Aleksandra Pieczka ist IT-Spezialistin und stammt aus Polen. Sie hat ihre Schweizer Arbeitgeberin, die Nexplore AG, bewusst ausgewählt, da sie die Möglichkeit zu «Workation» anbietet. «Dieses Arbeitsmodell erlaubt es mir, manchmal zwei oder auch drei Wochen von Polen aus zu arbeiten und so meine Familie und Freunde länger zu sehen als nur in den Ferien», sagt Pieczka. Als Voraussetzungen für Workation nennt Pieczka, die bereits bei früheren Arbeitgebern remote aus Thailand, Madeira und Deutschland gearbeitet hat, eine stabile Internetverbindung, Pflichtbewusstsein, Selbstorganisation und eine Homeoffice-taugliche Arbeit. «Ist das erfüllt, ist Workation eine tolle Gelegenheit, Familie, Arbeiten, aber auch Freizeit zu verbinden», sagt Pieczka. Den einzigen Nachteil sieht sie in den fehlenden physischen Treffen mit den Arbeitskollegen und -kolleginnen. Der Kontakt werde aber online aufrechterhalten durch einen täglich festgelegten Austausch und wöchentliche virtuelle Meetings. Von den rund 130 Mitarbeitenden des IT-Unternehmens haben seit dem Start des Workation-Angebotes Anfang 2024 rund elf Mitarbeitende davon profitiert.

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Auch aus Arbeitgebersicht bietet Workation klare Vorteile. Wolfgang Eger, CIO der Post, sagt: «Workation ist für uns eine Massnahme, um als Arbeitgeberin attraktiv zu bleiben und noch besser an gut ausgebildete Fachpersonen zu gelangen. Wenn das gelingt, zahlt sich das Modell für uns aus.» Nach einem sechsmonatigen Pilotprojekt in der IT-Abteilung, auf das es «sehr gute Rückmeldungen» gab, wurde das neue Arbeitsmodell im Jahr 2024 dauerhaft eingeführt. «Seit Corona boomen flexible Arbeitsmodelle, und vor allem die Generationen Y und Z fordern diese ein. Junge Talente sind unsere Zukunft, entsprechend müssen wir uns anpassen», so Eger. 

 

Rechtliche Fallstricke

Während die rund 1500 fest angestellten IT-Mitarbeitenden der Post bis zu zwanzig Tagen pro Jahr in einem EU/Efta-Land arbeiten dürfen, hat die Nexplore AG keine festen Regelungen. Land, Dauer und Häufigkeit von Workation werden hier individuell beurteilt und hängen von verschiedenen Faktoren wie Kunden oder laufenden Projekten ab, wie das Nexplore-HR mitteilt. Sowohl Nexplore als auch die Post sind sich dabei bewusst, dass die rechtlichen und versicherungstechnischen Rahmenbedingungen je nach Zielland unterschiedlich sind und zur Herausforderung werden können. Beide Unternehmen arbeiten aus diesem Grund mit einem auf Fernarbeit spezialisierten Partner zusammen, der die Workation-Anträge auf alle nötigen Vorgaben und Risiken überprüft und entsprechende Auflagen nennen kann.

«Die grössten Risiken von Workation im Ausland liegen vor allem in den Bereichen Visa, Steuer- und Sozialversicherungsrecht sowie Datenschutz und lokalem Arbeitsrecht», sagt Isabelle Wildhaber. Sie ist Professorin an der Universität St. Gallen und Expertin für Arbeitsrecht und weiss: «Grundsätzlich ist Workation in EU/Efta-Ländern einfacher zu bewerkstelligen als ausserhalb. Viele Unternehmen erlauben darum Workation nur in diesen Ländern.» Ebenso sollte eine Dauer von 183 Tagen nicht überschritten werden, um steuerrechtliche Konsequenzen zu verhindern. Wildhaber nennt auch die Sicherheit im Land und die Zeitverschiebung als Kriterien, auf welche die Unternehmen achten, da grosse Zeitunterschiede die Kommunikation mit Team und Kundschaft erschweren.

 

Workation als neue Benefit

Laut der Expertin ist es auf allen Hierarchiestufen möglich, eine begrenzte Zeit lang aus dem Ausland zu arbeiten. «Führungspersonen müssen sich jedoch besonders gut vorbereiten, um zu verhindern, dass eine neue Betriebsstätte entsteht.» Was dann wiederum steuer- und grundsätzliche rechtliche Auflagen beinhalten würde. Als flexibles Arbeitszeitmodell ist Workation gemäss Wildhaber jedoch in allen Branchen möglich.

Sie selbst ist Mitgründerin eines Startups, das Unternehmen bei der rechtlichen Umsetzung von Remote Work im Ausland unterstützt; die aktuellen Entwicklungen sind ihr daher nicht fremd. «Viele Firmen haben inzwischen positive Erfahrungen mit Workation gesammelt und lockern restriktive Rahmenbedingungen oder ermöglichen Workation für Abteilungen ausserhalb der IT. Wir stellen auch eine grosse Akzeptanz bei Arbeitnehmenden und Führungspersonen fest, während Geschäftsleitungen eher skeptisch sind.»

Wildhaber sieht aber auch eine neue Tendenz: «Workation wird zunehmend als Benefit eingesetzt. Einige Firmen fahren das Homeoffice herunter und führen dafür Workation ein. Sie bevorzugen es, ihre Mitarbeitenden ein- oder zweimal im Jahr für kurze Zeit aus dem Ausland arbeiten zu lassen, anstatt wöchentliche Homeofficetage zu erlauben.»