Es ist undankbar, bei einem Startup, bei dem so viel Enthusiasmus und guter Wille im Spiel ist wie bei Too Good To Go, die Spielverderberin zu spielen. Ich tue es trotzdem und sage: Die Erfolgs-App der dänischen Nachhaltigkeitskönigin Mette Lykke, mit der Betriebe übrig gebliebene Nahrungsmittel zu stark reduzierten Preisen einfach und schnell an den Mann und die Frau bringen können, schielt zu sehr auf Einschaltquoten und vernachlässigt die Substanz.
Gewiss, Reichweite ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren. Was hilft es, wenn nachhaltigkeitsbewusste Bobos ihre Haushaltführung in Richtung Kreislaufwirtschaft perfektionieren und kein Rüebli im Kühlschrank verfaulen lassen, wenn die breite Bevölkerung weiterhin achtlos ganze Mahlzeiten in den Abfallkübel wirft?
Das Übel wird nicht an der Wurzel gepackt
Wer breit sensibilisieren will, der darf die Hürden nicht all zu hoch setzen. Nur: Die Sensibilisierung sollte dann schon in die richtige Richtung gehen. Doch das ist bei Too Good nicht wirklich der Fall. Zu befürchten ist nämlich, dass die App just die Schnäppchen-Kultur fördert, die am Anfang des Verschwendungsproblems steht. Wenn Unternehmen hochwertige Nahrungsmittel zu Tiefstpreisen auf einer App verschleudern, dann ist das wenig geeignet, das Bewusstsein dafür zu erneuern, dass Nahrungsmittel etwas Wertvolles sind.
Quote ist wichtig. Das gilt auch für die Betriebe. Was hilft es, wenn einzelne Betriebe viel Geld für aufwendige Abfallanalysen ausgeben, während das Gros der Restaurants weitermacht wie bisher?
Die Betreiberinnen von Too Good To Go verfahren nach dem Prinzip: Lieber ein Schuss Imperfektion, als in Schönheit zu sterben. Das war richtig, um die Betriebe ins Boot zu holen. Doch nun sollten die Zügel gestrafft werden. Die Restaurants und Läden auf der Plattform müssen belegen, dass sie tatsächlich weniger Nahrungsmittel wegwerfen. Sonst macht sich Too Good To Go unglaubwürdig.