Onlinehändler haben genug von der Flut an Retouren: Der britische Onlinehändler Asos hat diese Woche strengere Rückgaberichtlinien für seine Kunden eingeführt. Unter anderem erhalten sie bei Rücksendungen der Kleider statt einer Rückerstattung einen Gutschein.
Auch der zweitgrösste Modehändler der Welt – H&M – will für gewisse Kunden wieder Versandkosten bei Onlinebestellungen einführen. Und Zalando hat in vier seiner 17 operativen Ländern in Europa eine Mindestbestellmenge eingeführt.
Asos, H&M und Zalando haben in der Schweiz hunderttausende Kunden. Zalando ist der grösste Onlinehändler hierzulande. Mit diesen Massnahmen möchten sie vor allem auch gegen «Serial Returner» vorgehen. So werden Online-Shopper genannt, die Artikel zu oft zurücksenden.
Neben Regeln soll aber auch Technologie helfen. Damit analysieren und beobachten sie die Kunden genauestens und versuchen Muster bei den Bestellungen zu erkennen. Erkennbar wird insbesondere, wer wie oft bestellt. Und ob es sich um eine bewusst in Kauf genommene Retouren handelt.
Kunden werden gesperrt
Einer der führenden Anbieter in diesem Bereich ist das schwedische Startup inRiver aus Malmö. Es analysiert die «Reisen» und kann die Vetriebskanäle und das Verhalten der Kunden genaustens analysieren – dafür greift es auf Künstliche Intelligenz zurück.
«So sind kostenlose Retouren nur noch unter bestimmten Umständen möglich, während Kundenkonten mit auffälligem Bestellverhalten gesperrt werden», sagt Steve Gershik von InRiver. Ursprünglich seien Retouren dazu gedacht gewesen, Kunden vor Fehlkäufen zu schützen, sagt er. Darum gehe es heute aber nicht mehr: «Es gibt immer mehr sogenannte Serial Returners, also Verbraucher, die viele Artikel bestellen und dann einen Grossteil davon retournieren.»
Das Problem mit den Retouren zeigt sich zunehmend von der hässlichen Seite: Verstöpfte City-Strassen wegen all den Lieferwagen, Umweltverschmutzung und vor allem immense Kosten für die Onlinehändler.
Bei Amazon kam im vergangenen Jahr ein Skandal an die Öffentlichkeit: Der Onlineriese vernichtet retournierte Ware. «Deshalb muss die Verringerung des Retourenvolumens für Online-Händler ganz oben auf der Prioritätenliste stehen», sagt Gershik.
Bei Galaxus noch kein Thema
Asos ist aber nicht alleine beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Onlinehandel. Auch die Plattform True Fit vereint detaillierte Daten von über 100 Millionen registrierte Nutzer, die zusammen mehr als 100 Milliarden Euro an Transaktionen auf über 250 Online Shops umgesetzt haben. «Viele Onlinehändler wissen nicht, was sie mit all den Daten anfangen sollen.» Oft würden sie auch selbst Daten sammeln, «dabei macht eine kollektive Datensammlung mehr Sinn, weil sie dann erst richtig wirksam ist», sagt Meyden.
Der Schweizer Onlinehändler Galaxus will seine Rückgaberichtlinien zurzeit nicht ändern, sagt Alex Hämmerli von Galaxus. Er weist aber auch daraufhin: «Wenn wir feststellen, dass ein Kunde bzw. eine Kundin unsere Rückgaberichtlinien missbraucht, suchen wir das Gespräch. Kommen wir auf keine Einigung, behalten wir uns das Recht vor, das Konto zu sperren oder die Rücknahme zu verweigern.»
Gegen Aufpreis gibts Vorteile
Eine andere Strategie, um die immensen Kosten für die Retouren wieder einzuholen, wählt Zalando. Wenn der Kunde mehr möchte, muss er dafür bezahlen. Wir wollen die Services stärker auf individuelle Kundenbedürfnisse zuschneiden», sagt Julia Zweigle von Zalando.
Der Onlinegigant aus Berlin testet in der Schweiz zurzeit das Angebot Zalando Plus. Für Mitglieder gibt es eine Lieferung am gleichen Abend kostenlos. Normale Kunden können gegen einen Aufpreis von neun Franken von dem Service profitieren.
Man versuche Retouren aber auch mit besseren Produktbeschreibungen oder einer optimalen Grössenberatung zu reduzieren, sagt Zweigle. Dafür werden von Zalando auch KI eingesetzt. Künftig sollen auch Virtual-Reality-Anwendungen kommen. Zweigle versichert: «Wir setzen Künstliche Intelligenz nicht gezielt ein, um unsere Kunden durch ihr Retouren-Verhalten zu benachteiligen.»
Kleider für einen Tag
Zu noch mehr Retouren führe aber auch ein relativ neues Verhalten der Kunden, beobachtet Gershik. Sie bestellen sich online Kleider, um ihr «Outfit of the Day» ihrer Community zu präsentieren. Das heisst, sie ziehen ein Kleidungstück einige Stunden an, machen Bilder davon, die sie auf Instagram veröffentlichen und schicken alle Artikel dann zurück zum Onlineshop. «Es wird bestellt, mit der Absicht, die Ware zurückzuschicken», sagt Gershik.