Bier ist Heimat, Bier ist Herkunft. Zumindest, wenn es um Marken geht. Jeder kennt das Bier aus dem «Schloss» in Rheinfelden, die Biere Calanda und Gurten spielen auf den Hausberg ihrer Gegenden an, und beim Valaisanne steckt die Herkunft direkt im Namen. Auch Kleinbrauereien beziehen sich oft auf ihre Region. Es gibt das Bärner Müntschi von Felsenau oder die Brauerei Uster. Auch die Vereinsbrauerei, bei der ich gelegentlich im Sudhaus stehe, trägt den Namen ihrer Stadt im Logo.

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Doch anders als die meisten Weine hat Bier grundsätzlich wenig mit einem Ort zu tun. Man kann fast jedes Bier fast überall brauen, ohne dass die Kundschaft einen Unterschied schmeckt. Das eröffnet Möglichkeiten, und die werden von den Brauereien gerne genutzt.

So warb eine Basler Brauerei einst mit «Bier von hier statt Bier von dort». Sie musste sich dann aber kritische Fragen stellen lassen, als auskam, dass sie teilweise die Hälfte des Biers in Schaffhausen «zubrauen» liess. Denn von sich aus offengelegt hatte sie das nicht. Solche Brauaufträge sind gang und gäbe – vor allem, wenn es um Spezialitäten geht, die eine Brauerei nicht selber herstellen kann. Oder etwa um Dosenbier, das spezielle Abfüllanlagen voraussetzt und dann gleich auch vor Ort gebraut wird. Die ehrlichen Brauereien schreiben das dann auf die Etikette, andere verschleiern es.

Es gibt auch Brauer ganz ohne Heimstätte. Weil sie mal hier, mal dort, aber immer auf fremden Anlagen produzieren, nennt man sie Gipsy Brewer. Ein Beispiel aus Zürich ist die Brauerei Tingel Tangel, die mit Ausnahme der Testsude ausschliesslich «fremd» braut.

Heikel wird Auswärtsbrauen, wenn eine falsche Herkunft behauptet wird. Die Lozärner Bier AG spürte das 2017, als sie vom Bundesgericht dafür abgestraft wurde, dass sie in Schaffhausen gebrautes Bier ohne Deklaration als luzernisch vermarktet hatte. Und so ist es vielleicht auch kein Zufall, dass Feldschlösschen vor ein paar Jahren die Etiketten des in Rheinfelden hergestellten Gurten-Biers mit einem entsprechenden Verweis ergänzte. Eine Ausnahme gibt es dabei allerdings, denn neuerdings lässt selbst der Branchenriese fremdbrauen, um zumindest ein Berner Gurten im Sortiment zu haben (siehe unten).

Doch was ist noch legal, und wo beginnt die Täuschung? Biere wie das niederländische Heineken werden überall lokal gebraut, wo der Absatz gross genug ist – auch in der Schweiz. Das ist nicht nur günstiger, sondern auch ökologischer. Dasselbe gilt für Sagres, Super Bock und Moretti. Moretti wirbt zwar mit der «authentischen italienischen Geschichte», ist aber inzwischen meist Bier aus Chur.

Eine Marke alleine ist halt kein Herkunftsversprechen. Und so kann auch niemand die Brauerei Locher davon abhalten, ihr Winterthurer Chopfab als Dosenbier in Appenzell zu brauen. Ein Appenzeller aus Winti wäre da schon problematischer. 

Typisch: Zähringer Amber

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Zähringer Amber aus dem Hause Feldschlösschen: Das einzige Gurten aus Bern. 

Quelle: ZVG

Bier der Marke Gurten stammt seit 1996 aus der Aargauer Feldschlösschen-Brauerei. Nicht aber dieses hier. Dank einem Auftrag aus der Zähringerstadt Rheinfelden an die Zähringerstadt Bern ist es gewissermassen in die Heimat zurückgekehrt. Gebraut wird es von der dortigen Lohnbrauerei, die darauf spezialisiert ist, für andere zu brauen.

Gurten Zähringer Amber, Lohnbrauerei Bern, Märzen, 5,4% vol. Alk., 33 cl, ca. 2 Fr.

In dieser Kolumne schreiben die Handelszeitung-Redaktoren Michael Heim und Tina Fischer alternierend über Bier und Wein. Heim ist Mitglied einer Vereinsbrauerei, die ebenfalls Bier fremdbrauen lässt (und das offen kommuniziert).