Die Welt steht vor enormen Herausforderungen. Zugleich sind unsere menschlichen und finanziellen Ressourcen begrenzt. Daher müssen wir die vorhandenen Ressourcen effizienter einsetzen.
In der Wirtschaft eröffnen sich enorme Chancen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Dies könnte laut McKinsey zu einem Produktivitätsschub in Billionenhöhe führen. In Zeiten, in denen das globale Wirtschaftswachstum stockt, wäre das sehr wünschenswert.
Generative KI wird Unternehmen über ihre gesamten Wertschöpfungsketten hinweg in allen operativen Bereichen unterstützen – von Logistik, Produktion, Personal und Finanzen bis hin zu Nachhaltigkeit.
Künstliche Intelligenz im Klimaschutz und auf dem Arbeitsmarkt
Besonders beim Thema Dekarbonisierung kommt der KI eine Schlüsselrolle zu. Gegenwärtig ist es für viele Unternehmen noch kompliziert und ressourcenintensiv, ihren CO2-Ausstoss genau zu messen. In Zukunft wird KI diese Daten automatisch erfassen und effizient auswerten. Die Mitarbeitenden der Unternehmen können sich somit darauf konzentrieren, konkrete Klimaschutzmassnahmen zu ergreifen.
Der Gastautor
Christian Klein ist CEO und Mitglied des Vorstands der SAP.
Wie bei anderen technologischen Revolutionen wird auch die KI zu Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt führen. Bis zum Jahr 2030 droht weltweit ein Mangel von geschätzten 85 Millionen Arbeitskräften. In zahlreichen Bereichen wird generative KI bestehende Arbeitsplätze aufwerten beziehungsweise neue Tätigkeitsfelder schaffen. Einer Studie des MIT-Professors David Autor zufolge arbeiten heute 60 Prozent der Erwerbstätigen in Berufen, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts noch nicht existierten. Zudem wird der Wandel, den die KI auslöst, zugleich von ihr unterstützt – etwa indem die KI personalisierte Schulungsprogramme empfiehlt oder Organisationen rasch und unkompliziert bei der Formulierung von Stellenausschreibungen hilft.
Europas Wettbewerbsvorteil
Dank der starken Fertigungstradition hat Europa – insbesondere Deutschland und die Schweiz – eine grosse Chance: Wenn wir entschlossen handeln, könnte Europa bei der Entwicklung und Anwendung von industrieller KI eine führende Rolle spielen. Denn angesichts unserer alternden Bevölkerung und des im internationalen Vergleich hohen Lebensstandards müssen wir unsere Produktivität deutlich steigern. Dabei kann die KI nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit stärken, sie kann auch der Gefahr einer Deindustrialisierung entgegenwirken.
Damit dies gelingt, sollten auch die Gesellschaft und Regierungen den Umbruch konstruktiv begleiten. Regierungen und staatliche Verwaltungen müssen sich daher entschlossen für KI öffnen – zum einen, um ihre eigene Produktivität und Effizienz zu steigern. Zum anderen, weil sie nur so ihrer Funktion als Regulierer wirklich gerecht werden können.
Bei der aktuell in der EU in Abstimmung befindlichen KI-Gesetzgebung besteht die Gefahr, Innovationen zu hemmen. Generative KI sollte nicht per se als Hochrisikoanwendung behandelt werden. Regulatorische Eingriffe sollten auf KI-Anwendungen beschränkt sein, die ein hohes Risiko für Gesundheit, Sicherheit und Grundrechte darstellen.
Um das richtige Gleichgewicht zwischen Innovation und angemessener Regulierung zu finden, sollten wir als Korrektiv eine deutliche Portion amerikanischen «Can do»-Denkens zum Einsatz bringen.