M it dem Fachgebiet Gebäudetechnik können wahrscheinlich viele Menschen auf den ersten Blick wenig anfangen. Den «Elevator Pitch» zum Kennenlernen liefert deshalb Christian Brogli, verantwortlich für Marketing und Kommunikation bei Suissetec, dem schweizerisch-liechtensteinischen Gebäudetechnikverband. «Unser Handwerk ist ein für die Gesellschaft zwar unterschätztes, aber trotzdem unverzichtbares Berufsfeld. Die Gebäudetechnikerinnen und -techniker versorgen die Menschen mit den wichtigsten Lebensmitteln, nämlich sauberem Trinkwasser und frischer Luft. Zudem ermöglichen sie mit einer dichten Gebäudehülle und einer funktionierenden Heizung beste Lebensqualität in Form von Sicherheit und Komfort in den eigenen vier Wänden.»
Die Ausbildung eignet sich für ein Angestelltenverhältnis wie auch für die Selbstständigkeit.
Ein wichtiges Thema also, und deshalb kümmert sich der Verband mit eigenen oder vermittelnden Lerndienstleistungen um die berufliche Grundbildung und um marktgerechte Weiterentwicklung. Man nimmt die Bildungsverantwortung ernst, denn, so formuliert es der Kommunikationsprofi, «die Tatsache, dass die Gebäudetechniker für Hygiene und Lebensqualität sorgen, macht sie quasi zu Präventivgesundheitsfachleuten». Entsprechend hoch sind die Massstäbe in den drei Bildungszentren des Verbands gesetzt; in Lostorf SO, Colombier NE und Gordola bei Locarno. Zudem arbeitet der Verband mit diversen etablierten Bildungsinstituten, die zusätzliche Weiterbildungskurse anbieten.
Basisausbildung durch den Verband
Alois Gartmann leitet das Departement Bildung und erklärt die derzeitige Nachfrage: «Jährlich starten rund 2400 Personen eine Berufslehre in einer unserer zwölf Grundausbildungen. Uns ist kein anderer Berufsverband bekannt, der in Eigenverantwortung so viele Einstiegsberufe anbietet. Wir brauchen den Begriff Einstiegsberuf bewusst, weil eine Lehre in der Gebäudetechnik nicht nur den Einstieg in die berufliche Karriere ermöglicht, sondern auch eine sinnvolle Aufgabe mit besten Perspektiven anbietet.» Gerade weil die Berufslehre in diesem Sektor noch unterschätzt wird, unterstreicht Gartmann die Tatsache, dass diese Ausbildung sowohl ins Angestelltenverhältnis wie auch zur Selbstständigkeit führen kann. Welche Berufe rund um die Gebäudetechnik sind nun die relevantesten? Laut Gartmann ist eine Gewichtung unmöglich. Ob es der Schutz vor Kälte und Nässe ist, gute Raumluft, sauberes Trinkwasser oder im Winter ein warmes Zuhause – alle Fachrichtungen sind relevant, sonst würde sie der Verband nicht mehr anbieten und beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI die entsprechende Aufhebung beantragen.
Gartmann hält fest, dass man während der Pandemie gesehen habe, dass sämtliche Berufssegmente systemrelevant sind. «Ein typisches Berufsbild gibt es nicht; für die einen Arbeitsfelder benötigt es Fachkräfte mit eidgenössischem Diplom, für andere passen unsere Suissetec-Zertifikate. Bei gewissen Jobs dreht sich fast alles um Planung, andere wiederum sind handwerklich ausgerichtet oder mehr technisch-wissenschaftlich.» Gartmann und Brogli sind ganz begeistert, wenn sie über die spezifischen Fähigkeiten der Menschen in ihrer Branche erzählen: «Gebäudetechniker und -technikerinnen sind Multitalente. Nebst dem, dass sie ein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen besitzen, sind sie auch Systemversteherinnen, Problemlöser, Ästhetinnen, Lebensmitteltechnologen, Wärmetechnikerinnen, Luftversteher, Beraterinnen, Energiewendemacher und ganz vieles mehr.»
Arbeit für die Energiewende
Und so «verkaufen» sie ihre Berufsgattung mit dem Versprechen, dass für die Jungen keine Grenzen gesetzt sind, wenn sie sich für einen Beruf in der Gebäudetechnik entscheiden. Und wer eine Lehre in dieser handwerklich ausgerichteten Branche absolviert, müsse sich, so Alois Gartmann, nie Sorgen um die berufliche Zukunft machen. Als Praktiker hätte man dann für jedes Problem eine Lösung. Das hört sich sehr positiv an, aber leidet denn die Branche nicht unter Fachkräftemangel? «Doch», erklärt Christian Brogli, «auch bei uns ist die Herausforderung immens. Wenigstens ist die Anzahl der Lernenden relativ stabil geblieben. Aber die Nachfrage ist aus bekannten Gründen – Stichworte Klimakrise und russischer Angriffskrieg – exponentiell gestiegen. Und ein Nachfrageüberschuss löst unweigerlich einen Angebotsmangel aus. Die Kompensation durch ausländische Fachkräfte ist stets nur eine kurzfristige Massnahme, denn sie verlagert ja nur das Problem in eine andere Region.»
Bei Suissetec weiss man, dass es seit Generationen immer wieder zu solchen schwierigen Momenten kommt – und auch, dass immer wieder Lösungen gefunden wurden. Viele Mitgliedsfirmen machen sich zur Situation Gedanken, diesbezüglich spielen Aspekte wie Effizienzsteigerung und Digitalisierung eine grosse Rolle, etwa mittels Lean Management oder mit einer kompakteren Vorfabrikation. Dazu kommen Sensibilisierungs- und Imagekampagnen zur Attraktivitätssteigerung der Branche und der einzelnen Berufe. Und dann natürlich auch, wie in anderen Sektoren, neue Arbeitszeitmodelle oder Ausbildungsangebote für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. «Es gibt kaum ein Berufsfeld mit mehr Sinnhaftigkeit und Perspektiven. Wer die Menschen mit dem Lebensnotwendigsten versorgt, sie dank Hygieneangeboten präventiv vor Krankheiten schützt, die Energiewende vorantreibt und damit gleichzeitig Teil der Lösung für ein gesellschaftliches Problem namens Klimawandel ist, um nur ein paar Beispiele zu nennen, hat definitiv Zukunft», sagt Brogli.