Seit einem Vierteljahrhundert finden ausgewählte Sessions des Weiterbildungskurses MAS Business Administration/Master of Business Administration (MBA) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Unternehmerforum Lilienberg in Ermatingen statt. Anlässlich dieses Jubiläums ein Gespräch über die Bedeutung dieses besonderen Ortes und seine Rolle bei der unternehmerischen und persönlichen Entwicklung der Studierenden.
Der Autor
Viktor Konitzer, Kommunikationsmanager, ZHAW School of Management and Law
Frau Grüner, Sie sind Direktorin auf dem Lilienberg, wie soll das Unternehmerforum Lilienberg von aussen wahrgenommen werden?
Susanne Grüner (SG): Der Lilienberg soll ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt, sich willkommen und zu Hause fühlt. Wir möchten nicht, dass er als exklusiv oder unnahbar empfunden wird. Wir sind uns bewusst, dass die Lage und die Ausstrahlung etwas Besonderes sind. Unsere Gäste sollen den Stress des Alltags hinter sich lassen können, zur Ruhe kommen und geniessen. Dafür tun wir alles, was wir können.
Christian Olivier Graf (COG): Das kann ich nur bestätigen. Seit 25 Jahren arbeiten wir nun mit dem Lilienberg zusammen, und jedes Mal, wenn wir von der Stadt hierherkommen, fällt diese Ruhe sofort auf. Viele Hotels haben wir für unsere Weiterbildungsprogramme gesehen, aber das Lilienberg ist aussergewöhnlich – nicht nur wegen der Lage, sondern auch wegen der Atmosphäre. Es ist ein Ort, der perfekt zur Philosophie unseres MAS BA/MBA passt.
Herr Graf, was bedeutet das Forum Lilienberg für Ihr Programm?
COG: Es ist nicht nur die Infrastruktur, sondern vor allem das Mindset, das hier herrscht. Das Team des Lilienbergs denkt mit und versteht unsere Bedürfnisse oft, bevor wir sie überhaupt formuliert haben. Ich erinnere mich an eine Anekdote von vor zwei Jahren, als mir das Servicepersonal beim Frühstück Feedback über die Gruppe gab, die gerade bei uns im Seminar war. Es hatte nicht nur bemerkt, dass diese Klasse anders war als andere, sondern konnte auch präzise analysieren, wie die Gruppendynamik sich darstellte. Das zeigt, wie tief die Verbindung hier ist. Jede Gruppe hat ihren eigenen Charakter, und das Personal stellt sich darauf ein. Diese Empathie und die Fähigkeit, auf Menschen einzugehen, sind beeindruckend.
SG: Genau das war auch von Anfang an die Idee des Lilienbergs. Wir wurden als Thinktank und Netzwerkplattform für Unternehmer gegründet. Unser Ziel ist es, Menschen zusammenzubringen, die sich für Unternehmertum interessieren, und ihnen Raum für den Austausch zu geben. Das MAS-Programm der ZHAW passt perfekt in dieses Konzept.
Wie wichtig ist der persönliche Kontakt in diesen Programmen?
SG: Der persönliche Kontakt ist enorm wichtig, vor allem in einem zweijährigen berufsbegleitenden Studiengang wie dem MAS Business Administration. Im ersten Semester lernen sich die Teilnehmenden intensiv kennen, was später eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit bildet. Es geht ja nicht nur darum, Wissen zu vermitteln, sondern auch darum, sich als Mensch und als Unternehmerin oder Unternehmer weiterzuentwickeln.
COG: Das ist auch der Grund, warum eine rein digitale oder hybride Form für uns nicht infrage kommt. Natürlich haben wir während der Pandemie auf Onlineformate zurückgegriffen, aber das Erlebnis ist nicht dasselbe. Die Persönlichkeitsentwicklung, die wir fördern wollen, funktioniert nur, wenn man vor Ort ist. Es geht um den «Maturity Process», also um die Reifung der Persönlichkeit – und das lässt sich online nur schwer umsetzen.
Wie haben Sie beide die Zeit während der Pandemie erlebt?
SG: Es war eine Herausforderung. Wir haben alle Kurse online durchgeführt, aber die Erfahrung war nicht dieselbe. Das hat uns auch das Feedback der Teilnehmenden gezeigt, die am liebsten direkt auf den Lilienberg zurückgekehrt wären. Persönlichkeitsentwicklung funktioniert besser, wenn man die physische Umgebung nutzt – und da ist das Lilienberg unschlagbar.
COG: Es gibt viele Schulen, die eigene Lernorte auf ihren Campus haben, aber das Unternehmerforum Lilienberg bietet etwas anderes. Es ist ein Ort der Begegnung, auch mit anderen Gästen, und nicht nur ein reiner Lernort. Das schafft eine besondere Dynamik, welche die persönliche und berufliche Entwicklung unterstützt.
Was kann man als Unternehmerin oder Unternehmer aus dieser Art von Lernumgebung mitnehmen?
SG: Unternehmerische Empathie ist ein wichtiges Stichwort. Lilienberg und das MAS-Programm fördern eine ganzheitliche Sichtweise auf Unternehmertum. Es geht nicht nur um Zahlen und Fakten, sondern auch um den Austausch mit anderen, um neue Perspektiven und Ideen. Dieser ganzheitliche Ansatz ist für den Erfolg eines Unternehmens entscheidend.
COG: Ja, genau. Eine der zentralen Botschaften unseres Programms ist, kritisches und vernetztes Denken zu fördern. Orte wie Lilienberg tragen dazu bei, indem sie Raum für Reflexion und Dialog bieten. Hier hat man die Möglichkeit, sich aus dem Alltag zurückzuziehen und neue Ideen zu entwickeln. Das ist etwas, was in der digitalen Welt oft verloren geht.