Seit Frühlingsbeginn erstrahlt das Basler «Drei Könige» in neuem Glanz und heisst «Les Trois Rois». Besitzer Thomas Straumann hat das alte Haus in einem beispiellosen Effort – und mit grösstem Respekt vor der historischen Substanz – auf Grundriss und Stil der Zeit von dessen Eröffnung 1844 zurückbauen lassen. Die Stadt Basel kommt durch diese grosszügige Gabe zu einem einmaligen Stadthotel von opulenter Eleganz. Und die dem Essen verfallenen Menschen erhalten ein kostbares Restaurant in einer distinguierten Umgebung geschenkt.
Unter hohen Lüstern speisen sie im hellen, klassizistischen Salon. Draussen fliesst träge der Rhein vorbei, unbeeindruckt von der Pracht des «Trois Rois», als ob er die Besucher an die Vergänglichkeit ihres Tuns erinnern wollte. «Cheval Blanc» hat Thomas Straumann das edle Restaurant getauft. Wer das als Hinweis auf Straumanns Weinvorliebe versteht, liegt wohl nicht falsch. Der Saint-Emilion Château Cheval Blanc nimmt im dicken, vom brillanten Sommelier Philippe Bouffey gestalteten Weinbuch eine ganze Seite ein.
Fürs «Cheval Blanc» zeichnet ein grosser, in Basel bestens bekannter Name verantwortlich: Jean-Claude Wicky kochte als Sous-Chef noch unter Hans Stucki im «Bruderholz». Nach dem Tod des Meisters übernahm Wicky dessen Stelle, führte das «Bruderholz» unter der Leitung von Pierre Buess in Stuckis Geist weiter und trat allmählich aus dem Schatten der Kochlegende. Ende 2003 wechselte er ins «Drei Könige», wirkte dort aber nur kurz, denn bald verkaufte die Richemond-Gruppe das renovationsbedürftige Haus an Thomas Straumann, der es nun nach zwanzigmonatiger Bauzeit schöner und jünger denn je wieder seiner Bestimmung übergab.
Jean-Claude Wicky blieb während des Umbaus nicht untätig. Thomas Straumann hat ihm klugerweise das gegenüberliegende Restaurant Börse als Übungslokal zur Verfügung gestellt. Wicky konnte mit dem Kern seiner Brigade auf kleinerer Flamme weiterkochen, sodass die Eröffnung des «Cheval Blanc» noch immer einen Sprung ins Wasser bedeutete, doch immerhin bei körperfreundlicher Temperatur.
Der 40-jährige Elsässer kocht klassisch französisch, unaufgeregt, ohne Firlefanz. Er eröffnet die Saison im «Cheval Blanc» mit einem trefflichen Frühlingsmenu. Ein offener Raviolo mit Geflügelrückenfilets, Rahmmorcheln, Spargelspitzen und gehobeltem Sbrinz lässt den harten Winter sogleich vergessen. Zuvor schon hat eine Komposition von Krustentieren mit Kräutern und einer Stangensellerie-Julienne begeistert. Wicky hat sich da wohl auch von Otto Weibel im legendären «Raffles» in Singapur inspirieren lassen, den er eben in den Ferien besucht hat. Den Hauptgang bestreitet ein zartes Milchlamm aus den Pyrenäen. Wunderbar dazu der Senf-Rosmarin-Jus und die in Kefenblätter eingeschlagenen Gartenerbsen. Beim Dessert übertrifft sich der Patissier selbst: Die Schokoladen-Gourmandise zergeht auf der Zunge.
Noch drehen im Service unter der Leitung des magistralen Grégory Rohmer nicht alle Rädchen reibungslos, ab und zu fehlt den Gerichten noch die letzte Präzision. Doch unser Besuch fiel auf den zweiten Tag nach der Eröffnung. Da kann selbst ein so erfahrener Koch wie Jean-Claude Wicky noch nicht zaubern, der uns nach dem Essen mit kindlicher Begeisterung sein ultramodernes Küchenreich zeigt, dabei seine scheue Art verliert, von den neuen Induktionsherden schwärmt und von der knappen Testphase all der Geräte vor der Eröffnung des «Cheval Blanc» erzählt.
Restaurant Cheval Blanc im «Trois Rois»
Jean-Claude Wicky, Blumenrain 8, 4001 Basel, Tel. 061 260 50 50, www.lestroisrois.com, Menus 129 und 155 Franken; im selben Haus bietet die ganztags geöffnete Brasserie «Les Trois Rois» ein Mittagsmenu zu 34 Franken an.