicher der eine oder andere Akteur derzeit auch profitieren, denn mit zunehmender Marktliquidität gingen auch die Preise für Renditeimmobilien etwas zurück. 

Entsprechend gestiegen sind die Renditen. Neben vereinzelten Objekten an A-Lagen kamen viele Immobilien an B- und C-Lagen auf den Markt.

Und da sich die grossen Player im letzten Jahr mit dem Zukauf eher zurückhielten, konnten kleinere Akteure wie Family Offices und vermögende Einzelpersonen bei Bieterverfahren wieder häufiger zum Zug kommen.

Ines von der Ohe beantwortete die Fragen schriftlich.