Die grosse Mehrheit der Unternehmen wird innerhalb der Familie weitergegeben. Laut einer Erhebung der Credit Suisse sind es 45 Prozent. 25 Prozent gehen an eine firmenexterne Nachfolgeperson und 30 Prozent an Mitarbeitende, die nicht zur Familie gehören.

Dabei ist das Unternehmertum innerhalb der letzten Dekaden immer weiblicher geworden: Im ersten Quartal lag der Anteil der Frauen laut der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (Sake) bei immerhin schon 40 Prozent. Vor zehn Jahren waren es 35 Prozent, 1991 lediglich rund 28 Prozent.

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Der Frauenanteil könnte sich in den nächsten Jahren weiter erhöhen: Die Wirtschaftsauskunftei Dun & Bradstreet ermittelte im Frühjahr in einer Studie, wie viele KMU in der Schweiz vor einer offenen Nachfolge stehen: Es sind 93'009 Unternehmen. Somit müssen 15,1 Prozent der KMU in den nächsten Jahren ihre Nachfolge regeln.

Wie von Beraterinnen und Beratern, die Nachfolgeprozesse begleiten, zu hören ist, werden Töchter in der Familie aber immer noch häufig übergangen, wenn es darum geht, die Nachfolge zu regeln. Dabei gibt es gerade in der Schweiz eine Fülle von Beispielen, in denen Töchter erfolgreich das Familienunternehmen leiten. Die bekanntesten: Ariane de Rothschild, Michèle Hilti-Frey, Madgalena Martullo-Blocher, Nayla Hayek.

Frauen sind die besseren Leader

Das Thema Nachfolge hat eine grosse volkswirtschaftliche Bedeutung. Wenn es zu keiner Nachfolgeregelung kommt, gehen unternehmerisches Know-how, wertvolle Arbeitsplätze und Steuereinnahmen verloren. Inzwischen müsste man eigentlich wissen, dass es sich lohnt, Frauen als Unternehmerinnen zu gewinnen und in Führungspositionen zu bringen. Denn Frauen sind laut verschiedenen Studien die besseren Führungskräfte.

In 17 von 19 Leadership-Kompetenzen schneiden sie besser ab als Männer, insbesondere in puncto Eigeninitiative, Belastbarkeit, Selbstentwicklung, Ergebnisorientierung sowie Integrität und Ehrlichkeit. Das zeigt eine Auswertung Tausender Feedbacks von Mitarbeitenden, Vorgesetzten, Kollegen und Kunden, welche das amerikanische Beratungsunternehmen Zenger Folkman vorgenommen hat.

Männer hingegen werden nur bei zwei Fähigkeiten besser bewertet als Frauen: bei der Entwicklung einer strategischen Perspektive und bei der fachlichen oder beruflichen Kompetenz. Die vereinfachte Empfehlung für die Unternehmensnachfolge könnte demnach lauten: die Töchter an die Spitze und die Söhne in die Strategieabteilung.

Die acht wichtigsten Regeln

Den Satz «Wenn die Zeit reif ist, werde ich mir schon Gedanken über meine Nachfolge machen» hört man im KMU-Umfeld häufig. Doch das kann ins Auge gehen. Es lohnt sich, die Nachfolgeplanung frühzeitig anzugehen und die nachfolgenden Regeln zu beachten. Fünf Jahre vorher mit dem Prozess zu starten, ist ideal. Die Nachfolgeregelung ist zu wichtig, um sie dem Zufall zu überlassen.

Regel 1: Unternehmen fit machen
Um optimal verkaufs- und übergabefähig zu sein, muss das Unternehmen am Tag X fit und schlank sein. Das heisst: Straffen Sie Ihre Organisationsstruktur und befreien Sie die Firma von allem, was für den Betrieb nicht notwendig ist. Dies könnten zum Beispiel Liegenschaften, Beteiligungen oder Kooperationen sein. Nachfolgende wünschen sich Unternehmen mit klarem Fokus auf das Kerngeschäft. Ebenso wenig möchten sie Geld kaufen. Reduzieren Sie also die Liquidität so weit wie betrieblich sinnvoll. Dies kann auch steuerliche Auswirkungen haben.

Regel 2: Modern bleiben
Die stetige Unternehmens- und Prozessentwicklung spielt bei der Nachfolge eine zentrale Rolle. Manche Unternehmer verhalten sich jedoch Jahre vor der Firmenübergabe in der Unternehmensentwicklung sehr zurückhaltend. Dies schmälert nicht nur den Verkaufswert, sondern auch die Anzahl potenzieller Käuferinnen und Käufer. Ein Unternehmen mit einer zukunftsgerichteten Infrastruktur und Prozessen, die auf der Höhe der Zeit sind, sowie mit kompetenten Mitarbeitenden verkauft sich besser.

Regel 3: Transparent sein
Wer die Jahresrechnung steueroptimiert gestaltet, sollte diese spätestens fünf Jahre vor dem Unternehmensverkauf transparent aufbereiten und auch die stillen Reserven verringern. Denn für die Bewertung Ihres Unternehmens zählt vor allem eine gesunde Ertragslage. Werden steuerliche Auswirkungen frühzeitig und gezielt angegangen, lassen sich einige Fallstricke vermeiden.

Regel 4: Rechtsform prüfen
Bei jeder Unternehmensnachfolge spielt das Gesellschaftsrecht eine grosse Rolle. Denn der Verkauf oder die Nachfolge einer Personen- oder Kollektivgesellschaft hat meist steuerliche Folgen – beispielsweise dann, wenn stille Reserven aufgelöst werden. Es gilt zudem, allfällige Sperrfristen zu beachten, da eine Firma nach der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine juristische Gesellschaft oder bei der Abspaltung eines Geschäftszweiges einer juristischen Person erst nach fünf Jahren steuerfrei verkauft werden kann.

Regel 5: Vorsorge planen
Mit AHV, BVG und freiem Vermögen sollte der Lebensstandard in der Rente gehalten werden können. Durch eine mangelnde Vorsorgeplanung kann es aber dazu kommen, dass das Geld für den Ruhestand nicht ausreicht. Oft steckt ein Grossteil des Inhabervermögens im Unternehmen. Um nicht nur auf den Verkaufserlös angewiesen zu sein, verbessert eine saubere Planung den Verhandlungsspielraum stark. Daher muss die Vorsorge analysiert, Vorsorgelücken müssen ermittelt und frühzeitig (idealerweise steueroptimiert) geschlossen werden.

Regel 6: Nachfolgerin finden
Früher oder später taucht die Frage auf: Wer führt das Unternehmen weiter? Sind es Familienmitglieder, Mitarbeitende oder wird die Firma an Dritte verkauft? Jede Form der Nachfolge hat eigene Gesetze. Man muss sich rechtzeitig mit dieser zentralen Frage befassen und alle Interessierten, Beteiligten und Betroffenen möglichst früh abholen. So halten Sie sich Nachfolgeoptionen offen und geraten nicht unter Zeitdruck. Ganz wichtig: Befähigen Sie Ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger für die neue Aufgabe und geben Sie ihnen die Chance und Zeit, sich fehlendes Wissen anzueignen.

Regel 7: Finanzierungslösung
Die Finanzierung einer Übernahme ist eine Herausforderung, denn in den wenigsten Fällen können Nachfolgende den Kaufpreis zu 100 Prozent aus eigenen Mitteln aufbringen. Braucht es einen Bankkredit, hängt dieser vom Kaufpreis, vom Eigenkapital und von der Fachkompetenz des Nachfolgers ab. Wenn Eigenkapital und Bankkredit nicht reichen, kann ein Verkäuferdarlehen erfolgen. Bei firmeninterner Nachfolge kann die Finanzierung durch Beteiligungsprogramme oder Eigenkapitalaufbau durch Lohnzahlungen geplant werden.

Regel 8: Emotionen ausschalten
Der Verkaufsprozess ist für die meisten Unternehmer Neuland und oft von Emotionen begleitet. Bei emotionalen und sachlichen Differenzen kann es so weit kommen, dass Nachfolgerinnen aussteigen oder die Familie am Ende zerstritten ist. Vor allem bei familien- oder firmeninternen Nachfolgen erschweren unterschiedliche Wertvorstellungen und Lebensweisen oft eine reibungslose Nachfolgeregelung. Um Risiken zu reduzieren, empfiehlt es sich, eine externe Fachkraft zu holen, welche unabhängig durch den Nachfolgeprozess führt.

Autor: Raimund Staubli, Nachfolgeexperte, Raiffeisen Unternehmerzentrum RUZ, St. Gallen