Nach monatelangem Lockdown mögen sich so manche Lockerungen herbeigesehnt haben. Ab Montag dürfen Restaurants und Beizen ihre Terrassen wieder öffnen, Kultureinrichtungen können Veranstaltungen mit 50 Personen sogar in Innenräumen durchführen, auch Fitnessstudios gehen wieder auf; dies hat der Bundesrat beschlossen.
Doch ist die Öffnung für Gastronomen und Kultureinrichtungen tatsächlich eine gute Nachricht? Oder ganz konkret: Werden und wollen sie wirklich so schnell wieder öffnen? Wir haben nachgefragt.
Für die Theater- und Kinobranche sind die Öffnungen grundsätzlich positiv, aber wirtschaftlich dürfte das für die wenigsten rentabel sein.
«Für die grösseren Häuser ist es viel schwieriger, adäquate Verstellungen in so kleinem Rahmen zu kreieren, als für die kleinen», sagt Roman Steiner, Geschäftsführer des Schweizer Bühnenverbands (SBV). Der Entscheid des Bundesrats sei dennoch ein «Schritt in eine positive Richtung».
Viele Betriebe aber könnten damit «gerade so» die Kosten decken. Am Ende, schätzt Steiner, müsse «jedes Haus im Einzelfall entscheiden, was es sich leisten kann.»
Es bleibt also abzuwarten, wer tatsächlich ab Montag seine Tore für das Publikum öffnet. Zumal es eine gewisse Vorlaufzeit braucht, um das ursprünglich vorhergesehene Programm überhaupt durchzuführen beziehungsweise ein neues auf die Beine zu stellen zu können.
Und die Grossveranstalter?
Die Grossveranstalter, die von den neuen Massnahmen nicht betroffen sind, hoffen, dass der Bundesrat in einer seiner nächsten Sitzungen auch grössere Veranstaltungen wie Konzerte und Festivals wieder ermöglichen kann, erklärt Stefan Breitenmoser von der Swiss Music Promoters Association (SMPA). Noch fehlt der Branche jegliche Planungssicherheit.
In der Gastronomie dürfte es umgekehrt sein: Beizen mit grossen Aussenbereichen profitieren eher als die kleinen – solange das Wetter mitspielt.
Das bestätigt Dario Tolone, Co-Geschäftsführer des Casa Tolone in Luzern. Ab Montag will er ein neues Konzept umsetzen: «Wir haben jetzt drei Tage geöffnet, dafür durchgehend», sagt Tolone. Das Restaurant ist nun Freitag, Samstag und Sonntag von 11.30 Uhr bis abends um 20.00 Uhr geöffnet.
Die neuen Öffnungszeiten haben einen Grund: «Beim jetzigen Wetter ist es eher unwahrscheinlich, dass die Gäste bis spätabends draussen sitzen bleiben», sagt Tolone. Er fügt an: «Wenn man eine gute hausgemachte Pasta bei 5 Grad draussen essen muss, dann macht das nur halb so viel Spass.»
Es wird für das italienische Restaurant trotzdem eine Herausforderung. Das Casa Tolone befindet sich nicht direkt in der Luzerner Innenstadt, sondern im Maihof-Quartier; sie kann deshalb kaum auf Laufkundschaft zählen. «Wenn das Wetter nicht mitspielt, dann wird es schwierig, die Leute essen kaum draussen. Wir sind ein Speiselokal und machen keine Umsatz mit Kaffee und Kuchen», sagt Tolone.
Trotz dieser Umstände wollen Dario Tolone und sein Bruder Domenico jetzt öffnen: «Es wird kaum ein Geschäft werden mit der Aussenterrasse, weil wir sehr vom Wetter abhängig sind. Aber wir bieten es vor allem auch für unsere Stammkunden, für unsere Freunde an», sagt Tolone. «Und dass wir endlich wieder unserer Leidenschaft als Gastgeber nachgehen können.»
Das Restaurant hat rund 40 Aussenplätze, die auch bei Regen gedeckt sind. «Wenn schon sommerliche Temperaturen herrschen würden, dann könnte man sogar bis auf 80 Plätze hochfahren», so Tolone.
Die Karte sei sehr reduziert, dafür habe man die Antipasteria ausgebaut. Dort bestellt man zusammen mehrere Häppchen und teilt sie unter Freunden. Dazu gibt es eine grosse Weinkarte.
«Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis»
Der Verband Gastrosuisse steht dem Entscheid des Bundesrats mit gemischten Gefühlen gegenüber. Es sei ein «erster Schritt in die richtige Richtung», sagt Daniela Kimmich. Sie bemängelt aber auch: «Leider hat der Bundesrat weder die nächsten Schritte aufgezeigt, noch die Öffnung der Restaurants im Innenbereich in Aussicht gestellt.» So fehle den Gastronomen weiterhin eine Perspektive, die Unsicherheit dauere an.
Die Öffnung der Aussenbereiche sei nicht ausreichend, sagt Kimmich. «Bei der alleinigen Öffnung der Aussenbereiche stehen Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis.» Der Betrieb des Aussenbereichs sei sehr vom Wetter abhängig und lasse sich deshalb nicht planen, sagt Kimmich. Die Wiedereröffnung sei mit einem «hohen finanziellen Risiko verbunden» ist. GastroSuisse verlangt deshalb eine generelle Öffnung der Gastrobetriebe.
Kein rentabler Betrieb möglich
In Bezug auf die Frage, ob die Branche besser dran wäre, gar nicht öffnen zu können, sagt die Verbandssprecherin: «Alle Restaurants sollen in Sachen Härtefallentschädigungen weiterhin als behördlich geschlossen gelten.»
Mehrere Kantone unterstützen diese Forderung offenbar. Denn ein «rentabler Betrieb unter diesen Bedingungen ist in den meisten Fällen ausgeschlossen», sagt Kimmich. Hinzu kommt: Ein Viertel der Restaurants habe gar keinen Aussenbereich.