Die Liste der Namen im Komitee ist eindrücklich, welche die Vereinigung Kompass Europa zusammengebracht hat, um eine Volksinitiative gegen neue EU-Verträge zu lancieren: Von Skilegende Bernhard Russi über die drei Partners-Group-Gründer bis hin zum Verwaltungsratschef von Kühne + Nagel Jörg Wolle.

Doch so schlagkräftig die Unterstützer auch sind, ihr Vorhaben wirkt merkwürdig kleinteilig: Ihre Initiative fordert, dass neue Staatsverträge, die eine dynamische – sprich fortlaufende – Rechtsanpassung vorsehen, zwingend von Volk und Ständen angenommen werden müssen. Wer kann schon etwas gegen Demokratie haben?

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Die Initiative ist eher als eine Art Trainingslager zu werten, um sich für das grosse Ziel vorzubereiten: für eine komplette Neuordnung der Beziehungen der Schweiz zur Europäischen Union. Seit dem Nein zum Schweizer Beitritt zum EWR im vergangenen Jahrtausend quält sich das Land mit dieser Frage herum: Wie viel Zugang zum EU-Binnenmarkt ist nötig, und wie viel Aufgabe staatlicher Souveränität ist uns das wert?

Keine Mehrheit für einen «Schwexit»

Diese Frage ist brennend und muss politisch geklärt werden. Die Macher von Kompass Europa haben sehr genaue Ideen, wie sie zu beantworten ist: keine weitere institutionelle Annäherung an die EU, der Schaden eines enger gefassten bilateralen Wegs sei grösser als sein Nutzen. Doch wer so argumentiert, sollte sich ehrlicherweise gleich in die ganz grosse Schlacht stürzen: Weg mit den Bilateralen, zurück zu einem reinen Freihandel mit der EU. 

Ob Volk und Stände für so eine Art «Schwexit» zu haben wären, darf bezweifelt werden. Denn die Mehrheit hat bisher den bilateralen Weg in mehreren Volksabstimmungen bestätigt. Das dürfte der Grund sein, warum es Kompass Europa erst einmal mit einem eher formalen Anliegen versucht, statt gleich aufs Ganze zu gehen. 

Wahr ist aber auch: Ob das neue Vertragspaket namens «Bilaterale III», wenn es denn mal ausverhandelt ist, eine Mehrheit hinter sich bringen kann, ist unsicher. Gelingt es der Schweiz, eine Art Notfallbremse beim Migrationsthema einzubauen, dürften die Chancen steigen. Dagegen wird die Drohkulisse – genannt «dynamische Rechtsübernahme» – die Massen wohl weniger stark mobilisieren. 

Die wahre Stärke von Organisationen von Kompass Europa ist die Schwäche ihrer Gegner: Ausser Ypsomed-Chef Simon Michel sind kaum Unternehmerpersönlichkeiten zu sehen, die klar für eine weitere Annäherung an die EU eintreten. Auch die Befürworter sollten daher schnell eine Promi-Parade zusammenstellen. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse darf mit der Pro-Kampagne nicht allein gelassen werden, denn es steht wirtschaftlich viel auf dem Spiel. Die Initiative von Kompass Europa ist nur der Aufgalopp zum Endspiel in der Frage, wie es die Schweiz mit der EU halten soll.