Der Kampf um die Vorherrschaft bei Bezahl-Apps in der Schweiz hat erneut die Wettbewerbshüter auf den Plan gerufen. Die Wettbewerbskommission (Weko) ermittelt gegen Schweizer Finanzinstitute wegen dem mutmasslichen Boykott von Apple Pay und Samsung Pay. Zugleich läuft aber weiterhin eine Untersuchung gegen Apple.
Die Wettbewerbsbehörde hat am Dienstag Razzien bei den Grossbanken Credit Suisse und UBS, der Postfinance sowie den Kreditkartenfirmen Swisscard und Aduno durchgeführt, wie sie am Donnerstag mitteilte. Es bestehe der Verdacht, dass die Schweizer Finanzinstitute sich abgesprochen hätten, ihre Kreditkarten nicht für die Benutzung mit Apple Pay und Samsung Pay freizugeben. Dies, um die Schweizer Bezahl-App Twint zu bevorzugen.
Verdacht ist nicht neu
Der Verdacht, dass die Banken und Kreditkartenfirmen ihre eigene Bezahl-App Twint gegen die internationale Konkurrenz schützen, ist nicht neu. So hatten bei der Lancierung von Apple Pay vor zweieinhalb Jahren nur wenige Kreditkartenherausgeber ihre Karten für den Dienst freigeschaltet.
Warum kommt die Untersuchung also gerade jetzt? «Wir haben neue Informationen bekommen», begründete Weko-Vizedirektor Olivier Schaller den Zeitpunkt gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Die Weko brauche Anhaltspunkte, dass unzulässige Abreden stattfänden. Diese Anhaltspunkte hätten sich durch die neuen Informationen ergeben. Die Untersuchung dürfte non wohl eine Weile in Anspruch nehmen. Solche Ermittlungen seien sehr anspruchsvoll.
Banken sehen Vorwürfe als unbegründet
Die betroffenen Institute zeigen sich derweil zuversichtlich, dass sich die Vorwürfe als unbegründet erweisen werden. Die Postfinance kooperiere mit der Wettbewerbsbehörde zur Klärung des Sachverhalts, teilte etwa die Post-Tochter mit. Sie sei überzeugt, nicht gegen das Kartellrecht verstossen zu haben.
Die UBS kommentiert laut ihrer Stellungnahme zwar keine laufenden Untersuchungen. Sie hält aber fest, dass sie bereits 2016 versucht habe, sich mit Apple Pay über eine Nutzung der UBS-Kreditkarten zu einigen. «Obwohl wir mehrere Alternativen angeboten haben, konnte mit Apple Pay leider keine Einigung zur Zusammenarbeit gefunden werden», schrieb die Grossbank.
Die Credit Suisse wiederum erklärte, dass man überzeugt sei, dass sich die Vorwürfe als unbegründet erweisen werden. «Über unsere fünfzigprozentige Tochtergesellschaft Swisscard bieten wir bereits heute Konsumenten in der Schweiz Zugang zu Apple Pay und Samsung Pay», schrieb die CS in einer Stellungnahme. Zudem sei die Grossbank seit mehreren Monaten im Gespräch mit Apple, Samsung und Google, für die Einführung von deren Bezahl-Apps für die CS-Kunden.
Swisscard selbst zeigte sich überrascht, in die Untersuchung einbezogen zu werden. Ihre Kunden könnten seit November 2016 Apple Pay nutzen und seit August 2017 auch Samsung Pay. Swisscard sei zuversichtlich, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen würden.
Bezahl-Apps werden beliebter
Vor zwei Jahren hatten die Banken Twint mit dem Konkurrenten Paymit fusioniert. Seither gehört Twint den sechs grössten Schweizer Banken und der Finanzinfrastrukturbetreiberin SIX. Zudem beteiligt sich der französische Zahlungsverkehr-Anbieter Worldline zu 20 Prozent an Twint.
Bezahl-Apps sind in der Schweizer Bevölkerung laut Umfragen bislang noch wenig verbreitet, auch wenn die Nutzungszahlen steigen. Laut einer Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern erreicht das Bezahlen von unterwegs mit monatlich etwa 1,75 Millionen Transaktionen einen Marktanteil von ungefähr 0,5 Prozent.
Die Twint-App hat dabei einen gewichtigen Nachteil: Apple blockiert der Konkurrenz auf dem bei Schweizer besonders beliebten iPhone den Zugang über den Kurzfunktechnologie NFC, die die schnellste und einfachste Technologie zum kontaktlosen Bezahlen ist.
Untersuchung gegen Apple läuft
Die NFC-Schnittstelle beansprucht Apple exklusiv für den eigenen Handybezahldienst. Twint muss deshalb auf das Einlesen von QR-Codes oder die Bluetooth-Übertragungstechnik ausweichen. Das verlängert den Bezahlvorgang deutlich.
Die Wettbewerbskommission untersucht schon seit längerem, ob Apple damit den Wettbewerb behindert. Das Verfahren sei vorgeschritten, sagte Vizedirektor Schaller. Ein Entscheid sei jedoch noch nicht gefallen.
(awp/ccr)