Muss man Veganerin oder Veganer sein, um bei Planted zu arbeiten?
Pascal Bieri: Überhaupt nicht. Wir stellen nach Fähigkeiten ein, nicht nach Essgewohnheiten. Allerdings wäre es etwas merkwürdig, wenn jemand ein Jahr nach dem Arbeitsstart bei Planted immer noch gleich viel tierisches Fleisch essen würde wie zu Beginn.
In welchen Club gehören Sie selber? Veganer, Vegetarier, Klimatarier, Flexitarier?
Im Januar war ich einen Monat lang Veganer, ich habe wie immer beim «Veganuary» mitgemacht. Ansonsten kann es vor allem im Rahmen von Vergleichstests in der Produktentwicklung auch mal sein, dass ein Stück totes Tier in meinem Bauch landet.
Nicht immer, aber immer öfter?
Eher weniger oft. Grundsätzlich würde man mich wohl irgendwo zwischen Veganer, Vegetarier und Flexitarier ansiedeln.
Und zu welcher Glaubensrichtung gehören die Kundinnen und Kunden von Planted?
Das ist relativ einfach: Hauptsächlich sprechen wir Allesesserinnen und Allesesser an.
Planted, heisst es oft, stelle «Fake-Fleisch» her. Wie sehr goutieren Sie diesen Begriff?
Er schmeckt mir nicht besonders. Nur schon deshalb, weil ich den Begriff «Fleisch» nicht unbedingt als totes Tier definiere. Das Wertversprechen geht doch über den Begriff des Tiers hinaus. Für mich ist Fleisch der Teil des Tellers mit gut texturierter Proteindichte.
Für die meisten Menschen bedeutet Fleisch dies: Da musste ein Tier sterben.
Wenn man es sich denn eingesteht. Gegenfrage: Stammt Fruchtfleisch auch von einem Tier?
Natürlich nicht.
Es kommt immer auf die Einstellung und auf Begrifflichkeiten an. Ich will aber nicht Linguistik betreiben. Für uns ist es wichtig, in einem ersten Schritt möglichst nahe an den Originalgeschmack sowie an die Faserstruktur zu kommen.
Für manche Konsumentinnen ist Ihr pflanzliches Schweinefleisch fast zu nahe am Original.
Dabei soll es ja nicht bleiben. Mithilfe von Biotech wollen wir nun Produkte erzeugen, die besser sind als das herkömmliche tierische Fleisch.
Besser in welcher Beziehung?
Bezüglich Umwelt, Tierwohl und Verträglichkeit für die Menschen. Und auch beim Geschmack. Da können wir sicher noch besser werden. Wir müssen saftiger werden.
Viele Menschen fragen sich ja: Wenn jemand schon dem Fleisch entsagt – warum soll man dann Fleischersatz essen wollen?
Weil wir uns so daran gewöhnt haben – und es eben sehr gut schmeckt. Viele Menschen, die Veganer oder Vegetarierin werden, vermissen Geschmack, Biss und Textur von Fleisch. Genau hier kommen unsere Produkte ins Spiel. Auch deshalb, weil viele Menschen sehr gewöhnt sind an Fleisch. Forscherinnen und Forscher sagen, dass es bis zu sieben Generationen dauern kann, bis wir unsere Ess- und Kochkultur umstellen.
Forscherinnen und Forscher argumentieren auch, dass der Geruch von verbranntem Blut zur DNS der Menschheit gehört. Weil der Mensch irgendwann festgestellt hat, dass er weniger Bauchweh hat und dass seine Überlebenschancen besser sind, wenn er sein Stück Fleisch vor dem Essen aufs Feuer legt.
Kann sein. In der Geschichte der Menschheit sind aber auch viele Leute an verdorbenem Fleisch gestorben.
Welchem tierischen Fleisch waren oder sind Sie persönlich zugetan?
Eine Bratwurst in der Pause des Fussballspiels – grossartig. Aber auch das kann man ohne tierische Elemente nachbauen.
Ist Planted der offizielle Food-Lieferant der coolen Stadtjugend? Oder wer ist typischer Planted-Kunde?
Urbanität spielt tatsächlich eine Rolle bei uns. Beim Alter ist es anders. Unsere Kundinnen und Kunden kommen aus allen Alterskategorien.
Der Chef der Dorfladenkette Volg sagte uns jüngst: «Wenn unsere Kunden und Kundinnen in Richtung vegetarisch gehen, greifen sie lieber bei einem Salat statt bei einem Fleischersatzprodukt zu. Da gibt es noch grosse Differenzen zwischen Stadt und Land.» Wie sehen Sie das?
Es gibt schon einen Unterschied. Was wir aber auch sehen: Auf dem Land kommen die Kundinnen und Kunden oft direkt über unseren Webshop. Unsere Produkte sind ja inzwischen in ganz Europa und in Grossbritannien online erhältlich.
Online sehen Sie genau, wo die Hotspots sind. In welchen Städten läuft Planted besonders heiss?
Wien performt stark. Das Restaurant Figlmüller, Synonym für Wiener Schnitzel, ist da einer unserer Kunden. Berlin läuft sehr gut. Aus Barcelona kommen erste Bestellungen, in Paris fassen wir langsam Fuss. In London müssen wir noch etwas arbeiten.
Wie läuft ein Markteintritt in der Regel ab?
Zunächst wollen wir pro Stadtquartier in einem Leuchtturmrestaurant mit einem unserer Produkte vertreten sein. Das kurbelt gleichzeitig auch das Online-Geschäft an. In einem weiteren Schritt streben wir dann eine Listung im Detailhandel an. In Berlin, wo wir uns bezüglich Gastronomie Kiez für Kiez vorwärtsarbeiten, klappt das sehr gut.
Giganten wie Nestlé bringen im Monatstakt neue Fleischersatzprodukte auf den Markt. Wie sehr bringt Sie das ins Zittern? Nestlé kann das ganze Abendprogramm mit Werbung bespielen.
Wir fürchten uns nicht vor Nestlé. Was mir Angst macht, sind schlechte Produkte. Damit will ich nicht sagen, dass die Grossen schlechte Produkte herstellen. Aber es ist schon so: Da fehlt es oft an der nötigen Liebe zum Produkt. Richtig schwierig wird es, wenn unsauber gearbeitet wird, weil das dann auf den ganzen Fleischersatzsektor abfärben kann. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen das erste Mal ein pflanzliches Proteinprodukt, denken sich, okay, jetzt gebe ich der Kategorie mal eine Chance, und dann sind Sie enttäuscht: Es wird lange brauchen, bis Sie einen zweiten Versuch machen.
Das ist bei Fleisch anders?
Ja, wenn die Kunden und Kundinnen mit einem Steak oder einer Pouletbrust nicht zufrieden sind, kaufen sie das nächste Mal vielleicht an einem anderen Ort ein, aber sie hören nicht auf, Fleisch zu essen. Schlechte Produkte sind eine grosse Gefahr für uns. Aber ich denke auch, dass die Giganten in einem positiven Sinn viel Lärm um pflanzliche Fleischprodukte machen, und das ist gut für uns.
Gab es schon Übernahmeangebote für Planted?
Das kommt in der Tat relativ häufig vor. Das erste Angebot hatten wir in der ersten Woche nach der Gründung auf dem Tisch.
Und wie häufig stehen die Interessenten aktuell auf der Matte?
Das kann ich Ihnen gar nicht sagen. Das interessiert uns nicht. Das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen. Wir können einen viel grösseren Impact haben, wenn wir selbstständig bleiben, als wenn wir uns einem Grossen anschliessen würden.
Reden wir über die Zukunft. Wie sieht der Planted-Masterplan aus, wo will das Unternehmen in drei oder fünf Jahren stehen?
Ich will nicht überheblich sein, aber ich bin überzeugt, dass wir auch in fünf Jahren noch das mit Abstand beste Produkt auf dem Markt haben werden.
Was macht Sie da so sicher?
Weil unsere Produkte besser abschneiden als Fleisch, was auch immer man misst. Und weil wir auf einer Technologie-Pipeline sitzen, die es uns möglich machen wird, noch besser, noch bissiger, saftiger und noch nachhaltiger zu werden. Dazu haben wir dank Bio-Engineering die richtigen Tools zur Hand, wir müssen sie nur noch kombinieren.
Wie gross wird Planted in fünf Jahren sein?
Zurzeit ist fast 100 Prozent des Proteinmarktes tierisch. Wir müssen realistisch bleiben. Dieses Jahr wird der Fokus auf Europa liegen. Ob nächstes Jahr ein anderer Kontinent dazukommen wird? Wer weiss.
Bisher produziert Planted nur Fleischersatz. Ist es denkbar, dass an Ihrem Hauptsitz in Kemptthal auch Crevetten, Lachs und Käse neu erfunden wird?
Wir sind opportunistisch, sei es bei der Marktbearbeitung oder auch auf Wissenschaftsseite und bei den Produkten. Wenn etwas funktioniert, dann machen wir weiter, sonst brechen wir gerne auch mal ab. Sollten wir also feststellen, dass wir eine Technologie haben, die es uns möglich macht, bei Fisch etwas Cooles zu machen, dann werden wir das machen. Wir sind nicht auf das Fleisch reduziert.
Ein Planted-Käse ist also denkbar?
Ein Käse vielleicht nicht; ich habe auf jeden Fall noch nie etwas in der Richtung aus unserem Lab probiert. Aber Fisch: warum nicht?
Die Fleischindustrie ist Dauergast in den Medien mit widerlichen Schlagzeilen – seien es schlechte Arbeitsbedingungen, Tierquälerei oder Rossfleisch in der Lasagne. Hilft Ihnen das?
Das macht uns wie viele andere vor allem traurig.
Wie gefährlich könnte Ihrer Bewegung ein saftiger Lebensmittelskandal werden? Eine verdorbene Charge, einer, der billiges Rindfleisch als pflanzlich verkauft?
Ich kann nur für uns geradestehen. Und wir sind extrem transparent, was unsere Inhaltsstoffe und Produktion angeht.
Der Hype an den Börsen hat sich abgekühlt; Oatly und Beyond Meat wurden abgestraft. Was sagt uns das?
Ich bin kein Börsenexperte. Aber ich denke, es wird schwierig, wenn man ein kotiertes Unternehmen ist und wenn sich die Umsätze nicht mehr jedes Quartal vervielfachen und die Wachstumsperspektiven nicht mehr so gewaltig sind.
Wie sehr sind Sie unter Druck? Sie haben sehr prominente Aktionäre: Stephan Schmidheiny, Philippe Gaydoul und den aktuellen Torwart des Schweizer Fussballnationalteams Yann Sommer.
Wir haben tolle Unterstützer, in der Tat. Der Druck kommt aber vor allem von uns selber. Wir dachten ja schon bei der Firmengründung, wir seien zu spät dran. Uns ist bewusst, dass wir unser Tempo hoch halten müssen, wenn wir weiter eine leitende Rolle spielen wollen in diesem Geschäft.
Mit diesen Investoren im Rücken können Sie richtig aufdrehen. Schmidheiny und Gaydoul sind beide Milliardäre.
Das stimmt – und das wollen wir auch. Wir wollen zum führenden Unternehmen für die Proteinalternativen Europas werden.
Planted hat bis jetzt 49 Millionen Franken aufgenommen. Wann kommt die nächste Finanzierungsrunde?
Dazu leider kein Kommentar, wir sind bestens finanziert.
Ist Planted heute schon profitabel?
Das ist nicht unser primäres Ziel.
Was ist denn das Ziel? Die Weltherrschaft, wie bei jedem ambitionierten Startup?
Das Ziel ist, mit gutem Produkten einen positiven Impact auf diesen Planeten zu haben und dabei die Proteinlandschaft hin zu mehr pflanzlichen Proteinen zu verändern.
Egal, ob man dabei Geld verbrennt?
Planted ist nicht auf Hoffnungen und Träumen aufgebaut. Wir sind ein Business. Worauf wir stolz sind: Wir haben noch kein einziges Kilo Planted mit Verlust verkauft. Die Bruttomarge ist immer da. Woran wir arbeiten müssen: den Preispunkt so runterzubringen, dass wir für Konsumenten und Konsumentinnen noch attraktiver werden. Erst dann schaffen wir den Impact, den wir anstreben.
Geschnetzeltes, Schnitzel, Kebab: Bis jetzt mäandern Sie doch sehr dem Thema Fleisch entlang. Ist es denkbar, dass sich das ändern wird und dass Planted irgendwann mit einem eigenständigen Proteinprodukt auf den Markt kommt, das nicht mehr an tierisches Fleisch erinnert?
Die kulturellen Ernährungspräferenzen orientieren sich noch zu sehr am Fleisch. Und das wird sich so schnell nicht ändern. Unsere Mission ist aber durchaus, Produkte herzustellen, die besser sind als Fleisch – das muss dann auch nicht mehr unbedingt dieselbe Form haben.
Was halten Sie vom zweiten grossen Trend neben plant-based, vom kultivierten Fleisch?
Wir sind proteinagnostisch unterwegs. Wir arbeiten im Moment an Proteinen aus Erbsen, Sonnenblumenöl und Hafer – und ich kann mir gut vorstellen, dass kultiviertes Fleisch irgendwann dazukommt. Fermentativ hergestellte Rohmaterialien oder Zellen aus dem Bioreaktor könnten zum Beispiel als Zugabe für unsere Produkte interessant sein. Voraussetzung ist, dass die Produkte auch nachhaltig herzustellen sind, woran ich im Moment noch meine Zweifel habe.
Sie können sich also gut vorstellen, auch mit dieser Welt Kontakt aufzunehmen?
Das ist schon passiert. Wir stehen in durchaus regem Austausch.
Givaudan, Bühler und die Migros haben in Kemptthal eine Pilotanlage für kultiviertes Fleisch gegründet. Gibt es hier eine Zusammenarbeit?
Nein, aber wir sind natürlich in Kontakt.
Viele Hunde- und Katzenbesitzer sind selbst Veganer und suchen verzweifelt nach Fleischalternativen für ihre Lieblinge. Wann kommt endlich der Fleischersatz für Hasso und Tigi?
Das ist eine super Frage. Ich finde es absolut notwendig, dass hier etwas passiert.
Ist das ein Thema für Planted?
Nein, momentan nicht.
Der Pet-Food-Markt ist sehr interessant. Da kann es Finanzkrisen und Pandemien geben – am Vierbeiner wird zuletzt gespart.
Das stimmt, aber unter unserem Brand kann ich mir das nicht vorstellen.
Das muss ja nicht unter Ihrem Brand laufen. Sie können ja auch für die Migros produzieren, und diese verkauft das Produkt unter einem anderen Namen.
Einer der wichtigsten Punkte, wenn man eine Firma gründet, ist: fokussieren. Unser Fokus liegt momentan darauf, tolle Produkte und Lösungen für die menschliche Ernährung zu kreieren. An die Kundinnen und Kunden bringen wir diese Produkte unter der Marke Planted. Was aber schon richtig ist: Die Technologien, die wir erarbeiten, werden in verschiedenster Weise positiven Impact haben können.
Planted will neben der Schweizer Produktion in Kemptthal eine zweite Produktionsanlage im Ausland aufbauen. Wann und wo?
2023 soll es losgehen. Sicher irgendwo in Europa. Das Ziel ist, dort zu produzieren, wo unsere Kundschaft ist; das ist auch nachhaltiger.
Erbsen sind sehr wichtig für Planted. Woher stammt Ihr Erbsenprotein?
Aus Frankreich, Deutschland, Nordeuropa. In Europa sind wir inzwischen einer der bedeutenden Abnehmer.
Wie sieht es mit Osteuropa aus?
Etwas Sonnenblumenprotein kommt aus Bulgarien, in Form eines Presskuchens, der normalerweise im Schweinefutter landet und den wir nun ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft weiterverwenden.
Wie sieht es aus mit dem Erbsenpreis? Der muss ja durch die Decke gegangen sein, wenn immer mehr Unternehmen wie Ihres Erbsen nachfragt.
Der Erbsenpreis ging im vergangenen Jahr in der Tat durch die Decke – allerdings nicht wegen uns, sondern weil die Ernte historisch schlecht war. Das Angebot skaliert momentan entlang der Nachfrage, was nur gute Nachrichten für unsere Umwelt sind.
Kritikerinnen sagen: Wenn man nur die Proteine nimmt, dann fällt ja das Beste vom Erbsli weg, die Ballaststoffe etwa oder die Vitamine.
Die Fasern kommen ja mit. Und die Kohlenhydrate gehen wie bisher in die Pastaproduktion.
Also keine Verschwendung?
Nein, wir werfen nichts weg.
Und warum kommen die Erbsen nicht aus der Schweiz?
Es werden extrem wenige Erbsen angebaut in der Schweiz. Und die, die es gibt, landen im Schweinefutter. Wir würden gerne Erbsen aus der Schweiz beziehen.
Aber?
Wenn eine Bäuerin Erbsen als Tierfutter anbaut, dann bekommt sie 1000 Franken Subventionen pro Hektare Land. Gehen die Erbsen in die menschliche Ernährung, so fallen die Subventionen weg.
Das heisst, es gibt ein Problem mit dem Preis.
Richtig. Aber meine Kritik geht tiefer. Es kann doch nicht sein, dass Bauern, die Erbsen für Schweine anbauen, besser fahren als solche, die Erbsen für Menschen produzieren. Das ist total absurd. Ebenso wie die Millionen Franken, die jedes Jahr in die Fleischwerbung gehen. Wir zahlen doch nicht Steuern, damit Bauern Nahrungsmittel anbauen, die dann in die Tierproduktion gehen. Das ist doch nicht nachhaltig.
Immerhin, die Zölle würden wegfallen, wenn Sie in der Schweiz einkaufen würden.
Das stimmt, wobei ich mich frage, warum wir überhaupt Zölle auf Produkte zahlen, die in der Schweiz nicht hergestellt werden. Zölle sind in meinen Verständnis da, um die einheimische Produktion zu schützen. Doch die gibt es bei den Erbsen ja gar nicht.
Das heisst, die Landwirtschaftspolitik macht Ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Sagen wir es so: Sie ist zurzeit nicht unbedingt hilfreich.
Die Landwirtschaft hat eine starke Lobby im Parlament. Sind Sie mit Politikern und Politikerinnen in Kontakt?
Wir haben früh gemerkt, dass wir hier aktiv werden müssen, ja. Gemeinsam mit der Bell Food Group, mit Micarna und mit Kündig haben wir eine Organisation gegründet – die Swiss Protein Association –, um unter anderem genau solche Themen aufzugreifen.
Es stört Sie nicht, mit dem grössten Fleischverarbeiter zusammenzuarbeiten?
Überhaupt nicht. Hier haben wir die gleichen Interessen, das macht Sinn. Wir arbeiten auch bei der Distribution zum Teil mit traditionellen Tierherstellern zusammen.
Kennerinnen und Kenner sagen, die ganz hohe Schule des Fleischersatzes sei das Steak.
Das sehe ich auch so. Die Struktur eines Steaks mit Fett und Fasern ist extrem anspruchsvoll.
Wann kommt Ihr Steak auf den Markt?
Das kann ich noch nicht sagen. Klar ist: Planted kommt nicht mit einem halb fertigen Steak auf den Markt.
Wir kennen das Poulet von Planted, das Schwein und den Kebab. Was kommt als Nächstes?
Dieses Jahr werden wir unter anderem mit grösseren Pouletstücken mit längeren Fasern auf den Markt kommen.
Der Hamburger war für viele Anbieter das Einstiegsprodukt. Wann kommt der Hamburger von Planted?
Beim Hamburger werden die Fleischstrukturen zerstört. Wir gehen in eine andere Richtung, wir wollen die Struktur unserer Produkte verbessern. Die Herstellung eines pflanzlichen Hamburgers ist technologisch gesehen einfach. Das interessiert uns nicht speziell.
Zum Schluss noch die wichtigste helvetische Frage überhaupt: Wann kommt der pflanzliche Cervelat?
Die wichtigste Frage! (Lacht) Dazu möchte ich zwei Dinge sagen: Das Beispiel Cervelat beweist, wie lokal und historisch Essen noch immer ist. Ihre offenbar wichtigste Frage betrifft ein Produkt, das es nur in einem Land mit acht Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen gibt. Ich finde, das sagt alles zum Thema Tradition und Essen.
Und zweitens?
Wir arbeiten an Strukturen, die Fett und Fasern verbinden respektive zusammenhalten. Der Cervelat ist ja ein ganz spezielles Geschmackserlebnis. Wenn man reinbeisst, dann explodieren diese Strukturen im Mund. An solchen Explosionen arbeiten wir.
Der Fleischersetzer
Name: Pascal Bieri
Funktion: Co-Gründer und Mitglied der Geschäftsleitung von Planted Foods
Alter: 36
Ausbildung: Bachelor of Arts, Universität St. Gallen (2006 bis 2010); Master of Art in Business Innovation Universität St. Gallen (2011 bis 2013)
Karriere:
Seit 2019: Co-Gründer und Mitglied der Geschäftsleitung von Planted Foods
Seit 2018: Partner DeepTech Capital, Zürich
2016 bis 2017: Senior Logistics Manager, Chocolat Frey USA (Migros-Delica) in Buffalo, N.Y., USA
2013 bis 2016: Management Trainee Migros-Industrie, Group Elsa-Mifroma, Bina, Chocolat Frey
Planted, das Nummer-1-Startup der Schweiz
2019 gründete Pascal Bieri zusammen mit Christoph Jenny, Eric Stirnemann und Lukas Böni an der ETH Zürich das Startup Planted Foods. Das Ziel: Die Lebensmittelindustrie mit einfachen Mitteln zu revolutionieren. Planted stellt pflanzliches Fleisch aus 100 Prozent tierproduktfreien Zutaten her. Die Fleischersatz-Produkte bestehen lediglich aus pflanzlichen Proteinen, Erbsenfasern, Rapsöl und Wasser plus Vitamin B12.
Aktuell ist Planted mit den Produkten Chicken, Pulled Pork, Schnitzel und Kebab in fünf Ländern in Gastronomie und Handel vertreten, etwa bei Coop und Migros in der Schweiz, Edeka in Deutschland, Spar in Österreich und Monoprix in Frankreich. Das vegane Schnitzel steht auf den Speisekarten von renommierten Restaurants wie Figlmüller (Wien) und Borchardt (Berlin); die Kronenhalle Zürich serviert ein Geschnetzeltes aus der Planted-Küche. Aktuell produziert Planted sieben Tonnen pflanzliches Fleisch täglich; bis Ende Jahr werden 14 bis 15 Tonnen angestrebt.
Drei Jahre nach der Gründung beschäftigt Planted über 160 Angestellte, davon über ein Dutzend in Berlin, 7 in Paris, 4 in London und je 2 in Milano und Österreich. Zum Umsatz macht Planted keine Angabe. Im jährlichen Ranking der Top-100 der Schweizer Startups belegte Planted 2021 den ersten Rang.