Sie haben das Amt des Dekans für die Executive School of Management 2011 vom damaligen Rektor Peter Gomez übernommen. Wie lief die Übergabe?

Ich hatte im Zuge der Gründung der Executive School im Jahr 2006 bereits aktiv dort mitgearbeitet. Wir haben viel aufgebaut, etwa den Full-time- und den Part-time-MBA. Es ist uns trotz anfänglicher Skepsis in den eigenen Reihen gelungen, viele englischsprachige Weiterbildungsprogramme erfolgreich zu etablieren. Zu dieser Zeit waren viele Managerinnen und Manager noch nicht so überzeugt von der MBA-Weiterbildung im Allgemeinen. Die Qualität unserer Studiengänge war uns von jeher extrem wichtig, sie steht natürlich über der Quantität der Programmanzahl. Wir haben es vermieden, einfach möglichst viele Kurse «auszuprobieren», die dann nicht zum Erfolg geführt hätten. Daher fand die Übergabe nach sechs Jahren gemeinsamer Arbeit unspektakulär statt.

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Inwiefern haben Sie den Kundennutzen optimiert, wenn Sie sagen, Sie seien wirtschaftsorientiert unterwegs?

Unser Massstab muss sein, die Teilnehmenden und ihre Unternehmen auf ihrer Reise zu begleiten und den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung zu gehen. Das kann das Entwickeln und Implementieren neuer strategischer Gedanken sein oder – bei unternehmensspezifischen Kursen – ein Transformationsprozess. Dabei folgen wir dem HSG-Claim «From insight to impact» – auf Deutsch in etwa «Wissen schafft Wirkung». Wir sind eine Wirtschaftsuniversität, die neues Wissen schafft, aber Wissen darf kein Selbstzweck sein, sondern muss den Menschen und den Unternehmen nützen. Die Sozialkompetenzen spielen hier eine grosse Rolle. Wir befähigen unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ihr Potenzial in diesem Sinne zu entfalten, und machen sie führungstauglich. Dieser Aspekt war mir während meiner Zeit als Dekan der Executive School immer sehr wichtig.

Haben sich denn auch die Dozierenden selber weiterentwickelt?

Ja, zweifellos. Es gibt sicher einige, die lieber forschen, als auf die Weiterbildung zu fokussieren. Gute Bachelor-Vorlesungen halten zu können, reicht nicht. Die Teilnehmenden der Weiterbildungsprogramme haben erhöhte Ansprüche an die Dozierenden, hier haben wir ein Auge auf die Akzeptanz der Dozierenden. Ebenso achten wir auf die Durchmischung der Teilnehmenden. Denn man lernt auch voneinander und nicht nur von der Person da vorne.

Also selektieren Sie sie streng?

Je nach Weiterbildungsprogramm suchen wir die richtige Person als Dozentin oder Dozent. «You need horses for courses»: Es müssen die richtigen Lehrenden gefunden werden, auch in der Weiterbildung – je nachdem, welches Profil gefragt ist. Auch wenn es bequem wäre, darf nicht nur über Theorie gesprochen werden. Das ist auch der Grund, warum ich sehr viele Gastdozierende in meine Vorlesungen einlade.

Zur Person

Name: Winfried Ruigrok
Funktion: 2011 bis 2024 Dekan der Executive School of Management, Technology and Law (ES-HSG) an der Universität St. Gallen; seit 1996 Professor für internationales Management
Alter: 61
Zivilstand: verheiratet
Wohnort: St. Gallen
Ausbildung: Master und Doktorat in Internationale Beziehungen und internationale Wirtschaft, Universität Amsterdam (NL)

Der Brückenbauer Seit 1996 ist Winfried Ruigrok Professor für Internationales Management und Direktor der Forschungsstelle für Internationales Management (FIM-HSG). Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Strategie, Internationalisierung von Vorständen und Aufsichtsräten sowie Corporate Governance, Rolle des CEO, internationale CEO-Karrieren, CEO-Vergütung, Diversity und Forschungsmethoden.

Die Executive School ist stark gewachsen. Wie stark?

Die Weiterbildung ist heute ein integrierter Teil der HSG und nicht mehr eine Art tolerierter Bereich sowohl an der HSG als auch in Teilen der Politik. Früher hatte man Angst, dass die Ressourcen für die Weiterbildung die angestammten Aufgaben schwächen würden. Heute wissen wir: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben uns sehr dafür eingesetzt. Im neuen Hochschulgesetz bildet die Weiterbildung auch offiziell die dritte Säule neben Forschung und Lehre. Die Weiterbildung an der HSG ist nicht nur selbsttragend, sondern wirft auch Gewinne ab, sodass keine Steuergelder dafür ausgegeben werden müssen und die HSG davon profitiert. So können wir uns gute Dozierende leisten und auch dieses Weiterbildungszentrum wie im Bild rechts. Wir gehören an der HSG heute in Europa zu den grössten Anbietern in der Weiterbildung. Im deutschsprachigen Raum sind wir Marktführer in den Bereichen Führung, BWL, Jura und so weiter.

«Wir klopfen uns nicht selbst auf die Schulter.»

 

Sie haben Ihr Amt am 31. Januar an Karolin Frankenberger übergeben. Sie werden viel Zeit für anderes haben. Was wird das sein?

Ich werde in erster Linie Zeit für die Wissenschaft haben. 70 Prozent meiner Zeit flossen in meine Funktion als Dekan. Ich kann mit meinen Doktorandinnen und Doktoranden wieder mehr publizieren und auch wissenschaftliche Artikel schreiben und wissenschaftliche Kongresse besuchen. Ebenfalls mehr lesen. Und auch wieder Musik spielen können,da freue ich mich riesig. Ich werde mehr Zeit für die Familie und für Kolleginnen und Kollegen haben. Es ist gut, dass ich das alles ein paar Jahre vor meiner Emeritierung machen kann, denn so kann ich mir schon jetzt überlegen, wie ich die Zeit nach der Pensionierung verbringen möchte und wie die Zukunft aussehen könnte.

Finanziell ist es aber ein Verlust, oder?

Nein, ganz im Gegenteil. Ich bin nicht Dekan geworden, um reich zu werden, sondern um Entwicklungen zu fördern und anzustossen. Den kleinen Verlust nehme ich gerne in Kauf, um mich der Forschung widmen zu können. Und Professorinnen und Professoren verdienen gut.

Dennoch haben einige Dozierende das HSG-Amt und die persönlichen Geschäfte nicht klar getrennt.

Ich kann nur so viel sagen: Bei uns in der Weiterbildung gab es keinen der Fälle, welche Sie vermutlich ansprechen. Wichtig ist im Fall der Fälle, alle Fakten und Ansichten zu prüfen, daraus zu lernen und Konsequenzen zu ziehen. Das neue Hochschulgesetz gibt hier eine gute Handhabe.

Welche Bedeutung haben Rankings für Sie? Auf der einen Seite stehen Sie in Europa bei den Business Schools auf dem sechsten Rang , anderseits moniert die HSG nach schlechtem Abschneiden in einigen Rankings, man vergleiche Äpfel mit Birnen.

Wir wollen eine führende Wirtschaftsuniversität sein. Wir orientieren uns an den etablierten internationalen Rankings. Es ist wichtig, dass unabhängige, glaubwürdige und starke Parteien selbst ein Ranking erstellen, sich um faire Bewertungen bemühen und zeigen, wie zufrieden unsere Kundinnen und Kunden mit uns sind. Fazit: Rankings geben uns wichtiges Feedback, aber wir gestalten unsere Programme nicht mit Blick auf sie. Das wäre nicht nachhaltig. Denn wenn man nur zu optimieren versucht, verliert man die eigene Identität. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Das Thema ESG (Environmental, Social and Governance) haben wir bereits seit den 1990er-Jahren als wichtiges Thema an der HSG aufgenommen.